Rosa von Praunheim setzt mit seiner Dokumentation „Laura – Das Juwel von Stuttgart“ der Aidsaktivistin Laura Halding-Hoppenheit ein filmisches Denkmal.

Jede Menge Begriffe sind bemüht worden, um diese ungewöhnliche Frau zu beschreiben. Die Zeitungen haben sie schon als „Mutter Teresa von Stuttgart“ oder schlicht als Paradiesvogel tituliert. Anderen kommt sie wegen ihrer Großherzigkeit wie ein Engel vor. Sie selbst bezeichnet sich gern auch mal als Hexe.

Einzigartig, kostbar und schillernd

Für den Stadtvertreter, der Laura Anfang des Jahres das Bundesverdienstkreuz am Bande überreichte, ist die Aids- und Homosexuellenaktivistin schlicht ein Schmuckstück, und das nicht nur für ihre Heimatstadt Stuttgart: „Auf solche Juwelen wollen wir in unserem Lande nicht verzichten“, sagte er.

Rosa von Praunheim, der diese Szene mit der Kamera festhielt, hat sein filmisches Porträt deshalb „Laura, das „Juwel von Stuttgart“ genannt. Und wer von der umtriebigen, unerschütterlichen und warmherzigen Frau bislang noch nie etwas gehört haben sollte, wird nach diesem Film zweifellos zustimmen: Laura ist einzigartig, kostbar und schillernd.

Die einstündige Hommage wird sinnigerweise am Welt-Aids-Tag uraufgeführt, natürlich in der baden-württembergischen Landeshauptstadt, wo Laura nicht nur als Betreiberin des „Kings Club“ seit vielen Jahrzehnten als Königinmutter der Schwulenszene über ihre Wahlfamilie wacht.

In Praunheims Film erzählt sie von ihrem Leben in Rumänien, aber auch, wie sie sich in der Hamburger Schwulen-Community zum ersten Mal im neuen Land herzlich und vorurteilsfrei aufgenommen fühlte. Diese Liebe hat sie in den letzten Jahrzehnten vielfach zurückgegeben.

Immer wieder zeigt sie sich als unnachgiebige wie selbstlose Kämpferin und Unterstützerin. Dass sie sich gleich zu Beginn der Aidskrise um ihre Clubgäste kümmerte, die verzweifelt vom HIV-Test oder von einer Beerdigung zurückkamen, war für sie selbstverständlich.

Ihre Liebhaber mussten sich mit Rang drei in Lauras Leben abfinden

Ihr Lebensgefährte und Geschäftspartner hatte allerdings weniger Verständnis dafür und sah seinen Club zu einem „Bestattungsinstitut“ verkommen, wie Laura trocken erzählt. Die Beziehung ist schließlich daran zerbrochen. Laura aber hat sich in ihrer Haltung nie beirren lassen. Auch ihre nachfolgenden Liebhaber mussten sich damit abfinden, dass sie in ihrem Leben nur Rang drei belegen: nach ihren Kindern und ihrer schwulen Wahlfamilie.

Ihren Weggefährten und Mitstreitern gewährt Praunheim in seinem Film den Raum, Hochachtung und Dank zu zollen, und zugleich Lauras Persönlichkeit kennenzulernen. Gabriele Müller-Trimbusch etwa, die langjährige Stuttgarter Bürgermeisterin für Soziales, Jugend und Gesundheit, gibt freimütig zu, wie viel sie von Laura gelernt hat.

Mit den Worten „Gabriele, so geht das nicht!“ kam Laura offenbar regelmäßig in deren Amtszimmer gestürmt, um auf einen Missstand aufmerksam zu machen. Und wenn die Behörden nicht helfen konnten oder wollten, hat sich Laura eben selbst darum gekümmert. Vor allem die vielen kleinen Aidshilfen im Lande, von Konstanz bis Mannheim, konnten immer auf Laura zählen.

Joschi Moser etwa berichtet, wie Laura für die AIDS-Hilfe Schwäbisch Gmünd finanziell einsprang, als in der Aufbauphase weder Stadt noch Land die Organisation fördern wollten. Und als Laura erfuhr, dass dem Stuttgarter Prostituiertenprojekt La Strada eine Sprachvermittlerin fehlt, um die vielen rumänischen Sexarbeiterinnen in der Stadt betreuen zu können, hat sie auch hier kurzerhand die Kosten übernommen – und tut dies bis heute. Die Situation der Prostituierten hat sich mit den Jahren keineswegs verbessert. Im Gegenteil, wie die Sozialarbeiterin Sabine Constabel eindrücklich schildert.

„Es lohnt sich immer, zu kämpfen!“

Wo überall Laura in ihrem Leben schon helfend unter die Arme gegriffen, tatkräftig angepackt oder kämpferisch ihre Frau gestanden hat, vermag Praunheim lediglich anzureißen: Diese Frau ist schlicht unermüdlich. Ganz nebenbei erwähnt Laura das von ihr gegründete Kinderhilfsprojekt, ihr Engagement gegen Stuttgart 21 oder auch ihren Einsatz als Bezirksbeirätin der Stuttgarter Linken.

Etwas mehr Raum gibt Praunheim ihren Reisen in die alte Heimat. Erst seit wenigen Jahren fährt sie wieder regelmäßig nach Bukarest, doch keineswegs aus nostalgischen Gründen, sondern um den dortigen Christopher-Street-Day zu unterstützen. Dass das Häuflein Mutiger und Aufrechter Jahr für Jahr von Gegendemonstranten bespuckt und angepöbelt wird und von der Polizei beschützt werden muss, hält Laura nicht davon ab: „Es lohnt sich immer, zu kämpfen.“

Der heimische CSD ist hingegen kein Kampfplatz, sondern eine Parade im besten Sinne. Die Regenbogenfahne schwenkend lässt sie sich durch die Straßen fahren. Immer wieder applaudieren ihr die Menschen am Straßenrand zu, manche verbeugen sich gar vor ihr und bezeugen damit ihre Anerkennung und ihren Respekt – ganz so, wie es einer wahren Königin der Herzen gebührt.

„Laura – Das Juwel von Stuttgart“, Deutschland 2014. Regie Rosa von Praunheim. Mit  Laura Halding-Hoppenheit, Lilo Wanders, Gabriele Müller-Trimbusch, Sabine Constabel. 57 min.

Uraufführung am 1. Dezember, CinemaxX Stuttgart an der Liederhalle. Ab 19:30 Uhr Sektempfang, um 20 Uhr Diskussion mit Laura, Rosa von Praunheim und Vertretern der Gay-Community. 20:30 Uhr Beginn der Filmvorführung, zusammen mit Praunheims 15-minütigem Porträt des Dichters Mario Wirz, das wenige Wochen vor dessen Tod entstand.

Axel Schock

 

Rosa vom Praunheim stellt seine Dokumentation „Laura – Das Juwel von Stuttgart“ Aidshilfen und anderen HIV-Projekten kostenfrei für Vorführungen zur Verfügung. Interessierte wenden sich bitte an Markus Tiarks: mtiarks@me.com 

Weiterführender Link:

Mit Charisma, Herz und Verstand wider den „Horrrorrr“  – Porträt über Laura auf magazin.hiv anlässlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes

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Axel Schock

Axel Schock, freier Autor und Journalist, schreibt seit 2010 Beiträge für aidshilfe.de und magazin.hiv.

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