HIV-Forschung: Was war neu auf der CROI 2025?

Vom 9. bis 12. März 2025 fand in San Francisco die wichtige internationale HIV-Konferenz CROI statt. Wir stellen wichtige Themen und Erkenntnisse für Menschen mit HIV vor.
Die CROI („Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections“) zählt zu den bedeutendsten internationalen HIV-Konferenzen. Jedes Jahr kommen dort Wissenschaftler*innen, Ärzt*innen, Aktivist*innen und Menschen mit HIV zusammen, um aktuelle Forschungsergebnisse zu diskutieren. Die CROI 2025 fand vom 9. bis 12. März in San Francisco statt – mit über 1.000 Vorträgen und Postern zu Themen wie Behandlung, Vorbeugung, Heilung und gesellschaftliche Fragen rund um HIV.
Allerdings konnten viele Wissenschaftler*innen aus den USA – insbesondere von der Gesundheitsbehörde NIH und von Universitäten – aufgrund von Exekutivanordnungen von Donald Trump nicht teilnehmen. Vorträge mussten gestrichen, Poster zurückgezogen werden. Das unterstreicht, wie der politische Kurs der neuen US-Regierung nicht nur die weltweite Unterstützung für Menschen mit Krankheiten wie HIV, Malaria oder Tuberkulose gefährdet, sondern auch die Forschung im eigenen Land beschneidet. Dies führte zu intensiven Diskussionen, teils erschütternden Redebeiträgen auf der Konferenz sowie zu einer Demonstration gegen die Kürzungen.
Langzeit-Medikamente: Fortschritte für Therapie und Prävention
Lenacapavir, ein langwirksames HIV-Medikament, das nur alle sechs Monate unter die Haut gespritzt werden muss, zeigte in aktuellen Studien eine beeindruckende Wirksamkeit – sowohl zur Behandlung als auch zur Vorbeugung (PrEP). Derzeit wird eine neue Formulierung untersucht, die nur noch einmal jährlich verabreicht werden müsste. Zwei Varianten, bei denen jeweils 5 ml in den Muskel injiziert werden, werden derzeit getestet (nicht ganz schmerzfrei…). Das könnte bedeuten: weniger Pillen, weniger Sorgen – und mehr Freiheit im Alltag, sofern der Hersteller einen bezahlbaren Preis anstrebt.
Quellen
Jogiraju V et al. Pharmacokinetics and Safety of Once-Yearly Formulations of Lenacapavir. CROI 2025. Oral abstract 154.
www.croiconference.org/abstract/1778-2025
Jogiraju V et al. Pharmacokinetics and safety of once-yearly lenacapavir: a phase 1, open-label study. The Lancet. (11 March 2025).
www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(25)00405-2/fulltext
Breit neutralisierende Antikörper (bnAbs)
Auf der CROI 2025 wurden einige Studien vorgestellt, die den Einsatz breit neutralisierender Antikörper für die Behandlung und Prävention der HIV-Infektion untersuchten.
[Anm. d. Red.: Antikörper gegen HIV werden nach einer Infektion vom menschlichen Immunsystem produziert. Nur wenige können HIV aber wirklich hemmen oder „neutralisieren“, indem sie an bestimmte Stellen „andocken“, die das Virus eigentlich zur Infektion menschlicher Zellen braucht. Breit neutralisierende Antikörper werden nur bei etwa einem Prozent der Menschen mit HIV produziert; sie „erkennen“ besonders viele verschiedene HIV-Stämme, weil sie auf Virusregionen abzielen, die sich genetisch kaum verändern.]
Die Behandlung mit bnAbs soll die Virenvermehrung unterdrücken, Virusmutationen verhindern und möglicherweise eine Art „HIV-Impfung nach Infektion“ ermöglichen.
RIO-Studie
Besonders bemerkenswert war die RIO-Studie: Die randomisierte (1:1) placebokontrollierte Studie untersucht, ob Teilnehmer (nur cis Männer), die zwei langwirksame bnAbs (Arm A) erhalten, während einer analytischen Therapiepause (analytical treatment interruption, ATI) länger die Unterdrückung der Virenvermehrung ohne ART aufrechterhalten können als Teilnehmer, die ein Placebo erhalten (Arm B). Analytische Therapiepause heißt: Während die HIV-Therapie pausiert, also keine Medikamente genommen werden, wird analysiert, ob, wann und ggf. wie stark sich HIV wieder vermehrt. Zu den Kriterien für den Neustart der ART während der ATI gehörten eine Zahl von >1.000 HIV-Kopien/ml Blutplasma über sechs Wochen oder eine bestätigte Zahl von >100.000 Kopien/ml. Als primärer Endpunkt wurde der Verlust der Virusunterdrückung bis zur Woche 20 nach Beginn der ATI gesetzt. Die Studie umfasste darüber hinaus die Option einer zweiten Reihe von bnAb-Infusionen nach Wiederaufnahme der HIV-Therapie, und zwar für Teilnehmer in beiden Armen, also auch für die Personen in Arm B, die zuvor ein Placebo erhalten hatten.
An der RIO-Studie teilnehmen konnten nur Menschen mit HIV, die schon in einer frühen Phase der Infektion [Anm. d. Red.: innerhalb von drei Monaten nach der akuten HIV-Infektion, also etwa dreieinhalb bis vier Monate nach der Ansteckung] mit einer antiretroviralen Therapie begonnen hatten und bei denen die Zahl der HIV-Kopien in den 12 Monaten vor der Studie durchgängig unter der Nachweisgrenze der gängigen Verfahren lag.
Die beiden eingesetzten langwirksamen bnAbs tragen die Bezeichnungen 3BNC117-LS und 10-1074-LS (sie wurden inzwischen zur Weiterentwicklung an Gilead lizenziert); vor Beginn wurde eine Resistenzuntersuchung für 10-1074 durchgeführt. Bei 63 der 68 (93%) in die Studie Aufgenommenen (145 wurden gescreent) wurde zu Studienbeginn eine Empfindlichkeit gegenüber 10-1074 vorhergesagt, bei 7% (5/68) ließ sich der Resistenztest nicht durchführen.
Alle Teilnehmer waren cis Männer von 22 bis 58 Jahren (Median: 39 Jahre), die CD4-Zellzahl lag bei Studienbeginn zwischen 272 und 1468/mm³ (Median: 800 Zellen/mm³).
In Woche 20 nach der analytischen Therapieunterbrechung lag die Zahl der HIV-Kopien bei fast zwei Dritteln der Teilnehmer in Arm A (22 von 34 = 64,7%) immer noch unter der Nachweisgrenze – im Vergleich zu 8,8% in Arm B (3/34). Selbst nach 72 Wochen war dies in Arm A noch bei 20,6% der Fall (7/34), in Arm B bei 5,9% (2/34). Nach 120 Wochen hatte die HIV-Vermehrung bei jeweils zwei Teilnehmern in Arm A und B noch nicht wieder eingesetzt und nach 144 Wochen bei jeweils einem Teilnehmer.
Drei Muster bei der Virusvermehrung nach Absetzen der HIV-Medikamente
Es gab im Wesentlichen drei Muster von Reaktionen der Virusvermehrung nach Absetzen der ART: schneller Anstieg der HIV-Kopien (8/34), verzögerter Anstieg (14/29) und lang anhaltende Viruskontrolle bis zu 72 Wochen (und zum Teil länger; 7/29).
Interessanterweise hatten auch zwei Teilnehmer im Placebo-Arm mehr als zwei Jahre lang eine nicht nachweisbare Zahl von HIV-Kopien im Blut – ihr Immunsystem unterdrückte also die HIV-Vermehrung, obwohl die Teilnehmer weder HIV-Medikamente noch bNAbs im Körper hatten. Dies zeigt die Bedeutung randomisierter Studien mit Kontrollarmen in der heilungsbezogenen Forschung. Es zeigt aber auch – erneut –, dass es für Menschen mit HIV vorteilhaft ist, die Behandlung so früh wie möglich nach der Diagnose zu beginnen.
Gute Verträglichkeit, „impfstoffähnliche Wirkung“ und Reduzierung der HIV-Reservoire
Die Antikörper waren gut verträglich. Zwar wurden neun schwerwiegende unerwünschte Ereignisse einschließlich eines Todesfalls dokumentiert, doch standen diese laut den Studienautor*innen nicht im Zusammenhang mit den Antikörpern, der analytischen Therapiepause oder dem Studienprotokoll.
Allerdings gab es bei fünf Teilnehmern während der analytischen Therapieunterbrechung einen Wiederanstieg der HIV-Vermehrung (Rebound) auf über 1 Million Kopien/ml, bei einem davon sogar auf 10 Millionen/ml. Bei all diesen Teilnehmern wurde die Virusvermehrung durch die Wiederaufnahme der ART wieder unterdrückt, doch dauerte dies in einem Fall 24 Wochen. Bei der Vorstellung der Studienergebnisse und einer Pressekonferenz dazu wurde daher auch ein Dank an die Teilnehmer ausgesprochen, die Risiken für ihre eigene Gesundheit in Kauf genommen hatten (wie auch die Tatsache, dass sie sexuell wieder infektiös wurden), um die Studie überhaupt zu ermöglichen.
Dass bnAbs die Virusunterdrückung aufrechterhalten können, hatten bereits frühere Studien gezeigt. Die RIO-Studie ist aber die erste, die eine impfstoffähnliche Immunantwort nach Gabe von bnAbs zeigt: Personen, die bnAbs erhielten, entwickelten stärkere Immunaktivierungsmarker als die Placebo-Empfänger, und diese verstärkten Immunantworten gegen HIV waren mit einer besseren Unterdrückung der Virusvermehrung verbunden. Außerdem waren bei den meisten Teilnehmern nach bnAbs-Gabe die HIV-Reservoire (latent infizierte Zellen) deutlich reduziert.
Unterdrückung der HIV-Vermehrung nach Placebo- und dann Antikörpergabe
Spannend ist der Fall eines Teilnehmers aus dem Studienarm B, der zuerst das Placebo und in der zweiten Runde dann breit neutralisierende Antikörper bekam. Er war 2017 während der akuten HIV-Infektion diagnostiziert worden – mit 55.000 HIV-Kopien/ml – und hatte innerhalb von drei Wochen mit einer HIV-Therapie begonnen. Nach dem Absetzen der HIV-Medikamente im Rahmen der RIO-Studie fing bei ihm die HIV-Vermehrung wieder an: Vier Wochen nach Beginn der analytischen Therapieunterbrechung lag die Zahl der HIV-Kopien pro Milliliter Blut bei 6.225.
Er erhielt dann die beiden bnAbs und begann erneut mit einer ART für sechs Monate, bevor er eine zweite ATI machte. Auch diesmal stieg die Zahl der HIV-Kopien wieder an und blieb 20 Wochen lang nachweisbar, jedoch auf niedrigerem Niveau (Spitzenwert 1.893 Kopien/ml). Anschließend aber sank die Kopienzahl spontan auf unter 20 /ml und blieb so niedrig – bis zur Vorstellung des Falls auf der CROI schon ungefähr zwei Jahre lang. Während dieser Zeit waren weder die beiden bnAbs noch HIV-Medikamente im Blut nachweisbar, und nach der zweiten Therapieunterbrechung hatte sich beim Patienten eine Resistenz gegen einen der bnAbs (10-1074) entwickelt. Die Viruskontrolle muss also durch sein eigenes Immunsystem erfolgt sein.
Während der zweiten ATI wurden neue HIV-spezifische Immunantworten nachgewiesen und das HIV-Reservoir nahm von 2,1 intakten proviralen DNA-Kopien/Million CD4-T-Zellen zu Studienbeginn auf 0,58 Kopien/ml in Woche 37 nach der zweiten ATI ab [Anm. d. Red.: proviral steht für Virus-Erbsubstanz, die in die DNA der menschlichen Wirtszelle integriert ist].
Quellen und weitere Informationen
Fidler S et al for the RIO Trial Investigators. RIO: A Randomised Placebo-Controlled Study of 2 LS-bNAbs in People Treated in Early HIV. CROI 2025. Late-breaking oral abstract 107.
https://www.croiconference.org/abstract/3760-2025/ (Abstract)
https://www.croiwebcasts.org/console/player/54102?mediaType=slideVideo& (Webcast)
Frater J et al for the RIO Trial Investigators. Sustained Post-Rebound HIV Remission With Enhanced T-Cell Immunity After LS-bNAbs: A Case Report. CROI 2025. Poster abstract 505.
https://www.croiconference.org/abstract/2238-2025/
Altaf M et al for the RIO Trial Investigators. Sustained T Cell–Mediated Immunity After LS-bNAbs in the RIO Trial: A Vaccinal Effect. CROI 2025. Poster abstract 506.
https://www.croiconference.org/abstract/3809-2025/
FRESH-Studie
Eine zweite Studie mit ähnlichem Ansatz ergab ähnliche Ergebnisse. Sie basiert auf der südafrikanischen FRESH-Kohorte, in der Frauen mit HIV-Risiko alle zwei Wochen getestet und bei einem HIV-positiven Ergebnis sofort behandelt werden. Die auf der CROI präsentierte Antikörper-Studie untersuchte 20 afrikanische Frauen mit früher HIV-Infektion aus dieser Kohorte, die bis zu zehn orale Dosen des Immunmodulators Vesatolimod erhielten (an Tag 1 sowie im Folgenden alle zwei Wochen) und eine Infusion mit zwei bnAbs erhielten (an Tag 7). Fünf Wochen nach der ersten Vesatolimod-Gabe unterbrachen die Frauen ihre HIV-Therapie und nahmen sie erst wieder auf, wenn bei ihnen über acht Wochen oder länger 1.000 HIV-Kopien/ml oder sobald 100.000 Kopien nachweisbar waren oder wenn die CD4-Zellzahl unter 350 sank.
Auch hier waren drei verschiedene Muster erkennbar: Ein früher viraler Rebound innerhalb der ersten acht Wochen der ATI bei 35 % (n=7/20), ein verzögerter viraler Rebound bei ebenfalls 35 % (7/20) – die Personen aus beiden „Gruppen“ nahmen zwischen den Wochen 16 und 24 die HIV-Behandlung wieder auf – und eine ausbleibende Virenvermehrung bis zur Woche 48 bei 30 % (n=6/20). Bei vier Teilnehmerinnen aus der letzten Gruppe gab es am vorgesehenen Ende des Studienzeitraums (nach 55 Wochen Therapieunterbrechung) weiterhin keine Virenvermehrung. Zum Zeitpunkt der Berichtsveröffentlichung lag der Median der Zeit ohne HIV-Medikamente bei 1,5 Jahren, bei einer Frau dauerte die Therapiepause 2,4 Jahre. Inwieweit der Immunmodulator Vesatolimod zu diesem Ergebnis beitrug, muss noch untersucht werden.
Quelle und weitere Informationen
Ndung’u T et al for the FRESH study. Evaluation of 2 bNAbs Plus Vesatolimod in Early-Treated South African Women With HIV-1 During ATI. CROI 2025. Oral abstract 105.
www.croiconference.org/abstract/2240-2025 (Abstract)
Neue Wirkstoffe in der Entwicklung
Neben den bekannten HIV-Medikamenten ist eine neue Generation von Wirkstoffen in der Pipeline – mit dem Ziel, die Therapie seltener einnehmen bzw. verabreichen zu müssen und sie dabei besser verträglich und resistenzsicherer zu machen.
Dazu gehören:
- MK-8527 – diese Substanz ist die „Schwester“ von Islatravir, soll aber nicht die ungünstigen Auswirkungen auf weiße Blutkörperchen in höherer Dosierung aufweisen
- VH-499 – ein neuer Kapsidinhibitor, ebenfalls mit langer Verweildauer
- GS-1720 – ebenfalls ein neuer Integrasehemmer mit langer Verweildauer
Diese Substanzen haben das Potenzial, eine orale Therapie seltener als einmal täglich zu ermöglichen, oder eine Behandlung in Spritzenform mit noch seltener Anwendung (bis zu mehreren Monaten).
MSD gab positive Ergebnisse aus zwei Phase-3-Studien mit dem einmal täglich oral einzunehmenden Zwei-Wirkstoff-Regime Doravirin/Islatravir (DOR/ISL) bei Erwachsenen mit HIV-1-Infektion bekannt. DOR/ISL erwies sich bei der Unterdrückung der Viruslast bis Woche 48 als „nicht unterlegen“ und wies ein ähnliches Sicherheitsprofil wie antiretrovirale Vergleichstherapien auf. Merck plant, bis Mitte 2025 einen Antrag auf Marktzulassung zu stellen.
Daten zu älteren Medikamenten
Zahlreiche Studien beschäftigten sich mit bereits zugelassenen Wirkstoffkombinationen. Eine deutsche Arbeit untersuchte, ob bei Menschen, die bereits bei Therapiebeginn eine fortgeschrittene HIV-Infektion hatten (über 1.000 Kopien/ml plus eine aidsdefinierende Erkrankung oder eine schwere bakterielle Infektion und < 200 CD4-Zellen/µl oder symptomlos und < 100 CD4-Zellen/µl), eine Kombination auf Basis des Integrasehemmers Biktarvy® oder eine proteasehemmerbasierte Therapie mit Symtuza® vorteilhafter ist. Das Ergebnis: Biktarvy® war „nicht unterlegen“, die Zahl der HIV-Kopien sank unter Biktarvy® schneller (auch wenn das Ergebnis nach 48 Wochen ähnlich war) und die Kombination mit Biktarvy® hatte weniger Nebenwirkungen.
Quelle
Quelle:
Behrens G et al, Integrase Inhibitor- Versus Protease Inhibitor-Based Therapy for People With Advanced HIV-Disease, Abstract 658, CROI 2025
https://www.croiconference.org/abstract/3751-2025/
Zwei weitere mögliche „Heilungen“ nach Stammzelltransplantation
Auch zwei neue Fälle von HIV-Remission nach Stammzelltransplantationen wurden vorgestellt.
„Chicago-Patient“
Beim „Chicago-Patienten“ handelt es sich um einen 67-jährigen Mann, der seit 14 Jahren mit HIV lebte, als bei ihm ein Lymphom (AML) diagnostiziert wurde. Er unterzog sich einer Konditionierungstherapie mit reduzierter Intensität, gefolgt von einer Transplantation von Stammzellen eines nicht verwandten Spenders mit einer doppelten CCR5-delta32-Mutation. [Anm. d. Red.: Das heißt, dass der Spender aufgrund einer sowohl vom Vater als auch von der Mutter geerbten Genmutation kein funktionierendes CCR5-Protein bilden kann. Menschen mit diesem Defekt sind gegen eine Ansteckung mit den meisten HIV-Varianten immun. Allerdings gab es mit dem „Genfer Patienten“ auch einen Fall einer Heilung nach Stammzelltransplantation ohne CCR5-Mutation.] Ein Jahr später waren die HIV-Kopien im Plasma, die HIV-RNA und -DNA in peripheren Blutzellen und die HIV-spezifischen CD4- und CD8-T-Zell-Reaktionen nicht mehr nachweisbar und seine HIV-Antikörperspiegel waren niedrig, so dass er 15 Monate nach der Transplantation die antiretroviralen Medikamente absetzte.
Nach etwa zwei Monaten stieg die Viruslast im Plasma des Mannes wieder auf fast 800 Kopien an und er begann erneut eine Behandlung. Trotz des Rebounds blieben HIV-RNA und -DNA in peripheren Blutzellen des Spenders nicht nachweisbar und die HIV-spezifischen T-Zell-Reaktionen und Antikörperspiegel stiegen nicht an. Dies deutet darauf hin, dass das wiederauflebende Virus aus einem Restreservoir von Zellen stammte, die vor der Transplantation infiziert worden waren, aber seine neuen Zellen waren geschützt.
Nachdem der Mann fast zwei Jahre lang wieder eine ART genommen hatte, versuchte er eine zweite Behandlungsunterbrechung und war zehn Monate später immer noch in Remission. Dies ist der erste bekannte Fall einer anhaltenden Remission nach einem viralen Rebound während einer ersten Behandlungsunterbrechung nach einer Stammzelltransplantation und lässt vermuten, dass ein früher Rebound die Möglichkeit einer funktionellen Heilung nicht ausschließt, so die Studie.
Quelle und weitere Informationen
Rubinstein P et al, Sustained HIV Remission Despite Transient Rebound Viremia After a CCR5∆32/∆32 Stem Cell Transplant, Abstract 531, CROI 2025
https://www.natap.org/2025/CROI/croi_75.htm
„Oslo-Patient“
Beim zweiten Fall, „Oslo-Patient“ genannt, handelt es sich um einen 58-jährigen Mann, der ebenfalls 14 Jahre lang HIV-positiv war, bevor bei ihm das myelodysplastische Syndrom diagnostiziert wurde, eine Vorstufe der AML. Der Patient, der eine einzelne Kopie der CCR5-delta32-Mutation hatte, erhielt ein Transplantat von einem Bruder mit einer Doppelmutation. Nach der Transplantation entwickelte der Mann eine schwere und lange anhaltende Immunreaktion, die von den übertragenen Zellen ausging. Die Reaktion wurde mit immunsuppressiven Medikamenten behandelt, darunter der JAK-Inhibitor Ruxolitinib, den auch der „Genfer Patient“ erhielt. Die Tests zeigten, dass die Spenderzellen sein Immunsystem vollständig ersetzt hatten.
Die Zahl der HIV-Kopien im Plasma des Mannes blieb unter der Nachweisgrenze und er setzte zwei Jahre nach der Transplantation die antiretroviralen Medikamente ab. Zwei Jahre nach der Unterbrechung der Behandlung liegt die Zahl der HIV-Kopien im Plasma immer noch unter der Nachweisgrenze, die HIV-spezifischen CD4- und CD8-T-Zell-Reaktionen sind nicht vorhanden und seine HIV-Antikörperspiegel nehmen ab, was darauf hindeutet, dass tatsächlich kein intaktes Virus mehr vorhanden ist. Obwohl Spuren von HIV-DNA im lymphatischen Gewebe des Darms nachgewiesen wurden, fand sich keine intakte HIV-DNA in seinem Blut oder Darm, und in einem Anzuchtversuch wurde kein vermehrungsfähiges Virus nachgewiesen.
Quelle und weitere Informationen
Trøseid M et al, HIV Remission After Allogeneic Hematopoietic Stem Cell Transplant, Abstract 532, CROI 2025
https://www.croiconference.org/abstract/3818-2025/
Altern mit HIV: Menopause, Herz und Knochengesundheit – Frauen in den Wechseljahren besonders betroffen
Einige Abstracts beleuchteten, dass Wechseljahre bei Frauen mit HIV oft früher und stärker auftreten – mit mehr Stimmungsschwankungen, Schlafproblemen und gesundheitlichen Folgen. Besonders wichtig: Die Menopause kann das Risiko für Osteoporose und Herzkrankheiten erhöhen. Viele Frauen fühlen sich mit diesen Themen alleingelassen – dabei brauchen sie gezielte Unterstützung und Aufklärung.
Doch Achtung: In Deutschland wird z. B. die Knochendichtemessung nur in klaren Risikofällen von der Krankenkasse bezahlt. Viele müssen diese selbst finanzieren – hier lohnt sich die Nachfrage bei der Kasse.
Quellen und weitere Informationen
Redaktion: Holger Sweeers
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