Ausgerechnet, wo medizinische Profis am Werk sind, erfahren Menschen mit HIV besonders häufig Diskriminierung: im Gesundheitswesen. Und die kann fatale Folgen haben. Für unsere Kampagne zurWelt-Aids-Konferenz 2018 in Amsterdam hat uns Denis seine Erfahrungen erzählt.

„Leiden Sie an Aids?“ Die Frage auf dem Anamnesebogen eines Zahnarztes beantwortete Denis wahrheitsgemäß mit „nein“. Er ist zwar HIV-positiv, doch es geht ihm gut, die HIV-Menge in seinem Blut ist so gering, dass HIV mit den üblichen Testverfahren nicht mehr nachweisbar ist. Von Aids kann keine Rede sein.

Auf dem Behandlungsstuhl macht Denis den Zahnarzt auf die fehlerhafte Frage aufmerksam. Und der wird sauer, weil Denis die HIV-Infektion nicht angegeben hat. „Da wusste ich, wie ich von dem behandelt werde“, erinnert sich Denis.

Diskriminierungen im Gesundheitswesen hat er schon öfter erfahren. In der Notaufnahme wurde er einmal nach Hause geschickt, weil er dem Arzt erst nach der Blutabnahme von seiner HIV-Infektion erzählt hat. Das Arzt-Patienten-Verhältnis sei jetzt gestört, argumentierte der Arzt. „Da fühlt man sich wie ein Aussätziger“, sagt Denis.

„Da fühlt man sich wie ein Aussätziger“

In solchen Momenten kann ein falscher oder unsensibler Umgang mit HIV-positiven Patient_innen besonders fatale Folgen haben. Manche unterlassen aufgrund schlechter Erfahrungen wichtige Arztbesuche.

Denis kann heute selbstbewusst mit seiner HIV-Infektion umgehen. Aber das war nicht immer so. Als er mit 28 sein Testergebnis bekam, warf ihn das völlig aus der Bahn. „Das war alles so unrealistisch. Selbst am Empfangstresen der Arztpraxis hab ich nicht rausgebracht, warum ich da bin“, erinnert sich der 37-Jährige.

Doch mit seiner HIV-Praxis hatte Denis Glück, und er kennt auch andere Arztpraxen in seiner Heimatstadt Halle, die im Umgang mit HIV souverän sind.

„Das ist gut für mich persönlich, aber es kann nicht die Lösung sein. Jeder Arzt muss in der Lage sein, Menschen mit HIV diskriminierungsfrei zu behandeln.“

Das Problem

Ausgerechnet, wo medizinische Profis am Werk sind, erfahren Menschen mit HIV besonders häufig Diskriminierung: im Gesundheitswesen. Sie erleben Zurückweisung, völlig überzogene Vorsichtsmaßnahmen und Datenschutzverletzungen. Einige Beispiele: Zahnärzt_innen lehnen Patient_innen mit HIV ab oder geben ihnen nur den letzten Termin am Tag. Krankenhäuser weisen HIV-Positiven eigene Toiletten zu oder kennzeichnen Patientenakten von außen. Die Röntgenärztin oder der Masseur tragen plötzlich Handschuhe. In Rehabilitationskliniken werden HIV-Positive von bestimmten Angeboten ausgeschlossen – mit Verweis auf eine angebliche Infektionsgefahr für andere. Oder sie werden angehalten, mit anderen nicht über ihre Infektion zu sprechen.

Ausgrenzung kann Menschen von Arztbesuchen abhalten. Ein diskriminierendes Gesundheitssystem macht nicht gesund, sondern krank.

Die Lösung

Die Deutsche AIDS-Hilfe setzt sich auf vielfältige Weise gegen Diskriminierung im Gesundheitswesen ein. Unsere Kontaktstelle für HIV-bezogene Diskriminierung unterstützt Betroffene mit Rat und Tat.

Mit der Bundeszahnärztekammer haben wir Schulungsmaterial für Praxispersonal entwickelt, das deutlich macht: Eine Sonderbehandlung ist unnötig und diskriminierend.

Mit dem Projekt Praxis Vielfalt verleihen wir ab sofort ein Gütesiegel für diskriminierungsfreie Praxen. Und unser Fortbildungsprogramm „Let’s talk about sex!“ macht Ärzt_innen fit für die Kommunikation über Sexualität, HIV und STIs.

Kampagne der Deutschen AIDS-Hilfe zur 22. Internationalen Aids-Konferenz in Amsterdam

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