Mit deutlicher Mehrheit hat sich die Parlamentarische Versammlung des Europarats gestern für die Durchsetzung und den Schutz der Rechte von Trans*-Personen ausgesprochen.

68 Abgeordnete stimmten für den von der maltesischen Sozialdemokratin Deborah Schembri vorgelegten Entwurf zu einer Resolution, 23 dagegen, 12 enthielten sich.

Darin fordert das Parlament von den 47 Mitgliedsstaaten ein ausdrückliches Verbot der Diskriminierung von Trans*-Menschen sowie umfassende Maßnahmen, um deren Lebensbedingungen zu verbessern.

Zu diesen gehöre, dass Personen „schnell und transparent“ eine Änderung der Geschlechtsangabe und des Namens in offiziellen Dokumenten vornehmen lassen können. Dieses Verfahren solle allein auf der selbstbestimmten Entscheidung der jeweiligen Person beruhen – ohne Zwang zu vorherigen psychologischen Begutachtungen, medizinischen Behandlungen oder Operationen. Die Regierungen der Mitgliedsstaaten sollen dabei auch die Möglichkeit zur Eintragung eines dritten Geschlechts in Betracht ziehen. Zudem dürfe man für die juristische Anerkennung des Geschlechts nicht zur Scheidung gezwungen werden, was außerdem Ehepartner und Kinder absichere, so der Beschluss weiter.

Zugleich wird gefordert, dass medizinische Interventionen zur Geschlechtsangleichung – wie Hormontherapie, Operationen und psychologische Unterstützung – zugänglich sind und durch die Krankenversicherung abgedeckt werden. Limitierungen in der Kostenerstattung müssen recht- und verhältnismäßig sein.

Des Weiteren sollen Mitgliedsstaaten dafür sorgen, dass Trans*-Personen, einschließlich Kinder, durch nationale wie internationale medizinische Klassifizierungen nicht mehr als psychisch krank eingestuft werden. Dennoch müsse zugleich die Möglichkeit zur medizinischen Behandlung bestehen.

Neben dem ausdrücklichen Verbot von Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität durch entsprechende nationale Antidiskriminierungsgesetze sollten auch auf internationaler Ebene Menschenrechtsstandards eingeführt werden, die explizit auf die Belange von Trans*-Menschen Bezug nehmen.

Transphobe Taten sollen als Hassverbrechen eingestuft und juristisch behandelt werden. Trans*-Menschen und ihre Organisationen sind in die Erarbeitung von Rechtsvorschriften, die sie betreffen, einzubeziehen, heißt es in der Resolution weiter.

Nicht zuletzt ruft das Parlament die Regierungen dazu auf, sich mit Kampagnen zum Abbau von Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität an die Öffentlichkeit zu wenden. Zudem sollen sie  Beschäftigten im Gesundheits-, Sozial-, Justiz- und Bildungswesen Informationen und Trainings zur Verfügung stellen, die sie für die Rechte und besonderen Bedürfnisse von Trans*-Menschen sensibilisieren.

Die Forderungen der Resolution sind nicht verbindlich. Erst Anfang April hat Malta aber mit einem bahnbrechenden Gesetzesbeschluss gezeigt, wie eine Umsetzung aussehen könnte. Das maltesische „Gesetz über Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck und Geschlechtsmerkmale“ gilt als das fortschrittlichste der Welt (wir berichteten auf magazin.hiv).

Organisationen, die sich für die Rechte von Trans*-Menschen einsetzen, werten die Resolution als einen historischen Schritt: „Wir sind begeistert über diese umfassende Zusammenstellung von Empfehlungen – wie sie an Trans*-Leute die klare Botschaft sendet, dass sie mit den gleichen Rechten geboren wurden wie alle anderen“, sagt Richard Köhler von Transgender Europe. „Diese Resolution ist die wichtigste und die am weitesten reichende Erklärung zur Unterstützung der Rechte von Trans*-Personen, die jemals auf europäischer Ebene gemacht wurde.“

Auch die Deutsche AIDS-Hilfe begrüßt die Resolution des Europarats als wichtigen Schritt zum Abbau von Diskriminierung von Trans*-Personen. Alle Regierungen sollten sich die Empfehlungen zu Herzen nehmen und für die Umsetzung der geforderten Maßnahmen schnellstmöglich Sorge tragen.

Flankiert wurde der Entwurf zur Resolution von einem 15-seitigen Bericht, der die Rechtslage von Trans*-Personen in Europa darlegt sowie die Vielzahl von Diskriminierungen, die sie im Alltag erleben, noch einmal deutlich macht.

(Christina Laußmann)

Quellen/weitere Informationen:

Mitteilung auf der Website der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg

„Discrimination against transgender people in Europe” – Resolution 2048 (2015) als PDF

Bericht zur Resolution als PDF

Bericht auf queer.de

Stellungnahme von Transgender Europe (TGEU)

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Christina Laußmann

Christina Laußmann hat Kulturwissenschaft, Medienwissenschaft und Neuere deutsche Philologie an der Humboldt-Universität und Technischen Universität Berlin studiert. Seit 2013 arbeitet sie als Autorin und Lektorin bei der Deutschen Aidshilfe.

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