Bedeutet Transe das gleiche wie Tunte? Ist „queer“ das neue „schwul“? Und wofür steht eigentlich die Abkürzung LGBT? Bei Begriffen rund um Homo- und andere Sexualitäten sowie Genderidentität können selbst Fachleute ganz schön ins Schleudern geraten. Unser Glossar, zusammengestellt von Axel Schock, erklärt die wichtigsten Begriffe.

Figuren in Regenbogenfarben
Die Welt der Sexualitäten und Identitäten ist bunt (Illustration: www.pflag.org)

Asexualität Asexuelle Menschen sind zwar durchaus in der Lage, romantische Beziehungen zu führen, haben jedoch wenig bis überhaupt kein Interesse bzw. Verlangen nach Sex. Nicht zu verwechseln mit sexueller Abstinenz, dem selbst gewählten Verzicht auf gelebte Sexualität.

Bisexualität Bisexuelle fühlen sich emotional und/oder sexuell sowohl zu Frauen wie Männern hingezogen.

Cisgender Cis stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „diesseitig“. Wenn es Transgender gibt, muss es auch Cisgender geben, folgerte der Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch, der diesen Begriff eingeführt hat. Cisgender bezeichnet demnach Personen, deren Geschlechtsidentität mit ihrem körperlichen Geschlecht übereinstimmt – was auf die Mehrheit der Menschen zutreffen dürfte. Früher behalf man sich mit eher unglücklichen Formulierungen wie „geborene“ bzw. „genetische“ Frauen/Männer oder auch „Biofrau/Biomann“ (was seltsame Assoziationen zu artgerechter Aufzucht in Freilandhaltung hervorrief).

Cross-Dressing Hat nichts mit Salatsoßen zu tun, sondern lässt sich als „gegengeschlechtliche Bekleidung“ übersetzten. Cross-Dresser lieben es – aus den unterschiedlichsten Gründen –, spezifische Kleidung eines anderen Geschlechts zu tragen und sich auch dementsprechend zu stylen. Wird in Deutschland auch als Synonym für Transvestitismus verwendet.

Fragezeichen

Drag King (Drag hier: „dressed as a guy“) Als Drag Kings bezeichnet man (in Anlehnung an Drag Queens) Frauen, die Spaß haben, sich als Mann zu verkleiden und sich dafür meist auch einen Bart ankleben. Inzwischen gibt es auch in Deutschland eine breit gefächerte Drag-King-Szene mit Bühnenperformances, die sich parodistisch mit stereotypen männlichem Rollen- und Sozialverhalten auseinandersetzen. Drag Kings müssen nicht zwangsläufig auch eine gefühlte männliche Geschlechtsidentität haben.

Drag Queen (Drag hier: „dressed as a girl“) Drag Queen ist ein aus dem Englischen stammender Begriff für Travestiekünstler, also für Männer, die sich mittels Perücke, Schminke und Fummel in eine glamouröse Kunstfigur verwandeln und dann Namen wie Gloria Viagra, Olivia Jones oder Nina Queer tragen. Sind häufig auf Partys, Laufstegen oder im Scheinwerferlicht anzutreffen. Dame Edna Everage alias Barry Humphries ist eines der wenigen Beispiele für heterosexuelle Männer, die als Drag Queen erfolgreich wurden.

gay Das aus dem Englischen übernommene Wort bedeutete ursprünglich „lustig“, später dann auch „lebenslustig“ und „liederlich“ („gay woman“ konnte Prostituierte bedeuten, „gay man“ Schwerenöter). Spätestens seit den 1920er Jahren konnte gay dann auch homosexuell heißen und wurde sowohl für Männer (meistens) als auch für Frauen benutzt. Im deutschen Sprachraum wird das Wort häufig als Synonym für schwul verwendet.

Geburtsgeschlecht Das Geschlecht, welches einem Menschen bei der Geburt zugewiesen wird, aber nicht unbedingt mit dem „gefühlten Geschlecht“ übereinstimmen muss.

Gender Der aus dem Englischen stammende Begriff Gender wird vor allem in den Sozial- und Geisteswissenschaften verwendet. Er bezeichnet das „soziale Geschlecht“ (im Gegensatz zum „biologischen Geschlecht“, engl. „sex“), also die sozialen Geschlechtsmerkmale und gesellschaftlich wie kulturell geprägten Vorstellungen von Geschlechterrollen.

Gender_gap Der Gender_gap ist ein Unterstrich zwischen maskuliner und femininer Endung eines Wortes (z. B. Leser_innen). Der Zwischenraum („gap“) ist der Versuch, alle sozialen Geschlechter und Geschlechtsidentitäten, auch diejenigen jenseits der gesellschaftlich zementierten Vormachtstellung der Zweigeschlechtlichkeit, sprachlich darzustellen.

genderfluid Eine Person, die sich keinem bestimmten Geschlecht zuordnet, sondern sich als zwischen den Geschlechtern bewegend versteht.

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Intersexualität bzw. Interidentität Weitere Bezeichnungen sind u. a. Hermaphroditismus, Zwischengeschlechtlichkeit oder Zwitter. Bezeichnet werden damit Menschen, die mit körperlichen Merkmalen beider Geschlechter zur Welt kommen und damit im Widerspruch zu der zweigeschlechtlich angelegten Gesellschaftsordnung stehen. Dies betrifft zwischen 1,7 und 4 Prozent der Neugeborenen. Durch operative Eingriffe im Kindesalter wurde von Ärzten und Eltern zumeist eine eindeutige Geschlechterzuweisung herbeigeführt – häufig mit psychischen Langzeitschäden für die Betroffenen. Viele von ihnen bevorzugen statt Intersexualität den Begriff Interidentität bzw. zwischengeschlechtlich.

Heterosexualität Heterosexuelle richten ihr sexuelles Verlangen ausschließlich auf Menschen des anderen Geschlechts.

Heteronormativität Unter Heteronormativität versteht man das meist unhinterfragte, ausschließlich als Zweigeschlechter-System (männlich-weiblich) gedachte Geschlechtssystem, das Heterosexualität als soziale Norm festschreibt. Die Folge davon ist, dass Menschen, die sich nicht als heterosexuell bezeichnen oder sich nicht in dieses System einordnen wollen bzw. können, rechtliche wie auch gesellschaftliche Benachteiligungen und Diskriminierungen erfahren.

Homosexualität Homosexuelle (also Lesben und Schwule) fühlen sich sexuell ausschließlich von Menschen des gleichen Geschlechts angezogen.

Homophobie Bezeichnet die irrationale Angst vor Lesben und Schwulen bzw. die Abneigung und Feindseligkeit gegenüber Homosexuellen.

LGBT

LGBT Diese vor allem im angelsächsischen Raum verwendete Abkürzung steht für „Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender“ (Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender). Mittlerweile hat die Buchstabenreihe diverse Ergänzungen erfahren. So gibt es auch die Varianten LGBTQIA – „Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual, Queer, Intersex, Asexual“ bzw. „Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender/Transsexual, Questioning (unsichere sexuelle Identität), Intersex, Ally (Ally = Verbündete)“, LGBTQIQ – „Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Queer, Intersex, Questioning“ oder LGBTQQIAAP – „Lesbian, Gay, Bisexual, Transgendered, Queer, Questioning, Intersex, Asexual, Allies, Pansexual“.

pansexuell Die griechische Vorsilbe „pan“ bedeutet übersetzt „umfassend“ oder „alles“. Menschen, die sich als pansexuell beschreiben, begehren einen anderen Menschen demnach nicht aufgrund seiner Geschlechts- oder Geschlechtsidentität, sondern als Menschen an sich.

Passing Der Begriff „Passing“ stammt aus dem Englischen und bedeutet „als jemand/etwas durchgehen“. In Trans*kontexten meint Passing, dass Trans*personen von anderen Menschen im gelebten bzw. dargestellten Geschlecht erkannt und behandelt werden, ein Trans*mann also als Mann angesehen wird bzw. eine Trans*frau als Frau.

Queer Der aus dem Englischen stammende Begriff hat einen enormen Bedeutungswandel hinter sich. Bezeichnete er ursprünglich – mit negativer Konnotation – Dinge oder Personen, die von der Norm abweichen (vgl. das deutsche „verquer“), wurde daraus zunächst ein Schimpfwort für Schwule und schließlich ein von Homosexuellen mit Stolz verwendeter Begriff. Heute wird queer als ein übergreifender Sammelbegriff für alle Kategorien sexueller Orientierungen und Identitäten (schwul, lesbisch, bisexuell, trans*, intersexuell…) verwendet, die von Heteronormativität abweichen.

Transe Diese umgangssprachliche Bezeichnung wurde lange Zeit abwertend für Transvestiten, Drag Queens und Transsexuelle verwendet, inzwischen haben sich „Transen“ den Begriff aber als selbstironische Selbstbezeichnung zurückerobert.

TransgenderTransgender Wird häufig mit Transsexualität verwechselt. Tatsächlich aber werden mit diesem Begriff Menschen bezeichnet, die das Zweigeschlechter-System (männlich/weiblich) ablehnen oder die Geschlechtergrenzen überschreiten und sich daher dort nicht eindeutig zuordnen können. Der Begriff umfasst damit andere Weisen von Geschlechtswechsel bzw. -veränderung, als es das medizinische Transsexualitätsmodell vorsieht. Transsexuelle Menschen, insbesondere wenn sie ihren Geschlechtswechsel innerhalb einer Zwei-Geschlechter-Struktur verorten und sich klar von geschlechtlicher Uneindeutigkeit unterschieden wissen möchten, lehnen es daher zum Teil ab, sich unter der Kategorie Transgender subsumieren zu lassen.

Transidentität bzw. Transsexualität Transsexuelle bzw. Menschen mit einer Transidentität sind körperlich zwar eindeutig als männlich oder weiblich zuzuordnen, sie fühlen sich aber physisch und psychisch in ihrem biologischen Körper und dessen Geschlecht fremd. Zumeist besteht der Wunsch, den eigenen Körper durch hormonelle und operative Behandlung dem anderen Geschlecht anzugleichen. Während der Begriff „transsexuell“ fälschlicherweise vermittelt, es handele sich um eine Frage der Sexualität, macht der Begriff „transident“ deutlich, dass es sich um eine Frage der Identität handelt.

Trans* Oberbegriff unter anderem für transsexuell, transident, Transgender, Transfrauen, Transmänner. Das Sternchen soll die Möglichkeit für weitere Zuordnungen deutlich machen.

Transfrau bzw. Trans*frau Umgangssprachliche (Selbst-)Bezeichnung einer Mann-zu-Frau-Transsexuellen

Transmann bzw. Trans*mann Umgangssprachliche (Selbst-)Bezeichnung eines Frau-zu-Mann-Transsexuellen. Das Sternchen steht für die möglichen Zwischenstadien der Geschlechtsangleichung bzw. der jeweils individuellen Geschlechteridentität.

Abbildung: tuntathlon.at
Abbildung: tunthathlon.at

Transvestitismus Transvestiten und Transvestitinnen schlüpfen zeitweilig in die Kleidung und damit in die Geschlechterrolle des anderen Geschlechts, um damit ihrer eigenen Geschlechteridentität Ausdruck zu verleihen. Transvestitismus kommt bei Menschen unterschiedlichster sexueller Orientierung vor.

Travestie Travestie hat nichts mit Geschlechteridentität zu tun, sondern bezeichnet die Darstellung einer Bühnenrolle durch Personen des anderen Geschlechtes. Je perfekter die Illusion, desto gelungener zumeist das Amüsement des Publikums. Siehe auch Drag Queen.

Tunte Früher eine abschätzige Fremdbezeichnung für feminine, sich weiblich gebende homosexuelle Männer, wurde der Begriff in den 1980er Jahren von politisch bewegten Schwulen zurückerobert und demonstrativ als Selbstbezeichnung verwendet. Seither bereichern Show- und Polittunten die Szene und Bühnen.

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Axel Schock

Axel Schock, freier Autor und Journalist, schreibt seit 2010 Beiträge für aidshilfe.de und magazin.hiv.

2 Kommentare

  1. Hallo.
    Ich finde den Beitrag wirklich sehr aufschlussreich. Ich habe selber im Sport sehr viel zu kämpfen mich zu verstellen und das System zu erfüllen. Ich wünschte es würde die Zeit kommen in der Vorurteilsfrei miteinander umgegangen wird. Solche Beiträge sind eine große Hilfe hierfür.

  2. Danke für all die genauen Begriffsklärungen.
    Die Erklärung für Gendergap (meist ohne _) ist gemäss meinem Wissebnsstand aber falsch.
    Gendergap (gap=Graben|Kluft) steht für die Kluft in der sozialen Wahrnehmung und dem sozialen (Dis)Respekt für die Geschlechter – wobei der Gender-Pay-Gap vielleicht bekannter ist: die Kluft zwischen den Löhnen von (meist binär gebraucht) Mann und Frau (oder in den Unternehmen in diesen zwei Kategorien geführten Menschen).
    _ der Unterstrich (underscore) hat primär mit gap nichts zu tun (auch wenn die dadurch entstehende visuelle Lücke damit verknüpft worden sein mag.
    Inzwischen wird ohnehin meist weder das Binnen-I noch underscore _, sondern das offenere, weiter und nicht binär gefasste * (Gendersternchen) oder auch : geschrieben; bsp. Autor*in, Verleger:in, Handwerker*in, Techniker:in.

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