AUSBLICK

Da kommt was auf uns zu!

Von Axel Schock
2013 wird die DAH 30 Jahre alt. Doch nicht nur dieses Jubiläum, sondern eine ganze Reihe weiterer Themen und Ereignisse werden die politische Agenda wie auch die Berichterstattung auf aidshilfe.de bestimmen. Das Redaktionsteam hat die wichtigsten Schwerpunkte und zu erwartenden Debatten für 2013 zusammengestellt.

Respekt und Akzeptanz in der Schwulenszene

„Selbstbewusst! Einzigartig!“ Unter diesem Motto steht die Bilder- und Anzeigenaktion der Präventionskampagne ICH WEISS WAS ICH TU von Mitte Januar bis März. Zu sehen sind ganz unterschiedliche Menschen, jeder auf seine Art einzigartig und selbstbewusst. Sie respektieren sich gegenseitig – und sie verdienen Respekt.

IWWIT
Motiv der neuen Aktion der Kampagne ICH WEISS WAS ICH TU

Zu Recht fordern schwule Männer von der Gesellschaft die Akzeptanz unterschiedlicher Lebensentwürfe und Lebensstile. Aber wie sieht es damit in der Schwulenszene aus: Akzeptiert man sich denn dort gegenseitig? Und wie steht es um die Selbstakzeptanz? Die ersten Reaktionen auf die neue Facebook-Aktion zum Thema zeigen, dass die Frage der Akzeptanz innerhalb der Community vielen auf den Nägeln brennt. Mit Fotos, Beiträgen und Interviews soll auf der Facebook-Seite von ICH WEISS WAS ICH TU eine Diskussion hierzu angestoßen werden.

Nichtinfektiosität und Viruslastmethode

„Eine HIV-infizierte Person … unter einer antiretroviralen Therapie (ART) mit vollständig supprimierter Virämie … ist sexuell nicht infektiös.” In diesem für medizinische Laien nicht gerade leicht verständlichen Satz steckt die Kernbotschaft der am 30. Januar 2008 veröffentlichten Erklärung der Eidgenössischen Aids-Kommission EKAF: Eine wirksame HIV-Therapie senkt die Viruslast unter die Nachweisgrenze, sodass die Behandelten sexuell nicht mehr ansteckend sind.

Nachweisgrenze
Mit der Kombitherapie unter der Nachweisgrenze. Foto: segovax, pixelio.de

Was diese Erkenntnis für das Leben mit HIV, aber auch für Prävention und Behandlung bedeutet, ist bis heute noch nicht abschließend diskutiert. In unserem Blog werden wir das Thema „Nichtinfektiosität und Viruslastmethode” in einem Dossier vertiefen.

Frühjahrs-Check

„20 Sekunden für deinen Arsch!“ lautet das Motto der diesjährigen Testwochen der Kampagne ICH WEISS WAS ICH TU. Im Fokus stehen Tripper und Chlamydien, die zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen gehören. Weil sie im Rachen oder Enddarm meist ohne Beschwerden verlaufen, bleiben sie oft unbemerkt. Doch in jedem Fall erhöhen sie das Risiko einer HIV-Übertragung, weil die entzündete Schleimhaut durchlässiger für HIV ist.

 

Ausschnitt aus dem Kampagnenmotiv von IWWIT
Ausschnitt aus dem Motiv der diesjährigen Testwochen

Ein Analabstrich ist unkompliziert und schafft Klarheit. Mit Informationen hierzu auf iwwit.de und einem bundesweiten Testangebot vom 1. April bis 17. Mai will ICH WEISS WAS ICH TU die Testbereitschaft stärken.

Mehr Gleichberechtigung für homosexuelle Paare

Die Mehrheit des Bundestags hatte bei einer namentlichen Abstimmung im vergangenen Juni gegen die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare gestimmt. In der CDU wiederum wurde die Debatte über die steuerliche Gleichberechtigung erst einmal vertagt. Klarheit und wahrscheinlich auch einen „konkreten Handlungsauftrag“ an die Regierung werden zwei für dieses Jahr erwartete Urteile des Bundesverfassungsgerichts bringen. Die Karlsruher Richter werden darüber entscheiden, ob das sogenannte Ehegattensplitting auch für homosexuelle Paare gelten muss und das bisherige Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Partnerschaften verfassungswidrig ist. Bei einer mündlichen Verhandlung im Dezember hatten sich fast alle Experten dafür ausgesprochen, Homosexuellen eine Adoption auch dann zu ermöglichen, wenn ihr/e Lebenspartner/in das Kind zuvor selbst adoptiert hat.

Neues aus der Forschung

Der Deutsch-Österreichische Aids-Kongress (DÖAK), die größte Fachveranstaltung zu HIV und Aids im deutschsprachigen Raum, steht in diesem Jahr unter dem Slogan „Begegnen – Verstehen – Bewegen“. Themenschwerpunkte des Kongresses vom 12. bis 15. Juni 2013 in Innsbruck sind unter anderem Hepatitis C, sexuell übertragbare Ko-Infektionen und „Altern mit HIV“. Unter dem Motto „Unter der Nachweisgrenze geht’s weiter“ sollen außerdem die Erkenntnisse zur Nichtinfektiosität erfolgreich therapierter HIV-Positiver und die Folgen für Behandlung und Prävention diskutiert werden. Auf aidshilfe.de werden wir ausführlich über die wichtigsten Konferenzbeiträge berichten.

Rund 4.000 Aids-Experten werden bei der CROI in Atlanta zusammenkommen (Foto: Daniel Mayer)
Rund 4.000 Experten werden zur CROI nach Atlanta kommen. Foto: Daniel Mayer

Interessantes und Wegweisendes wird auch von der 20. Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections (CROI) vom 3. bis 6. März in Atlanta erwartet. Über 4.000 Wissenschaftler/innen und Kliniker/innen werden dort über neue Forschungsergebnisse zu Retroviren und opportunistischen Erregern sowie zur Prävention und Behandlung dieser Infektionen diskutieren.

Traurig, aber wahr – Depressionen werden schlecht behandelt

Die Depression zählt mittlerweile zu den Volkskrankheiten. Menschen mit HIV sind überproportional häufig davon betroffen, aber nur die wenigsten erhalten eine fachgerechte Behandlung: Zu groß ist die Scham der Betroffenen, sich Unterstützung zu holen, und zu mächtig ist das Tabu, mit dem seelische Erkrankungen auch heute noch belegt sind. Auf dem Deutsch-Österreichischen Aids-Kongress (siehe oben) wird es daher am 12. Juni einen Workshop zu „HIV und Depression“ geben.

Die DAH befasst sich mit dem Thema schon seit geraumer Zeit, veranstaltet dazu regionale Seminare und bietet die Broschüre „Depression?“an. Auch 2013 bleiben wir am Ball und werden auf aidshilfe.de ein Dossier zu dieser seelischen Erkrankung veröffentlichen.

Wir haben die Wahl

Im September wird ein neuer Bundestag gewählt. Mit ihren Stimmen entscheiden die Wähler auch darüber, wie die Gesundheits- und Sozialpolitik in den folgenden vier Jahren aussehen wird.

Am 22. September wird der Bundestag gewählt (Foto: Luukas_wikimedia.org)
Am 22. September wird der Bundestag gewählt. Foto: Luukas, wikimedia.org

Die DAH wird auf der Grundlage ihres Strategiepapiers „Einen neuen Aufbruch wagen – selbstbestimmt, solidarisch, emanzipatorisch“ Wahlprüfsteine aufstellen und Vertreter/innen der Parteien um Stellungnahme dazu bitten. Zum Beispiel werden wir fragen, wie die Politiker/innen zur Entstigmatisierung und Entkriminalisierung von Menschen mit HIV beitragen wollen, inwieweit sie communitynahe Angebote der HIV/STI- und Hepatitis-Prävention ausbauen und sichern werden oder was sie zu tun gedenken, damit Menschen ohne Papiere gleichen, kostenlosen und bei Bedarf auch anonymen Zugang zur gesundheitlichen Versorgung erhalten.

Ein neues Gesicht für ICH WEISS WAS ICH TU

Am 13. Oktober 2013 feiert die Kampagne ICH WEISS WAS ICH TU ihren 5. Geburtstag. Zu diesem Jubiläum bekommt die Website iwwit.de einen neuen Anstrich: Sie wird schlanker und nutzerfreundlicher, erhält ein neues Design und neue Features, und die Rollenmodelle als „Türöffner“ für Themen und Botschaften rücken noch stärker in den Fokus. Die Social Media werden dabei eine noch wichtigere Rolle spielen als bisher, und natürlich wird auch die optimale Darstellung unserer Themen auf mobilen Endgeräten nicht fehlen. Man darf gespannt sein.

Älterwerden mit HIV und Aids

Wie lebt es sich heute mit HIV? An dieser Frage muss sich die Arbeit der Aidshilfen immer wieder neu orientieren. Wichtige Daten dazu soll die erste bundesweite Studie zum Älterwerden mit dem Virus liefern, die im Januar 2013 am Arbeitsbereich Public Health der Freien Universität Berlin gestartet ist. Finanziert wird das Vorhaben durch die H.W. & J. Hector-Stiftung.

 „50plusHIV“ – eine wegweisende Studie zur Lebenssituation älterer HIV-Positiver (Foto: wilhei55/flickr.com)
„50plusHIV“ – eine wegweisende Studie zur Lebenssituation älterer HIV-Positiver. Foto: wilhei55, flickr.com

Die Studie „50plusHIV – psychosoziale Aspekte des Älterwerdens mit HIV/Aids in Deutschland“ wird per Fragebogen durchgeführt und richtet sich an die immer größer werdende Gruppe der in Deutschland lebenden Positiven ab 50 Jahren. Erhoben werden Informationen zur Lebenssituation, Gesundheit und Lebensqualität, um so den Unterstützungs- und Versorgungsbedarf identifizieren zu können. Ergänzt werden soll die Fragebogenstudie aller Voraussicht nach durch Interviews. Mehr Informationen dazu gibt es in Kürze unter www.50plushiv.de.

Eine runde Sache – die Deutsche AIDS-Hilfe wird 30

Wir sind stolz auf drei Jahrzehnte erfolgreiche Präventionsarbeit in Deutschland. Der zielgruppenspezifische Ansatz hat sich bewährt. Die Erkenntnis, dass das individuelle Schutzverhalten immer auch von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (Strukturen) abhängt – sie liegt unserem Konzept der strukturellen Prävention zugrunde  –, ist mittlerweile auch international weitgehend anerkannt, wenn auch noch lange nicht im erforderlichen Maße umgesetzt.

Happy Birthday! Die DAH wird 30.
Happy Birthday!

Wir wollen unser Jubiläum dazu nutzen, um auf Missstände hinzuweisen, die auch nach dreißig Jahren HIV-Prävention in Deutschland immer noch bestehen. Wir wollen Menschen erzählen lassen, wie sie unsere Arbeit erleben, wo wir hilfreich sein konnten und wo wir noch besser werden müssen. Und natürlich wollen wir auch feiern.

Vorsicht Blut: Kondome und Handschuhe schützen nur bedingt vor Hepatitis C

Das Hepatitis-C-Virus (HCV) zählt eigentlich nicht zu den sexuell übertragbaren Infektionen. Doch seit rund zehn Jahren mehren sich die Hinweise, dass gerade bei HIV-positiven schwulen Männern in europäischen Großstädten HCV-Infektionen zunehmen. Etwa 10 % der HIV-Positiven in Deutschland sind auch mit Hepatitis C infiziert. Neue Studien aus der Schweiz und des Robert Koch-Instituts sind den Gründen nachgegangen. Die wichtigsten Erkenntnisse: Neben dem gemeinsamen Benutzen von Röhrchen, Geldscheinen und Ähnlichem zum Sniefen von Drogen ist auch eine Übertragung auf sexuellem Weg möglich – und zwar auch dann, wenn Kondome (beim Analverkehr) oder Handschuhe (beim Fisten) benutzt werden.

Die Zahl der registrierten Hepatitis-C-Infektionen nimmt zu (Foto: Gerd Altmann/pixelio.de)
Die Zahl der registrierten Hepatitis-C-Infektionen nimmt zu. Foto: Gerd Altmann, pixelio.de

So kann beispielsweise beim Gruppensex HCV-haltiges Blut vom Enddarm eines Partners auf den nächsten aufnehmenden Partner übertragen werden: mit dem Penis oder einem Dildo (auch bei Benutzung eines Kondoms, wenn nicht für jeden neuen Partner ein neues Präservativ genommen wird) oder mit der Hand (auch bei Benutzung von Handschuhen, wenn nicht für jeden neuen Partner ein neuer Handschuh verwendet wird). Auch mit HCV verunreinigte Gleitmitteltöpfe können zur Übertragung führen. 2013 werden wir deshalb noch intensiver über Übertragungswege von HCV, effektive Schutzstrategien sowie über Diagnose und Behandlung informieren.

Der 10. Dezember ist der Tag der Menschenrechte

Menschenrechte werden nicht nur in Diktaturen missachtet, auch in Deutschland liegt einiges im Argen, zum Beispiel im Hinblick auf HIV und Gesundheit. Wir werden deshalb immer wieder darauf hinweisen, dass HIV auch und gerade ein Menschenrechtsthema ist, und uns unter anderem dafür einsetzen, dass Menschen ohne Papiere einen gesicherten Zugang zur medizinischen Versorgung bekommen oder dass das Asylbewerberleistungsgesetz, die Residenzpflicht und das Arbeitsverbot für Flüchtlinge und Asylbewerber/innen abgeschafft werden.

Zum 10. Dezember selbst planen wir Aktionen vor Haftanstalten, um darauf hinzuweisen, dass auch Gefangene Zugang zu sterilen Spritzbestecken, der wirksamsten und kostengünstigsten Maßnahme zum Schutz vor HIV- und Hepatitis-Infektionen erhalten.

 

1 Kommentare

Andreas Dziuba 16. Januar 2013 22:36

ich kenne bereits den HiV ,und weiß wie ich mich anstecken kann, habe jahre lang selber einer Risiko gruppe angehört, leider übermannt es mich dann und wann noch ,bin heroin abhängig jeddoch schon jahre fast beigebrauch frei! habe in meinem Bekannten kreis viele ,meine beste freundin ist mitlerweile 28 jahre Positiv,nicht krank!jedoch hab ich in den 90er noch viele bekannte durch Aids verloren ! ich finde das der schrecken vor HIV abgenommen hat, bei ner schüler befragung von 15.17 Jährigen wuste kaum jemand was mit dem wort Aids anzufangen ,traurig aber wahr ,nur da es gott sei dank bessere verträglichere Medikation welche sich die Pharma indudtrien , teuer bezahlen lassen ! ES muß wieder mehr aufklärung geleistet werden !AIDS darf den schrecken nicht verlieren! Andy

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