Kondom abgerutscht, gerissen oder einfach vergessen? Ist bei so einem „Safer-Sex-Unfall“ eine Person mit HIV beteiligt, die (mit großer Wahrscheinlichkeit) keine HIV-Therapie macht, kann eine Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) eine HIV-Infektion mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindern.

In den letzten Jahren aber gab es Verunsicherung hinsichtlich der Finanzierung. Ausdrücklich zugelassen sind die für die PEP verwendeten HIV-Medikamenten nämlich für diesen Zweck nicht.

HIV-PEP: Keine Sorgen bei leitliniengerechter Verordnung

„Der Gemeinsame Bundesausschuss sagt nun: Ärztinnen und Ärzte, die eine PEP nach der Leitlinie der medizinischen Fachgesellschaft verordnen, müssen sich keine Sorgen machen“ – so interpretiert es Armin Schafberger, Referent für Medizin und Gesundheitspolitik der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH). „Alle haben ein Interesse daran, dass diese wichtige Maßnahme HIV-Infektionen verhindert“, so Schafberger weiter – „in erster Linie natürlich die Menschen, die einen Safer-Sex-Unfall hatten, aber auch und gerade die Kassen, denn die lebenslange Behandlung einer Infektion kostet natürlich viel mehr Geld als die PEP.“

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), das oberste Gremium im selbstverwalteten deutschen Gesundheitswesen, verweist in einer am 17. April 2017 veröffentlichten Pressemitteilung darauf, dass eine HIV-PEP auch als Frühtherapie einer mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgten HIV-Infektion interpretiert werden kann.

Klare Leitlinien der Fachgesellschaften

Für die Beurteilung des Risikos gebe es konkrete Handlungsanleitungen in der gemeinsamen Leitlinie des deutschen und österreichischen Fachgesellschaften, so der G-BA-Vorsitzende Prof. Josef Hecken.

DAH-Medizinreferent Armin Schafberger bewertet die Aussagen des G-BA als „Meldung des Monats“: „Endlich ist Schluss mit der Unsicherheit, ob man bei einer PEP möglichweise mit Regressforderungen der Kassen rechnen muss. Das hat sogar dazu geführt, dass in manchen Fällen eine PEP nur auf Privatrezept verschreiben wurde, also selbst bezahlt werden musste. Nun sollte klar sein: Nach Sex mit hohem HIV-Risiko soll eine PEP empfohlen werden.“

PEP: Empfohlen bei hohem HIV-Risiko

„Hohes HIV-Risiko“ heißt dabei Analverkehr oder Vaginalverkehr mit einer bekanntermaßen HIV-positiven Person, die nicht wirksam behandelt wird und deren Viruslast über 1000 Kopien pro Milliliter Blut liegt.

Angeboten werden soll eine PEP, wenn die Viruslast der HIV-positiven Person zwischen 50 und 1000 Kopien liegt sowie bei unbekanntem HIV-Status des Partners oder der Partnerin in folgenden Fällen:

  • Analverkehr ohne Kondom zwischen Männern
  • Anal- oder Vaginalverkehr ohne Kondom mit intravenös Drogen konsumierenden Partner_innen, bisexuellen Partnern sowie Partner_innen aus Gegenden mit weiter HIV-Verbreitung (vor allem Subsahara-Afrika).

Bei einer Post-Expositions-Prophylaxe werden vier Wochen lang HIV-Medikamente eingenommen. Sie hindern HIV daran, sich im Körper festzusetzen.

Damit eine PEP wirkt, sollte sie so früh wie möglich begonnen werden – am besten innerhalb von zwei Stunden, sonst möglichst innerhalb von 24 Stunden, spätestens nach 48 Stunden.

Eine Übersicht über Stellen, in denen rund um die Uhr eine PEP zu bekommen ist, findet sich auf aidshilfe.de. Weitere Informationen: https://www.aidshilfe.de/PEP.

(hs)

Pressemitteilung des Gemeinsame Bundesausschusses Nr. 13/2018 vom 17.4.2019

Deutsch-Österreichische Leitlinien zur Postexpositionellen Prophylaxe der HIV-Infektion (2013)

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Holger Sweers

Holger Sweers, seit 1999 als Lektor, Autor und Redakteur bei der Deutschen Aidshilfe, kümmert sich um die Redaktionsplanung des Magazins.

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