Das folgende Interview wurde am Telefon geführt, und die letzte Frage lautete: Wie möchtest du heißen? Unser Interviewpartner hat sich für den Namen Eduard entschieden. Der 33-jährige aus Venezuela möchte anonym bleiben. Seit 14 Jahren lebt er in Deutschland, fast ebenso lange weiß er, dass er HIV-positiv ist. Als er sein Testergebnis bekam, war er illegal in Deutschland.

Warum bist du damals nach Deutschland gekommen?
Mein damaliger Freund war ein Deutscher. Dann war plötzlich alles zu Ende…

Wann hast du erfahren, dass du HIV-positiv bist?

Kurz danach.

Du warst damals sehr jung, erst 19. Wie ging es dir, als du das Testergebnis erfahren hast?
Schlecht. Ich habe mich testen lassen, weil ich wissen wollte, ob alles in Ordnung war. Ich war sehr überrascht von dem Ergebnis und konnte damit überhaupt nicht umgehen.

„Andere, die auch illegal waren, haben mir Tipps gegeben.“

Wie ging es dir gesundheitlich?
Das war in Ordnung, am Anfang. Aber ein Jahr später habe ich eine Lungenentzündung bekommen.

Als Mensch, der illegal in Deutschland lebt, ist es nicht leicht, eine Behandlung zu bekommen. Wie hast du das gemacht?
Ich war schon bei einem Arzt in Behandlung. Andere, die auch illegal waren, hatten mir den Tipp gegeben.

Hast du Angst gehabt, dorthin zu gehen?
Nein, die Leute haben gesagt, dass ich bei diesem Arzt keine Angst haben muss. Angst hatte ich nur vor der Ausländerbehörde. Mein Arzt hat mir geraten, dass ich dahin gehen muss, und er hat für mich da angerufen. Und er hat gesagt: Du musst das machen, sonst wirst du abgeschoben.

Wie ist es dir auf der Behörde ergangen?

Die Ausländerbehörde hat mir eine Duldung für ein paar Monate gegeben. Nach einem Jahr wollten sie mich abschieben.

Hast du damals eine Therapie gemacht?
Ja, aber die habe ich abgebrochen.

Warum?
Weil ich Angst vor der Abschiebung hatte. Ich dachte, wenn ich in Südamerika keine Therapie bekomme, dann kann ich auch gleich aufhören.

„Mein Arzt hat für mich bei der Ausländerbehörde angerufen.“

Wenn man eine Therapie bekommt, ist man doch eigentlich vor Abschiebung geschützt.
Nein, die haben gesagt, dass es in Venezuela auch Medikamente gegen HIV gibt, und dass ich dann dort mit meiner Therapie weitermachen könnte. Aber ich wusste, dass ich dort sowieso keine Therapie bekommen würde.

Wie hat sich der Therapieabbruch auf deinen Gesundheitszustand ausgewirkt?
Es ist zum Glück nicht schlimmer geworden.

Du bist dann doch nicht abgeschoben worden. Wie kam es, dass du hierbleiben konntest?

Das einzige, was ich machen konnte, war heiraten. Schließlich habe ich meinen neuen Freund geheiratet, und jetzt habe ich sogar die deutsche Staatsangehörigkeit.

Machst du wieder eine Therapie?
Ja, seit ungefähr einem Jahr.

Du bist verheiratet, es geht dir gesundheitlich gut und du bist Deutscher – ein richtiges Happy End!
Ja! (lacht)

Herzlichen Dank, dass du bereit warst, uns deine Geschichte zu erzählen.


Morgen im d@h_blog: Eduards Arzt im Interview über die medizinische Versorgung von HIV-positiven „Illegalen“.

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Holger Wicht

Holger Wicht, Journalist und Moderator, ist seit 2011 Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe

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