Eine repräsentative Befragung der Bevölkerung offenbart erschreckende Berührungsängste, Stigmatisierung beim Kontakt mit HIV-Positiven sowie große Wissenslücken im Hinblick auf die Wirksamkeit der HIV-Behandlung.

Die Befragung hatte die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) anlässlich des Welt-Aids-Tages in Auftrag gegeben.

Die Daten zeigen, dass zwar eine große Mehrheit im alltäglichen Kontakt – zum Beispiel am Arbeitsplatz – keine Berührungsängste hätte. Zugleich gibt es aber bei näheren Kontakten mit HIV-Positiven immer noch große Unsicherheiten und Vorurteile.

Bedenken bei der Benutzung desselben Geschirrs und beim Küssen

So hat ein Drittel der rund 1.000 Befragten Bedenken bei der Benutzung desselben Geschirrs und rund ein Viertel (27 %) bei der Benutzung derselben Toilette. 15 % haben Bedenken, einen HIV-positiven Menschen zu umarmen.

Sogar rund die Hälfte gab an, dass sie einen HIV-positiven Menschen nicht oder wahrscheinlich nicht küssen würden. Nur 14 % aller Befragten würden mit einer HIV-positiven Person „sicher“ oder „vielleicht“ Sex mit Kondom haben; drei Viertel schließen dies für sich hingegen aus (16 % „wahrscheinlich“; 59 % „sicher“).

Während die Übertragungswege von HIV in der Allgemeinbevölkerung weitgehend bekannt sind, ist das Wissen über die Möglichkeiten, die die HIV-Therapie bietet, teilweise noch gering.

Zwar schließen sich 81 % der Befragten der korrekten Aussage an, dass dank der HIV-Medikamente ein langes und beschwerdefreies Leben mit der HIV-Infektion möglich ist. Dennoch ist über die Hälfte der Bevölkerung der Ansicht, dass HIV eher keine „normale“ chronische Krankheit wie zum Beispiel Diabetes ist.

Dass unter einer erfolgreichen Behandlung HIV beim Sex ohne Kondom nicht mehr übertragbar ist, weiß nur jede_r Zehnte (3 % stimmen der Aussage „voll und ganz“ zu; 7 % stimmen der Aussage „eher“ zu).

Akzeptanz und Solidarität noch immer nicht selbstverständlich

Auch was die Solidarität mit HIV-Positiven angeht, gibt es noch viel zu tun: Ein Viertel der Befragten (23 %) ist der Meinung, dass Menschen mit HIV selbst schuld an der Infektion sind. Ungefähr jede_r Sechste würde sich für ein HIV-positives Familienmitglied schämen.

„Akzeptanz und Solidarität sind beim Thema HIV/AIDS nicht immer selbstverständlich“, erklärte Dr. Heidrun Thaiss, Leiterin der BZgA, anlässlich der Veröffentlichung der Umfrage. „Die Bedenken und Sorgen der Menschen vor Ansteckung werden über verschiedene Lebensbereiche hinweg umso größer, je direkter ihr (Körper-)Kontakt zu HIV-Positiven ist. Dadurch können Situationen entstehen, in denen Menschen mit HIV im Alltag immer noch Diskriminierung erfahren.“ Umso wichtiger sei es, aufzuklären und gerade zum Welt-Aids-Tag darauf aufmerksam zu machen, dass es beim positiven Zusammenleben ein Miteinander ohne Vorurteile und Ausgrenzung geben kann.

„Die Umfrage offenbart teilweise erschütternde Wissenslücken und vollkommen unnötige Ängste“, sagt Holger Wicht, Sprecher der Deutschen AIDS-Hilfe. „Wir müssen alles daran setzen, dies zu ändern – denn das Ergebnis ist oft Zurückweisung von Menschen mit HIV.“

(ascho)

Quelle/weitere Informationen:

Umfrage zum Welt-Aids-Tag

Warum niemand selbst schuld an der HIV-Infektion ist

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Axel Schock

Axel Schock, freier Autor und Journalist, schreibt seit 2010 Beiträge für aidshilfe.de und magazin.hiv.

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