Schwulenfreundliche Checkpoints sind ein Schlüssel zu HIV-Tests. Alex erzählt uns zur Welt-Aids-Konferenz 2018 in Amsterdam von seinem ersten Testerlebnis. 

Das Dortmunder Gesundheitsamt ist ein Betonkasten aus den 50er Jahren. Der Weg zu Alex’ erstem HIV-Test führt durch einen Seiteneingang und ein dunkles Treppenhaus. Auf einem langen Flur muss der 18-Jährige zwischen vielen anderen warten. Dann nimmt ein Amtsarzt fast wortlos Blut ab. Keine Fragen, kein Beratungsgespräch. Ergebnis in einer Woche.

„Das war eine absolut fürchterliche Erfahrung“, erinnert sich Alex. „Wäre mein bester Freund nicht dabei gewesen, wäre ich da rückwärts wieder rausgegangen.“

Alex ist damals gerade zum Studium nach Dortmund gezogen. In seiner Heimatstadt war er der einzige geoutete Schwule an seiner Schule. Mitschüler verspotteten ihn, seine Eltern machten sich Sorgen, dass er keinen Job finden würde.

„Schwulsein war schwierig, HIV überhaupt kein Thema“, erinnert sich Alex.

„Es tut ja nicht weh“

Heute ist Alex 31, ein selbstbewusster schwuler Mann und lebt in einer offenen Beziehung. „Ich bin kein Kind von Traurigkeit“, gibt er zu Protokoll. Deswegen ist ihm der regelmäßige Gesundheitscheck wichtig. Zweimal im Jahr lässt er sich auf HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen testen. „Es tut ja nicht weh“, sagt er.

Der Schlüssel: Seit 2009 gibt es in Dortmund einen schwulen Gesundheitsladen. Ein damals einmaliges Pilotprojekt in Deutschland: Die Aidshilfe, das Schwulenzentrum und das Gesundheitsamt betreiben dieses spezielle Angebot gemeinsam, um schwulen Männern ein unterstützendes Umfeld und Beratung anzubieten.

Für Alex änderte das alles: „Da wirst du nett empfangen, ohne dass du irgendwie schief angeguckt wirst. Da sind schwule Ärzte, es gibt ein Gespräch, auf das Ergebnis deines Schnelltests kannst du in einer gemütlichen Couchecke warten. Da fühl ich mich einfach wohl und bin dann auch bald alleine hingegangen.“

Das Problem

Mehr als 1.000 Menschen erkranken in Deutschland jährlich an Aids oder einem schweren Immundefekt, obwohl es vermeidbar wäre. Die Hälfte der HIV-Diagnosen erfolgt zu spät, ein Drittel viel zu spät. Manche Menschen gehen nicht zum Test, weil ihnen die Vorzüge einer frühen Diagnose nicht bekannt sind.

Viele verdrängen, dass sie sich infiziert haben könnten. Die Gründe: Veraltete Vorstellungen und deswegen Angst vor dramatischen Folgen der Infektion. Angst vor Zurückweisung und Schuldzuweisungen, sollte der HIV-Test positiv sein. Scham und die Angst zum Beispiel, als schwuler Mann für sexuelles Verhalten verurteilt zu werden.

Die Lösung

Immer mehr Testangebote für bestimmte Zielgruppen erleichtern den HIV-Test. Entscheidend ist dabei die Akzeptanz der Menschen und ihres Lebensstils. Ein Schlüssel ist die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Stellen und NGOs. Aidshilfeorganisationen betreiben mit öffentlicher Förderung 60 Checkpoints für HIV- und STI-Tests. Teilweise bieten sie Tests auch vor Ort an, zum Beispiel in der schwulen Szene. Die Checkpoints sind auch für Migrant_innen eine kompetente Anlaufstelle.

Unter dem Titel „Das check ich!“ bieten die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, das staatliche Robert-Koch-Institut und die Deutsche AIDS-Hilfe gemeinsam Tests in Drogenhilfeeinrichtungen an. Zusätzlich kommt voraussichtlich im Herbst 2018 der Selbsttest in den Handel, in Bayern wird zugleich der Einsendetest erprobt.

Entscheidend bleibt bei all dem das gemeinsame Engagement gegen Stigma und für zeitgemäße Bilder vom Leben mit HIV.

Kampagne der Deutschen AIDS-Hilfe zur 22. Internationalen Aids-Konferenz in Amsterdam

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