HIV-Neudiagnosen weitgehend stabil

Von Holger Wicht
Seit 2007 gibt es bei den neu diagnostizierten HIV-Diagnosen keinen nennenswerten Anstieg mehr. Im Jahr 2009 stieg aber die Zahl bei den schwulen Männern leicht an. Ein Grund: mehr HIV-Tests.

Die Zahl der HIV-Diagnosen in Deutschland ist im Jahr 2009 nahezu konstant geblieben. Das teilte gestern das Robert Koch-Institut (RKI) in seinem Epidemiologischen Bulletin mit. 2856 Menschen wurden im vergangenen Jahr erstmals positiv getestet, im Jahr 2008 waren es 2843. Seit dem Jahr 2007 ist die Zahl der Neudiagnosen damit weitgehend stabil, nachdem sie in den Jahren zuvor erheblich gestiegen war.

Rückgang in Berlin, Anstieg in Hamburg

Bei den Schwulen und anderen Männern, die Sex mit Männern haben, ist die Zahl der Neudiagnosen allerdings um 3,3 Prozent gestiegen. In dieser Gruppe wurden 1629 positive Testergebnisse verzeichnet (Vorjahr: 1575). Bei den Heterosexuellen war ein ähnlicher Anstieg zu verzeichnen (3,2 Prozent). Rückläufig ist die Zahl der Neudiagnosen bei Menschen, die intravenös Drogen konsumieren, und Migranten aus Ländern, in denen HIV besonders häufig vorkommt.

67 Prozent der HIV-Neudiagnosen entfallen auf Männer, die Sex mit Männern haben. Am stärksten betroffen sind Männer zwischen 25 und 29 Jahren, am zweitstärksten die 30- bis -39-Jährigen. Es folgt die Gruppe der 21- bis 24-Jährigen. In dieser Gruppe ist die Zahl der Neudiagnosen in den letzten Jahren gestiegen und hat jetzt den höchsten Wert seit 1993 erreicht.

Nennenswerte Veränderungen gab es auch in verschiedenen Städten und Regionen: In Hamburg und Rheinland-Pfalz stieg die Zahl der Neudiagnosen erheblich an, in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern ging sie zurück. Bei den Veränderungen in den Großstädten spielt vermutlich der Verlauf der Syphilisepidemie eine Rolle. Syphilis erhöht die Wahrscheinlichkeit, sich mit HIV zu infizieren oder das HI-Virus weiterzugeben.

Ein Teil des Anstiegs der Neudiagnosen lässt sich nach Einschätzung der Deutschen AIDS-Hilfe außerdem damit erklären, dass schwule Männer sich immer häufiger testen lassen. Gerade in der Gruppe der 21- bis 24-Jährigen ist die Testbereitschaft hoch. Viele Neuinfektionen werden schon kurz nach der Infektion diagnostiziert.

Mehr positive Ergebnisse durch Testwochen bei IWWIT

Die Deutsche AIDS-Hilfe hat mit den Testwochen der Kampagne von ICH WEISS WAS ICH TU von September bis November 2009 selber dazu beigetragen, dass mehr schwule Männer zum HIV-Test gingen. „Ohne die Ausweitung unserer Testangebote wären die Neudiagnosezahlen deutlich niedriger ausgefallen“, sagt Dr. Dirk Sander, Schwulenreferent der Deutschen AIDS-Hilfe. „Wir freuen uns sehr, dass unsere Testwochen so erfolgreich waren. Dafür nehmen wir in Kauf, dass die Neudiagnosen steigen.“

Die Zahl der Neudiagnosen darf nicht mit der Zahl der Neuinfektionen verwechselt werden. Sie bringt lediglich zum Ausdruck, wie viele Menschen erstmals HIV-positiv getestet wurden – nicht, wie viele sich infiziert haben. Das Robert-Koch-Institut geht weiterhin von ungefähr 3000 HIV-Neuinfektionen pro Jahr aus.

„Die weitgehend stabilen Zahlen zeigen, dass unsere Präventionsarbeit wirkt“, sagt Dr. Dirk Sander. „Studien belegen, dass die Schutzmotivation schwuler Männer weiterhin hoch ist.“

Holger Wicht

Foto: S.Hofschlaeger/pixelio.de

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