HIV-PREP

Ipergay: Schutz vor HIV durch die „Pille davor und danach“

Von Holger Sweers
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Die Ipergay-Studie zeigt: Die „PrEP on demand“ senkt das HIV-Risiko schwuler Männer um 86 Prozent – die gleiche Schutzwirkung wie bei täglicher Einnahme in der PROUD-Studie.

Dieses Ergebnis stellte Studienleiter Prof. Jean-Michel Molina am 24. Februar auf der internationalen HIV-Konferenz CROI vor.

Objekte der Forschungsbegierde: Schwule Männer mit hohem HIV-Risiko

In der 2012 begonnenen Studie wurde die anlassbezogene HIV-PrEP bei 400 schwulen und anderen Männern untersucht, die Sex mit Männern haben (MSM). Die Frage war: Schützt das HIV-Medikament Truvada vor einer HIV-Infektion, wenn man kurz vor dem Sex mit zwei Tabletten beginnt, an den Tagen, an denen man Sex hat, täglich eine Tablette einnimmt und an den zwei Tagen nach dem letzten Sex mit jeweils einer Tablette aufhört? Auf diese Weise, so die Hoffnung, könnte man im Vergleich zur täglichen vorbeugenden Einnahme Tabletten und damit Kosten sparen sowie mögliche Nebenwirkungen reduzieren.

Aufnahmebedingung für die Männer war ein hohes HIV-Risiko. Festgemacht wurde dies daran, dass die Teilnehmer in den sechs Monaten vor Beginn der Studie mit mindestens zwei Partnern Analverkehr ohne Kondom hatten.

Eine zufällig ausgewählte Hälfte der Männer (199) erhielt das HIV-Medikament Truvada, die andere Hälfte (201 Männer) ein nicht gegen HIV wirksames Placebo. In welcher Gruppe sie waren, wussten weder die Männer noch die beteiligten Ärzte („Doppelblind-Studie“). Im Oktober 2014 wurden die Männer aus dem Placebo-Arm in den Truvada-Arm aufgenommen, weil sich bereits eine hohe Schutzwirkung abzeichnete.

Allen Teilnehmern wurde außerdem ein „Präventionspaket“ angeboten. Dazu gehörten unter anderem eine ausführliche Beratung, kostenlose Kondome und Gleitgel, Tests auf sexuell übertragbare Infektionen wie Syphilis, Gonorrhö, Chlamydien, Hepatitis C, die Impfung gegen Hepatitis A und B, HIV-Tests sowie der Zugang zur HIV-PEP, um nach einem Risikokontakt eine Infektion zu verhindern. (Ähnlich wie in der PROUD-Studie hatten auch viele Ipergay-Teilnehmer vor ihrer Aufnahme in die Studie bereits einmal eine solche PEP gemacht: 28 % der Männer aus dem Truvada-Arm, 37 % der Männer aus dem Placebo-Arm).

Gute Therapietreue, kaum Nebenwirkungen

Nach einer Beobachtungszeit von durchschnittlich 13 Monaten wurde bei 16 Teilnehmern eine HIV-Infektion festgestellt: bei 14 Männern aus dem Placebo-Arm der Studie (6,6 Infektionen pro 100 Personenjahre) und bei zwei Männern aus dem Truvada-Arm (0,94 Infektionen pro 100 Personenjahre). Aus diesem Unterschied lässt sich eine Schutzwirkung von 86 Prozent ableiten – der gleiche Wert wie in der PROUD-Studie, der die PrEP bei täglicher Einnahme untersuchte. Die beiden Männer aus dem Truvada-Arm, die sich mit HIV infizierten, hatten die Tabletteneinnahme allerdings nach eigenen Angaben mehrere Wochen vor ihrer Ansteckung eingestellt.

Wie sah es sonst mit der Therapietreue aus? Ausgewertet werden konnten Angaben von 319 Teilnehmern zu 1212 sexuellen Kontakten (649 Kontakte im Truvada-Arm, 563 im Placebo-Arm). Demzufolge wurde die PrEP bei 43 Prozent der Kontakte korrekt eingenommen, bei 29 Prozent „suboptimal“, also unzuverlässig, und bei 28 Prozent gar nicht (hier gab es kaum Unterschiede zwischen den Männern der beiden Studienarme).

Die meisten Männer vertrugen das Medikament gut. 13 Prozent der Teilnehmer aus dem Truvada-Arm klagten über Übelkeit, Bauchschmerzen und Durchfall – wie übrigens auch sechs Prozent der Teilnehmer aus dem Placebo-Arm. Bei zwei Teilnehmern kam es zu einer vorübergehenden Senkung der Nierenleistung (Kreatinin-Ausscheidung), lediglich ein Teilnehmer brach die PrEP aufgrund einer vermuteten Wechselwirkung mit anderen Medikamenten ab.

Eine Steigerung des Risikoverhaltens trat in dieser Studie – wie auch bei anderen PrEP-Studien – nicht auf.

Der Anteil der Teilnehmer, bei denen eine sexuell übertragbare Infektion diagnostiziert wurde, war in beiden Studienarmen etwa gleich. Insgesamt steckte sich ein Drittel der Männer (34 %) in der Studie mit Chlamydien, Gonorrhö, Syphilis oder einer anderen Infektion an.

 

Quellen/weitere Informationen

Präsentation der Ipergay-Ergebnisse auf der CROI (Slides und Audio, in englischer Sprache)

Pressemitteilung von ANRS/AIDES zu den Ergebnissen der Ipergay-Studie (24.02.2015, PDF-Datei in englischer Sprache)

PROUD und IPERGAY: eine Einschätzung (Beitrag auf magazin.hiv vom 25.02.2015)

IPERGAY: Studie zur HIV-PrEP bei schwulen Männern (Beitrag auf magazin.hiv vom 11.09.2014)

PROUD: HIV-Prä-Expositions-Prophylaxe reduziert HIV-Risiko um 86 Prozent (Beitrag auf magazin.hiv vom 24.02.2015)

Manifest zur HIV-Prävention: Wir brauchen die PrEP jetzt! (Beitrag auf magazin.hiv vom 25.02.2015)

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