SchwangerschaftsuntersuchungWird eine HIV-Infektion während der Schwangerschaft rechtzeitig diagnostiziert, können Medikamente die Übertragung auf das Kind verhindern. Der Test sollte deshalb jeder schwangeren Frau angeboten werden.

Etwa 20 Prozent der Menschen, die in Deutschland mit HIV leben, sind Frauen – die meisten von ihnen im gebärfähigen Alter. Doch nicht immer ist die Infektion bei Eintritt einer Schwangerschaft bekannt. Laut Mutterschafts-Richtlinie sollen Ärzte seit Ende 2007 schwangeren Frauen im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen einen HIV-Test anbieten. Durchgeführt wird der Test in Deutschland nach Schätzungen aber nur bei rund 80 Prozent aller Schwangeren. In anderen europäischen Ländern werden Testraten von mehr als 95 Prozent erreicht.

Ärzte müssen besser geschult werden

„Damit mehr schwangere Frauen von den Vorteilen eines HIV-Tests in der Schwangerschaft erfahren, müssen Gynäkologinnen und Gynäkologen entsprechend geschult werden“, sagt Marianne Rademacher, Referentin für Frauen bei der Deutschen AIDS-Hilfe. „Es gilt, medizinisches Personal für das Thema HIV/Aids zu sensibilisieren, damit der Umgang damit in gynäkologischen Praxen zur Selbstverständlichkeit wird.“

Die Deutsche AIDS-Hilfe tritt über ihre Mitgliedsorganisationen auch gezielt an Hebammen heran. Die stehen nämlich häufig in engerem Kontakt zu den schwangeren Frauen als die Ärzte. Hebammen dürfen Schwangere zum HIV-Test beraten sowie Blut dafür abnehmen. Sie erhalten dafür auch entsprechende Honorare.
Zwischentitel: Medikamente senken Übertragungsrisiko auf unter ein Prozent.

Aus medizinischer Sicht ist der HIV-Test in der Schwangerschaft sehr wichtig. Denn wenn die HIV-Infektion unerkannt bleibt, überträgt die Mutter das Virus während der Schwangerschaft, der Geburt oder beim Stillen mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 bis 30 Prozent auf ihr Kind.

Bei frühzeitiger Diagnose hingegen lässt sich das Risiko mit HIV-Medikamenten auf unter 1 Prozent senken. Bei einer erfolgreichen Therapie sorgen die Medikamente nämlich dafür, dass keine Viren mehr im Blut nachweisbar sind. Damit ist eine Übertragung von HIV fast ausgeschlossen.

Um die Sicherheit für das Kind noch zu erhöhen, sollen Kinder HIV-positiver Mütter laut Mutterschafts-Richtlinie außerdem durch einen Kaiserschnitt zur Welt gebracht werden. Dies in Deutschland derzeit die gängige Praxis.

Liegt die Zahl der Viren im Blut der Mutter unterhalb der Nachweisgrenze, ist nach Meinung vieler Experten aber auch eine natürliche Geburt möglich. Dies setzt voraus, dass die vaginale Entbindung an einem spezialisierten Zentrum vorgenommen wird. Denn bei einer Geburt sind Komplikationen grundsätzlich nicht auszuschließen – und in diesem Fall muss sofort ein entsprechend geschultes Team zur Stelle sein.

Wie viele Kinder werden positiv getestet?

Im Jahr 2008 wurden in Deutschland nach Angaben des Robert-Koch-Instituts 21 Kinder positiv getestet. Von ihnen stammten 10 aus Ländern, in denen HIV besonders häufig vorkommt; sie waren bereits infiziert nach Deutschland eingereist. 11 waren in Deutschland geboren worden, in 6 Fällen waren die Mütter während der Schwangerschaft nicht auf HIV getestet worden.

Im Jahr 2009 wurden 11 HIV-Infektionen durch Mutter-Kind-Übertragung diagnostiziert, darunter befanden sich drei in Deutschland geborene Kinder. In einem Fall war kein HIV-Test durchgeführt worden, in den beiden anderen Fällen wurde die Infektion erst kurz vor der Geburt diagnostiziert. Ob diese beiden Infektionen hätten verhindert werden können, bleibt offen.

Die Experten vom Robert-Koch-Institut kommentieren in ihrem Epidemiologischen Bulletin Nr. 22: „Die ,späte‘ Diagnose einer HIV-Infektion in der Schwangerschaft ist eine Situation, die konsequentes, koordiniertes und kompetentes Vorgehen der betreuenden Ärzte erfordert, um die bestehenden Möglichkeiten einer Verhinderung der Mutter-Kind-Übertragung von HIV voll auszuschöpfen. Alle Ärzte, die sich mit einer solchen Situation konfrontiert sehen, sollten dringend unverzüglich Kontakt zu einem der erfahrenen Behandlungszentren für HIV-infizierte Schwangere in Deutschland aufnehmen und sich dort beraten lassen‘.

Eine Adressliste von Arztpraxen und Kliniken, die auf HIV-positive Schwangere spezialisiert sind, bekommt man bei der Arbeitsgemeinschaft für HIV in Gynäkologie und Geburtshilfe, c/o Dr. Annette E. Haberl; Tel.: 069/6301-7680, E-Mail: annette.haberl@hivcenter.de.

Auf www.3a-net.de finden sich zudem Kontaktdaten von Ärztinnen, die auf HIV spezialisiert sind, geordnet nach Regionen.

(Matthias Herrmann/Holger Sweers)

Weitere Informationen

Epidemiologisches Bulletin Nr. 22/2010 des RKI

DAH-Arbeitshilfe „Positiv schwanger“ zum Einsatz Arztpraxen, Aidshilfen und Beratungsstellen

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2 Kommentare

  1. Ich habe auf dieser Homepage gelesen, dass die Ehec-Erreger meistens kleine Kinder infizieren, aber die aktuellen EHEC Bakterien verstärkt in Nord-Deutschland Frauen befallen. Außerdem habe ich jetzt ein wenig Angst, weil eine Übertragung von Mensch zu Mensch möglich ist. Da ich in Norddeutschland lebe und eine Frau bin, mache ich mir jetzt Sorgen. Sind diese Ehec-Bakterien wirklich so gefährlich?

    1. Leider herrscht auch bei den Experten etwas Ratlosigkeit. Sie sind wohl auch über die Anzahl der Fälle überrascht und rätseln noch über die Erregerquelle. Eine ganz gute Einschätzung und Tips für die Vorsorge hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) auf ihrer Webseite veröffentlicht: http://www.bzga.de/?sid=663
      Weitere ausführliche Infos gibt es auch auf der Seite des Robert-Koch-Instituts http://www.rki.de

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