Denis und Matthias
Denis (re.) und Matthias: Seit zwei Jahren machen sie zusammen Sport (Foto: www.welt-aids-tag.de)

Denis hat HIV, arbeitet bei der AIDS-Hilfe Halle und ist dieses Jahr Botschafter des Welt-Aids-Tages – zusammen mit Matthias, einem seiner besten Freunde. Ihr gemeinsames Hobby ist der Sport. Der Slogan ihres Plakats lautet daher: „Ich habe HIV. Und das Vertrauen meines Trainingspartners.“ Mit ihnen sprach Kriss Rudolph.

Denis und Matthias, was macht ihr genau beim Sport?

Denis: Wir trainieren seit zwei Jahren zusammen und machen Krafttraining für Arme und Beine. Wir arbeiten mit Kurzhanteln, dabei hat man auch Körperkontakt – beim Gewichtheben führt man meist nur die Geräte. Dazu machen wir viel Ausdauertraining – aber das macht jeder für sich.

Schränken dich deine Medikamente beim Sport ein?

Denis: Ich mache seit 2010 die HIV-Therapie, aber ich merke keine Einschränkungen: keine Müdigkeit oder Schlappheit zum Beispiel. Ich kann alles machen wie vorher, habe noch dieselbe Ausdauer.

„Es hat unsere Freundschaft gestärkt“

Wie hat Matthias reagiert, als du ihm von deiner Krankheit erzählt hast?

Denis: Er war gut aufgeklärt, was Übertragungswege angeht. Von daher hatte er keine Angst davor, mich zu umarmen – oder überhaupt vor Körperkontakt. Er hat gesagt, dass ich immer zu ihm kommen kann, wenn was ist und ich reden muss. Und das stimmt auch.

Matthias: Beim gemeinsamen Training ist doch nichts dabei – es fließt ja nur Schweiß. Da muss man keine Angst haben vor einer Ansteckung. Beim Sport kann man sich nicht infizieren, selbst wenn man wollte. Denis ist auch nicht der erste Mann mit HIV, den ich kenne. Es hat sich zwischen uns nichts verändert – im Gegenteil, es hat unsere Freundschaft gestärkt.

Dass ihr zusammen für die Kampagne auftretet, war direkt klar?

Denis: Es war so gewollt, dass sich authentische Freunde mit auf dem Plakat zeigen. Ich habe also vier Leute gefragt, und Matthias hat sofort gesagt: Klar, kein Problem. Ich unterstütze dich. Wir sind uns auch einig in dem, was wir erreichen wollen: Wir wollen anderen HIV-Positiven Mut machen, dass sie sich ruhig ihren Freunden und Angehörigen anvertrauen können. Ich habe damit jedenfalls nur gute Erfahrungen gemacht.

Freunde, Eltern, Sportverein – alle stehen hinter der Kampagne

Wie waren denn die Reaktionen eurer Angehörigen, als ihr im Vorfeld von der Kampagne erzählt habt?

Denis: Meine Familie steht hinter der Kampagne. Nur als sie von meiner HIV-Infektion erfuhr, waren die Umstände leider etwas unglücklich. Ich habe letztes Jahr einer Lokalzeitung ein Interview gegeben, da ging es um meine HIV-Infektion. Meine Eltern wussten noch nichts davon, und da sie etwas ländlicher wohnen, dachte ich, die lesen das schon nicht. Sie haben dann aber sehr schnell davon erfahren und waren etwas sauer, dass ich nicht vorher bzw. überhaupt viel früher mit ihnen geredet habe. Aber jetzt ist wieder alles in Ordnung.

Denis
Denis: Gemeinsam mit Matthias will er HIV-Positiven Mut machen (Foto: www.welt-aids-tag.de)

Matthias: Ich habe meinen Freund und meine Familie vorher natürlich über die Plakate informiert. Die hatten auch nichts dagegen, warnten mich allerdings: Sei dir bewusst, dass es dir schaden könnte und Auftraggeber dich dann eventuell nicht mehr buchen. Aber ehrlich gesagt, kann ich auf die dann auch gut verzichten.

Denis: Ich spiele ja auch noch Volleyball und habe tolle Unterstützung von meinem Sportverein bekommen – ein schwul-lesbischer Verein. Der Vorstand hat zum Kampagnenstart alle Mitglieder angeschrieben und ihnen mitgeteilt, dass sie mich als Botschafter unterstützen, und wer ein Problem damit hätte, wäre in diesem Verein fehl am Platz.

„Er war negativ, ich positiv“

Seit wann weißt du, dass du HIV hast?

Denis: Anfang 2009 bekam ich die Diagnose. Mein damaliger Freund hatte einen Vortrag beim Gesundheitsamt gehört. Da ging es ums Testverhalten bei Schwulen – und darum, dass man sich regelmäßig testen lassen sollte. Mein Freund wollte dann auch. Ich hatte kein Bedürfnis, hab es dann aber doch gemacht. Das Ergebnis: Er war negativ, ich positiv. Erst mal haben es nur die Leute in der Beratungsstelle erfahren. Danach habe ich mich langsam auch Freunden anvertraut.

Spielte HIV eine Rolle, dass eure Beziehung gescheitert ist?

Denis: Nein, die Beziehung ist später aus anderen Gründen gescheitert. Mein Freund war mir eine große Stütze. Das Testergebnis hat uns sogar erst mal wieder für eine Weile zusammengeschweißt. Aber es hat dann einfach nicht auf Dauer gehalten.

Aber du hast jetzt wieder eine Beziehung?

Denis: Ja, ich habe seit einem Jahr einen neuen Freund. Das fing erst mal freundschaftlich an. Er hat dann irgendwann mein Interview gelesen, in dem es um meine HIV-Infektion ging, aber es war kein Thema für ihn. Klar, sonst wären wir jetzt auch nicht zusammen.

Du bist als Quereinsteiger zur Aidshilfe gekommen. Was hast du vorher gemacht?

Denis: Ich bin nach meiner Diagnose beruflich zur Aidshilfe gewechselt. Verändern wollte ich mich vorher eh schon, und meine Diagnose hat dann den Ausschlag gegeben. Vorher war ich Abteilungsleiter in einer Schokoladenfabrik, war für die gesamte Herstellungsleitung zuständig und hatte in Höchstzeiten 100 bis 150 Leute unter mir. Aber mir fehlte trotzdem ein bisschen der Kontakt zu anderen Menschen. Parallel kam dann die Anfrage der Aidshilfe – die suchten händeringend einen schwulen Berater.

„Für meine ehemaligen Kollegen bin ich so eine Art kleiner Held“

Hättest du deine HIV-Infektion auch bei deinem alten Arbeitgeber öffentlich gemacht?

Denis: Ich weiß nicht. Ich bin da mal mit einer Kollegin von der Qualitätssicherung aneinander geraten. Die meinte nämlich, HIV sei meldepflichtig. Was natürlich Quatsch ist. Ohnehin gab es ja in der Fabrik Hygienevorschriften – wie hätte ich da HIV übertragen sollen?

Matthias
Matthias war zu den Übertragungswegen schon vorher gut aufgeklärt (Foto: www.welt-aids-tag.de)

Und wie kommen jetzt die fertigen Plakate bei euren Leuten an?

Denis: Was echt schön ist, ehemalige Kollegen aus der Schokoladenfabrik haben von mir gehört, und ich kriege fast täglich eine Nachricht von denen, wie gut sie finden, was ich mache. Dass ich schwul bin, wussten alle vorher schon – und damit gab es nie ein Problem. Jetzt bin ich für sie so eine Art kleiner Held.

Matthias: Mich haben mittlerweile auch schon mehrere Leute angesprochen oder angeschrieben, aus Gera oder meiner Heimatstadt Dessau. Die fanden es cool und schrieben: Wir ziehen den Hut vor dir – Respekt!

„Habt ihr euch mal mit Übertragungswegen und Ansteckungsrisiken beschäftigt?“

Wie gut wissen eure Freunde und Bekannte über HIV und Aids Bescheid?

Denis: Die engsten Freunde sind gut informiert, aber es kommt immer mal vor, dass sie noch mal eine „Expertenmeinung“ hören wollen oder Rat brauchen. Oft geht es dann um Übertragungswege. Oder sie sagen, wir nehmen ja Kondome, da müssen wir uns um sexuell übertragbare Infektionen keine Gedanken machen. So einfach ist das aber nicht, weil Syphilis oder Tripper ja auch schon beim Lecken oder Blasen übertragen werden können.

Matthias: Bei mir kam vereinzelt die Frage von Leuten, die wissen wollten, ob ich auch infiziert bin. Die hatten das Plakat nicht richtig gelesen – das kommt halt vor. Einige fragten auch: Hast du keine Angst vor Ansteckung? Worauf ich dann meinte: Habt ihr euch mal mit Übertragungswegen und Ansteckungsrisiken beschäftigt? Dann kommen halt meine Aufklärungsversuche: Über Schweiß und Speichel kann man sich echt nicht anstecken!

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Weitere Informationen:

Website der Welt-Aids-Tags-Kampagne Positiv zusammen leben!

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„HIV ist weiterhin ein Stigma, und dies ist ein Kernproblem"

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