Forschung

Impfung gegen HIV – wo stehen wir?

Von Siegfried Schwarze
Nahaufnahme gefüllte Spritze
Symbolbild: Impfung gegen HIV © DAH | Bild: Renata Chueire

Kurz nach der Entdeckung von HIV vor fast 40 Jahren gingen viele Expert*innen davon aus, dass innerhalb weniger Jahre ein wirksamer Impfstoff zur Verfügung stehen würde. Trotz vieler Anstrengungen und hohem finanziellen Einsatz warten wir immer noch auf einen solchen Impfstoff. Wie stehen die Chancen für eine Impfung gegen HIV?

Drei große Studien zu HIV-Impfstoff gescheitert


2009 gab es die RV144-Studie in Thailand ein Fünkchen Hoffnung auf Impfung gegen HIV.

Wenn man die Ergebnisse der Impfstoffforschung gegen HIV in den letzten Jahren zusammenfassen wollte, bleiben eigentlich nur zwei Stichworte: Enttäuschung und Ernüchterung. Alle Erfahrung mit anderen Erregern, alle genialen Ideen und Impfkonzepte haben letztendlich nichts gebracht. 2009 gab es einmal ein Fünkchen Hoffnung, als man in der RV144-Studie in Thailand eine Reduktion der HIV-Infektionen um etwa ein Drittel in der Gruppe der Geimpften berichtete. Allerdings war die statistische Signifikanz nur ganz knapp überschritten, so dass bis heute nicht ganz klar ist, ob das Ergebnis nicht vielleicht doch nur ein Zufall war. Dennoch griffen die Forscher*innen nach diesem Strohhalm und entwickelten den damaligen Impfstoffkandidaten nach allen Regeln der Kunst weiter. Daraus gingen letztendlich drei große Impfstudien hervor:

  • Die HVTN702-Studie in Südafrika war sowohl vom Impfstoff selbst als auch vom Studienkonzept her gesehen sehr ähnlich angelegt wie die ursprüngliche RV144-Studie. Ergebnis: keine Wirksamkeit.
  • Die Imbokodo-Studie wurde gemeinsam von HVTN (HIV Vaccine Trials Network) und dem Pharmakonzern Janssen durchgeführt. Hier glaubte man zunächst, eine geringe (wenn auch statistisch nicht signifikante) Wirksamkeit des Impfstoffkandidaten gefunden zu haben. Später stellte sich heraus, dass es sich um einen Fehler in der Auswertung gehandelt hatte. Der Impfstoff war unwirksam.
  • Mosaico wurde ebenfalls gemeinsam von HVTN und Janssen durchgeführt, mit einem sehr ähnlichen Impfstoff wie dem in der Imbokodo-Studie. Im Januar 2023 wurde die Mosaico-Studie nach einer Zwischenauswertung gestoppt, als klar war, dass sich im Impfstoff- und Placebo-Arm gleich viele Menschen infiziert hatten. Auch dieser Impfstoffkandidat hatte versagt.

Damit waren die Forscher*innen mit ihrem Latein am Ende – fürs Erste. Alle Versuche, einen „klassischen Impfstoff“ zu entwickeln, also einen Impfstoff, wie wir ihn z. B. gegen Grippe, Mumps, Masern oder auch Corona kennen, haben versagt.

Neuartige Ansätze der Grundlagenforschung

Die Ansätze, die derzeit noch verfolgt werden, sind völlig neu, das heißt, noch nie ist mit diesen Methoden ein Impfstoff entwickelt worden. Man befindet sich also auf völlig unerschlossenem Gebiet.


Die Idee: Bestimmte „Trainingsimpfstoffe“ sollen das Immunsystem in die Lage versetzen, breit neutralisierende Antikörper herstellen zu können.

Ein solcher Ansatz ist die Induktion breit neutralisierender Antikörper. Diese Antikörper werden nur von wenigen Menschen nach langen Jahren einer unbehandelten HIV-Infektion gebildet. Die Idee ist nun, durch bestimmte „Trainingsimpfstoffe“ das Immunsystem eines jeden Menschen in die Lage zu versetzen, solche Antikörper herstellen zu können. Erste Versuche in diese Richtung laufen derzeit mit mRNA-Impfstoffen, aber ob dieses Konzept tatsächlich funktionieren könnte, ist derzeit noch völlig offen.

Eine Alternative wäre, gleich die „Bauanleitung“ für solche breit neutralisierenden Antikörper als mRNA zu verabreichen. Das wäre dann allerdings keine Impfung, denn diese mRNA-Gabe müsste regelmäßig (alle paar Monate) wiederholt werden, um ausreichende Antikörperspiegel im Blut aufrechtzuerhalten. Es wäre also eher mit einer Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) vergleichbar als mit einer Impfung.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Impfstoffforscher*innen derzeit einigermaßen frustriert sind, was eine Impfung gegen HIV angeht und man kann nur hoffen, dass die Grundlagenforschung bald neue Impulse und Ideen hervorbringt, wie man doch noch zu einer Impfung gegen HIV gelangen könnte.

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