GHB/GBL, Kokain, Ketamin, Crystal Meth und Mephedron – das Angebot an Sexdrogen, sprich Chems [‚K:ems‘], ist nicht klein. Chems verstärken die Lust und steigern Glücksgefühle. Sie können aber auch zu Folgeschäden führen. Von Christoph Kolbe

Um mehr über den Drogenkonsum schwuler Männer zu erfahren, haben britische Forscher in drei Londoner Bezirken mit überdurchschnittlich hohem schwulen Bevölkerungsanteil eine Studie durchgeführt. Dazu gehörte auch eine Befragung von 30 Männern, die im Jahr zuvor Chems beim Sex konsumiert hatten. Die vor Kurzem veröffentlichten Ergebnisse der Chemsex-Studie sind also nicht repräsentativ, erlauben aber trotzdem Rückschlüsse auf den Drogengebrauch in deutschen Großstädten. Hier das Wichtigste zusammengefasst:

Auswirkungen auf das sexuelle Empfinden und die sexuelle Leistungsfähigkeit:

Ein Großteil der 30 Befragten …

  • steigert mit Chems die Lust und hat längeren, vielseitigeren und gewagteren Sex, zum Teil auch mit mehreren Männern.
  • nimmt Chems, um Schwierigkeiten mit dem eigenen Selbstwertgefühl/dem sexuellen Selbstvertrauen zu überwinden.
  • ist trotz der Steigerung des sexuellen Erlebens mit seinem Sexleben nicht zufrieden.


Einige der Befragten
sagten, dass sie …

  • ohne Chems gar keinen Sex mehr haben können.
  • darüber besorgt waren, mit Chems die eigenen sexuellen Grenzen überschritten zu haben, was sie wiederum bereuten.


Was noch?
„Slamming“, das heißt das Spritzen von Drogen – insbesondere von Crystal Meth –,kommt insgesamt deutlich seltener vor als gedacht, nämlich bei 3,5 Prozent der gut 1.100 schwulen Männer aus den drei untersuchten Londoner Stadtteilen, zu denen es aktuelle Daten gibt. Von den 30 Befragten dagegen hatte ein Drittel kürzlich Crystal Meth oder Mephedron gespritzt. Sie erklärten, dann noch extremeren Sex zu haben als bei anderen Formen der Einnahme.

Drogen und HIV-Risikoverhalten:

Etwa ein Viertel der Teilnehmer …

  • hatte das Gefühl, sein Handeln kontrollieren zu können, und hatte Sex mit begrenzter Wahrscheinlichkeit einer Übertragung von HIV oder einer anderen sexuell übertragbaren Infektion.
  • war HIV-positiv und hatte bewusst ungeschützten Analverkehr mit Männern, von denen sie glaubten, sie seien ebenfalls HIV-positiv.

Aber: Knapp ein Drittel fand es schwierig, sich unter Drogen zu kontrollieren, und ging das Risiko einer Übertragung von HIV oder anderer sexuell übertragbarer Infektionen ein.

Was noch?
Nur ein kleiner Teil der Männer suchte nach risikohaftem Sex und fühlte sich durch die Einnahme von Drogen noch risikobereiter, überschritten sexuelle Grenzen und lebten Fantasien aus.

Negative Erfahrungen und Folgeschäden:

Immer wieder erklärten die Männer, dass

  • Chems negative Einflüsse auf soziale Bindungen, Karriere und auf Beziehungen haben.
  • sie nach dem Gebrauch viel Zeit für eine Erholung benötigten.
  • sie Angst vor einer Überdosierung (besonders von GHB/GBL) hatten.
  • sie eigene Erfahrungen hatten bzw. von Dritten wussten, die wegen Überdosierungen unter Panikattacken und Krämpfen ins Krankenhaus eingeliefert wurden.


Was noch?
Einige Männer berichteten über Verfolgungswahn, Angstzustände oder Aggressionen, akute manische Schübe oder psychotische Episoden, die behandelt werden mussten.

Trotz des eigenen Konsums zeigten sich die meisten Männer besorgt über mögliche Auswirkungen von Chemsex auf die schwule Szene.

Weitere Ergebnisse sowie Details zur Untersuchung findet man unter http://www.lambeth.gov.uk/sites/default/files/ssh-chemsex-study-final-main-report.pdf.

Eine deutsche Kurzfassung gibt’s hier: http://www.hivreport.de/sites/default/files/ausgaben/2014_03_HIV%20report.pdf

Wer grundsätzlich mehr über das Thema erfahren möchte, findet auf der ICH WEIS WAS ICH TU-Website unter http://www.iwwit.de/themen/drogen die wichtigsten Infos.

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