Beinah schwerelos
Mit seiner Installation „Warum Steine in den Himmel fliegen“ schafft der Braunschweiger Künstler und Aids-Aktivist nicht nur ein poetisches Bild für den Verlust, das langsame Vergessenwerden und endgültige Verschwinden. Er will die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Positiven Begegnungen zugleich animieren, die Steine mit Namen und Zeichnungen zu gestalten und auf diese Weisen einen Ort des Gedenkens und Erinnerns zu schaffen.
In Deutschland sind über 27.000 Menschen an den Folgen von Aids verstorben. Viele von ihnen waren in den vergangenen Jahrzehnten auch auf den Positiven Begegnungen, die zu Beginn noch Bundespositivenversammlung hießen. Sie waren – nein, sie sind – Teil dieser Bewegung und haben für viele der heute Aktiven erst den Weg bereitet.
Kunst, die berührt
Einige Steine hängen unerreichbar hoch unter dem Bahngleisdach. „Wie sollen wir an diese Steine rankommen, um sie zu gestalten? „, fragt ihn eine Teilnehmerin, während Jean Luc sein Projekt vorstellt. „Gar nicht“, entgegnet er ihr. Diese Steine seien für jene reserviert, die wir vergessen haben. Die Antwort Jean Lucs gefällt nicht jedem. Die Vorstellung, vergessen worden zu sein, schmerzt. Aber es ist wahr: Es gibt viele, deren Namen niemand kennt. Deren Gesicht nie im Zusammenhang mit HIV gesehen wurde. Vielleicht aus Angst oder Nicht-Wissen um den eigenen Status. Vielleicht aber auch, weil sie nicht wahrgenommen wurden.
Jean Lucs Installation berührt und verstört gleichermaßen. Lädt ein zum Gedenken und fordert zugleich zur Auseinandersetzung auf. Am Ende der Konferenz dürfen die Teilnehmenden einen Stein mit nach Hause nehmen. Ein paar weiße Steine unterm Dach werden zurückbleiben. Sie haben sich einfach schon zu weit gen Himmel und aus unserer Erinnerung entfernt.
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