Die Transplantation der Niere eines HIV-positiven Spenders kann eine zusätzliche Option für HIV-infizierte Patienten sein, die eine Nierenersatztherapie benötigen.

Zu diesem Ergebnis kommt erstmals eine südafrikanische Beobachtungsstudie, die am 12. Februar 2015 im New England Journal of Medicine veröffentlicht und diese Woche auch im Online-Magazin nam aidsmap vorgestellt wurde.

Demnach wurde am Groote Schuur Hospital der Universität von Kapstadt zwischen September 2008 und Februar 2014 27 Patienten mit HIV eine Spenderniere von 15 verstorbenen HIV-Infizierten transplantiert.

Die Empfänger waren alle mindestens drei Monate unter antiretrovialer Therapie (ART) und hatten eine CD4-Zellzahl von mindestens 200 pro mm3 Blut sowie eine Viruslast unter der Nachweisgrenze. Die HIV-infizierten Spender hatten entweder noch nie eine antiretrovirale Therapie oder lediglich eine First-Line-ART erhalten.

HIV-Positive unter einer Second-Line-Therapie wurden als Spender ausgeschlossen, um das Risiko einer Übertragung resistenter Viren gering zu halten. Zudem durfte bei keinem der Spender eine aidsdefinierende opportunistische Infektion, Proteinurie oder Tuberkulose vorliegen.

Die Überlebensrate der Patienten sei vergleichbar mit der von anderen Nierentransplantationspatienten des Landes, berichtet nam aidsmap. In der Studie lag diese drei Jahre nach der Transplantation bei 84 %, nach fünf Jahren bei 75 %. Die Überlebensrate der Transplantate betrug im ersten Jahr 93 %, im dritten und fünften Jahr noch 84 %. Es habe acht Fälle einer Abstoßung des Organs gegeben, von denen aber sechs erfolgreich mit zusätzlichen Medikamenten behandelt werden konnten. Fünf Patienten seien aufgrund von Infektionen nach der Transplantation gestorben.

Alle Empfänger erhielten trotz ihrer HIV-Infektion eine immunsuppressive Therapie. Im ersten Jahr nach der Transplantation sank die CD4-Zellzahl auf durchschnittlich 179 pro mm3 Blut, sie stieg aber nach drei Jahren wieder auf durchschnittlich 386. Bei keinem der Patienten habe sich die Viruslast erhöht und bei keinem seien Anzeichen einer durch die Transplantation erworbenen Resistenz gegenüber der HIV-Therapie festgestellt worden, berichten die Forscherinnen und Forscher.

„Unsere Studie zeigt, dass unter einer sorgsamen Auswahl auch Nieren von verstorbenen HIV-positiven Spendern in HIV-positive Empfänger transplantiert werden können – mit der Erwartung, dass die Ergebnisse denen der Nierentransplantationsprogramme bei HIV-negativen Patienten ähnlich sind“, so die Autoren der Studie.

Bereits 2010 kam eine Studie zu dem Schluss, dass Nierentransplantationen bei HIV-positiven Patienten unter wirksamer antiretroviraler Therapie „machbar“ seien. Damals waren die Spender aber allesamt HIV-negativ. Man befürchtete, dass durch die Transplantation der Niere eines ebenfalls HIV-infizierten Spenders ein medikamentenresistenter HIV-Stamm auf den Empfänger übertragen werden könnte.

In Südafrika habe eine HIV-Infektion bis zum Jahr 2009 noch eine Kontraindikation für den Erhalt eines Spenderorgans dargestellt, erläutert nam aidsmap. Die Forscher der Klinik in Kapstadt hätten daher 2008 begonnen, HIV-positive Patienten mit einer Nierenerkrankung im Endstadium mit Spendernieren verstorbener HIV-Infizierter zu versorgen, und die Studie auch nach 2009 weitergeführt.

Nach wie vor gebe es in Südafrika einen eklatanten Mangel an Spendernieren, berichtet Medscape Deutschland zu der Studie – erst recht für HIV-Infizierte. Zudem fehle es in dem Land an adäquaten Dialysestrukturen, weshalb HIV-positive Nierenpatienten von der Dialyse ausgeschlossen würden. „Eine Transplantation von Nieren Infizierter könnte diese eklatante Unterversorgung entschärfen“, so Medscape Deutschland.

 (Christina Laußmann)

Quelle/weitere Informationen:

Abstract zur Studie

Bericht von nam aidsmap

Bericht von Medscape Deutschland

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Christina Laußmann

Christina Laußmann hat Kulturwissenschaft, Medienwissenschaft und Neuere deutsche Philologie an der Humboldt-Universität und Technischen Universität Berlin studiert. Seit 2013 arbeitet sie als Autorin und Lektorin bei der Deutschen Aidshilfe.

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