In Aktion gegen antischwule Gewalt und Diskriminierung: „An die Arbeit!“
Der 17.5 ist der Internationale Tag gegen Homophobie. Heute startete die Aktion „MIR REICHT’S! Meine Würde ist unantastbar“ von unserer Kampagne ICH WEISS WAS ICH TU. Mit dabei: Alexander Freier. Schwulenfeindliche Gewalt hat er am eigenen Leib erlebt – und macht sich schon lange dagegen stark
Die Verletzungen auf unseren Fotos hat ein Visagist hervorgebracht. Aber die Narbe, die Alexander Freier täglich an seinem Kopf sieht, ist echt: Mit 15 wurde er brutal verprügelt. Zu „MIR REICHT’S!“ mussten wir ihn da nicht lange überreden. Bisher engagierte er sich unter anderem als Mitbegründer der Aktion „Schule ohne Rassismus/Schule mit Courage“ (SOR-SMC) und als SPD-Abgeordneter im Bezirksparlament von Berlin-Treptow/Köpenick. Dort ist er der jugendpolitische Sprecher seiner Fraktion.
Alex, warum bist du jetzt bei unserer Aktionskampagne gegen Homophobie dabei?
Weil ich das Konzept unmittelbar verstanden habe und großartig finde! Einer der Hauptgründe für Homophobie ist mangelnde Sichtbarkeit. Homophobe Menschen kennen oft keine Schwulen. Und haben ein ganz verschrobenes Bild von Homosexualität im Kopf. Das macht ihnen Angst, und aus Angst entsteht Gewalt.
Das heißt, wir brauchen mehr Sichtbarkeit?
Ich freue mich, dass ich hier ganz konkret was tun konnte, einfach indem ich mein Gesicht in eine Kamera gehalten habe und sage: ‚Guten Tag. Ich bin schwul. Du findest mich ganz normal? Super. Dann kannst du ja nett zu mir sein.‘ Für die meisten Heterosexuellen, den Großteil der Gesellschaft, ist die Situation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans* doch normalerweise kein Thema. Das ändert sich durch die beeindruckenden Kampagnenmotive hoffentlich ein bisschen!
Wie findest du den Slogan: „MIR REICHT’S!“?
Der hat ja auch noch einen zweiten Teil: „Meine Würde ist unantastbar.“ Es ist gut, diese Aussage zu treffen und mit einer Forderung zu verknüpfen. Wir müssen unsere seelische, geistige und körperliche Unversehrtheit von der Gesellschaft einfordern, können aber auch selbst einiges dafür tun. Wer sich wehrt und versucht, unhaltbare Zustände zu verändern, ist kein Opfer – im Gegenteil!
Du bist bei „Schule ohne Rassismus/Schule mit Courage“ (SOR/SMC) engagiert. Welche Erfahrungen machst du da mit Homophobie?
Es gibt inzwischen gut 800 Schulen, die unser Label bekommen haben, aber auch wenn ich an diesen Schulen unterwegs bin, werde ich oft mit homophoben Äußerungen konfrontiert. Ich mache das ganz bewusst zum Thema, einfach indem ich meine eigene Sexualität nicht verstecke. Ich höre dann oft solche Dinge wie „Du bist ja ganz normal, aber andere Schwule sind doch echt eklig.“ Auf Nachfrage stellt sich dann heraus, dass das Schwulenbild dieser Jugendlichen nur von Bildern aus den Medien bestimmt wird, die eben oft Klischees reproduzieren oder sensationslüstern berichten. Ein einziger echter Schwuler bringt da jahrelang gepflegte Vorurteile zum Einsturz. Auch hier kann die Kampagne wirken.
Was sagst du zu der These, dass mehr Sichtbarkeit mehr Homophobie erzeugt?
Meine Erfahrung ist eine andere. Wenn Sichtbarkeit Gewalt hervorruft, ist das natürlich nicht gut, aber die schwulenfeindlichen Einstellungen hatten die Leute ja schon vorher. Die negative Reaktion auf sichtbare Schwule zeigt: Die Leute haben falsche Bilder im Kopf. Und die kann man beeinflussen und ändern. Also an die Arbeit!
Hast du selbst schon Erfahrungen mit homophober Gewalt machen müssen?
Ja. Als ich klein war, so 15, war ich auch schon offen schwul und bin deswegen mal von zwei Jungs verprügelt worden, ziemlich brutal sogar. Ich habe deswegen eine Narbe am Kopf. Die ist zwar gut verheilt, aber ich sehe sie jeden Tag und werde so daran erinnert. Ein Grund mehr, etwas dafür zu tun, dass solche Erfahrungen anderen 15-Jährigen – und allen anderen – erspart bleiben.
(Interview: Paul Schulz)
Pressemitteilung der Deutschen AIDS-Hilfe zum Internationalen Tag gegen Homophobie 2011
Die Aktionskampagne auf der Website von ICH WEISS WAS ICH TU (www.iwwit.de)
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