Ist die Schweinegrippe für Menschen mit HIV besonders gefährlich? Wir fragen Armin Schafberger, Medizin-Referent der DAH. Der ist gerade aus Kapstadt zurückgekommen, wo bei der Konferenz der Internationalen AIDS-Gesellschaft IAS natürlich auch über diese Frage diskutiert wurde.

Armin, bei der Konferenz in Kapstadt waren HIV-Experten aus aller Welt. Was wussten sie über die Zusammenhänge von Schweinegrippe und HIV zu berichten?

Erstaunlicherweise nicht viel. Niemand kannte auch nur einen einzigen Fall, wo die Schweinegrippe bei Menschen mit HIV einen schweren Verlauf genommen hätte! Und das obwohl Ärzte aus den USA, Großbritannien und Australien dort waren, wo es sehr viele Schweinegrippefälle und auch viele Menschen mit HIV gibt. Es hat offenbar tatsächlich noch keinen solchen Fall gegeben. Das ist verwunderlich, aber auch beruhigend.

„Die Schweinegrippe scheint bei Menschen mit HIV nicht wesentlich anders zu verlaufen.“


Wie kann es sein, dass Immungeschwächte von einer Infektionskrankheit nicht stärker betroffen sind?

Welche Faktoren eine Rolle spielen, wissen wir noch nicht genau. Aber im Moment deutet tatsächlich alles darauf hin, dass die Schweinegrippe bei Menschen mit HIV nicht wesentlich anders verläuft als bei nicht Immungeschwächten. Diese Grippe scheint anders zu ticken als die normale Influenza.

Kommen denn die leichteren Verläufe bei Menschen mit HIV häufiger vor?

Auch dafür gibt es bisher keine Anzeichen. Es könnte aber sein, dass die Schweinegrippe bei Menschen mit HIV häufiger übersehen wird, weil sie ohnehin gelegentlich mal Fieber haben.

Von welchen Faktoren hängt es eigentlich ab, dass die Schweinegrippe einen schweren Verlauf nimmt?

Besonders stark betroffen sind Schwangere, außerordentlich dicke Menschen und Asthmatiker. Asthmatiker deswegen, weil die Schweinegrippe oft Probleme mit der Lunge macht, und Asthmatiker haben oft eine vorgeschädigte Lunge.

Es gibt auch Menschen mit HIV, deren Lunge geschädigt ist.

Das stimmt, und die sind vermutlich auch stärker gefährdet. Generell tun HIV-Positive gut daran, ihren Impfstatus für Pneumokokken zu überprüfen.

Das sind Bakterien, die eine Lungenentzündung auslösen können …

Genau, und wer eine Grippe hat, ist anfälliger für bakterielle Infektionen. Wenn jemand mit HIV an Schweinegrippe erkrankt und dann Pneumokokken hinzukommen, kann es richtig kompliziert werden. Menschen mit HIV sollten sich generell gegen Pneumokokken impfen lassen und die Impfung alle fünf bis sechs Jahre auffrischen. Das wird oft vergessen, sogar von Schwerpunktpraxen.

Sollten sich Menschen mit HIV denn im Herbst, wenn die große Impfaktion startet, auch gegen die Schweinegrippe impfen lassen?

Sehr wahrscheinlich ja. Bei HIV war die Grippeschutzimpfung schon immer angezeigt. Ich rechne nicht damit, dass es bei der Schweinegrippe anders sein wird.

„HIV-Positive sollten sich gegen Pneumokokken impfen lassen.“


Aber warum sollte man sich impfen lassen, wenn es offenbar kein erhöhtes Risiko gibt?

Weil bei anderen Grippestämmen HIV-Positive davon profitiert haben. Aber bis zum Herbst vergehen noch ein paar Monate, in denen viel passieren kann. Eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts zur Schweinegrippe liegt zurzeit noch nicht vor, aber ich rechne damit, dass die Impfung empfohlen wird.

Fazit: Kein Grund zur Panik?

Panik ist ja nie gut. Und Experten neigen dazu, Risiken zu benennen, sie aber nicht zu widerrufen, wenn sich neue Erkenntnisse einstellen. Deswegen scheinen die Gefahren immer größer zu werden. Die Schweinegrippe ist bisher recht zahnlos, sie verläuft meist milde. Die Gefahr liegt eher darin, dass sie noch mutieren und dann schwerer verlaufen könnte. Menschen mit HIV brauchen im Moment nicht beunruhigt zu sein. Sie sollten aber daran denken, sich gegen Pneumokokken impfen lassen.

Informationen zur Schweinegrippe gibt es auch im aktuellen HIV-Report der Deutschen AIDS-Hilfe.

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Holger Wicht

Holger Wicht, Journalist und Moderator, ist seit 2011 Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe

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