Pressemitteilung

HIV-Konferenz in Hamburg: Jetzt aktiv werden gegen Diskriminierung!

Von Holger Wicht
Logo der Positiven Begegnungen 2016
Am Donnerstag beginnt in Hamburg Europas größte Selbsthilfekonferenz zum Leben mit HIV: die Positiven Begegnungen. Motto „Sei ein Teil der Lösung!“ Die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) erwartet zur Konferenz rund 500 Menschen mit HIV, Angehörige und Freund_innen sowie Engagierte aus Aidshilfen, dem Medizinbetrieb, aus Politik und Medien.

Das Problem, für das Lösungen erarbeitet werden sollen: HIV-positive Menschen müssen im Alltag noch immer in allen gesellschaftlichen Bereichen mit Diskriminierung rechnen, zum Beispiel am Arbeitsplatz oder  im Gesundheitswesen. Sie werden zudem häufig mit völlig veralteten Vorstellungen vom Leben mit HIV konfrontiert.

Dazu erklärte heute Vormittag Ulf Hentschke-Kristal vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe:

„Mit HIV kann man heute leben, mit Diskriminierung nie! Ein entspannter Umgang mit HIV ist heute eigentlich so leicht wie nie zuvor. Zugleich verschärft sich aber das gesellschaftliche Klima gegen Minderheiten – eine Gefahr auch für HIV-positive Menschen. Mit den Positiven Begegnungen möchten wir dazu einladen, mit uns aktiv zu werden für Solidarität und Respekt.“

Die Einladung angenommen hat bereits Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli. Der Schirmherr der Positiven Begegnungen wird bei der Eröffnung am Donnerstagabend sprechen. Er erklärt:

„Ich bin gerne Teil der Lösung – auch als Präsident des FC St Pauli. Wo wir Zurückweisung begegnen, müssen wir erst die gelbe und dann auch mal die rote Karte ziehen. Ausgrenzung ist nicht akzeptabel – so einfach ist das!“.

Tagungsleiterin Heike Gronski, DAH-Referentin für das Leben mit HIV, erklärt:

„Diskriminierung ist ein gesellschaftliches Problem, deswegen können wir es nur mit starken Unterstützern lösen. Eingeladen sind darum Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen. In der Medienstadt Hamburg hoffen wir besonders auf Berichterstattung über das Leben mit HIV, das sich in den letzten Jahren grundlegend verändert hat.“

Die Deutsche AIDS-Hilfe hat die Selbsthilfe-Konferenz in Kooperation mit HIV-positiven Menschen aus ganz Deutschland konzipiert. Holger Pauly, Mitglied der Vorbereitungsgruppe, erklärt:

„Es wird Zeit, dass endlich alle begreifen: Von Menschen mit HIV geht keine Gefahr aus. Das Ziel ist einfach: Selbstverständlichkeit. HIV muss und darf im Alltag keine Rolle spielen. Wir selbst sind die Experten fürs Leben mit HIV. Aber Veränderung ist nur möglich, wenn andere mitziehen.“

Christian Szillat (AIDS-Hilfe Hamburg) erklärt:

„Die AIDS-Hilfe Hamburg setzt sich mit vielfältigen Angeboten für Menschen mit HIV und gegen Diskriminierung ein – unter anderem in der Arbeit mit Jugendlichen und mit Migrant_innen. Der Fortbestand unserer Arbeit ist jedoch immer wieder gefährdet und wir müssen permanent um unsere Finanzierung kämpfen. Um gute Arbeit auch zukünftig gewährleisten zu können, brauchen wir endlich finanzielle Sicherheit!“

Während für die meisten HIV-Positiven in Deutschland ein weitgehend normales Leben möglich ist, gibt es auch hierzulande noch Menschen mit HIV, die keinen Zugang zu Medikamenten haben: Migrant_innen ohne Papiere, also ohne Aufenthaltsstatus. Sie riskieren ihre Abschiebung, wenn sie sich in Behandlung begeben – und verzichten deswegen oft darauf, bis sie in Lebensgefahr schweben. Dr. Thomas Buhk vom Infektionsmedizinischen Centrum  Hamburg behandelt solche Patient_innen. Um Leben retten können, muss er oft gegen Mauern anrennen und manchmal sogar gegen Vorschriften verstoßen.

„Was ich tue, gleicht einen politischen Missstand aus. Wir müssen diesen Menschen einen bedingungslosen Zugang zum Gesundheitssystem ermöglichen, der nicht an die Offenlegung ihres Aufenthaltsstatus gebunden sein darf. Zugang zu Medizinischen Behandlungen ist ein Menschenrecht!“, sagt der Infektiologe über seinen „Teil der Lösung“ (mehr über das Thema und Dr. Buhk).

Themen der Positiven Begegnungen

Die Positiven Begegnungen widmen sich dem Leben mit HIV anhand von Schwerpunktthemen:

  • Bilder von HIV
  • Diskriminierungsfreie medizinische Versorgung
  • Diversity in der HIV-Community als Chance und Herausforderung
  • Was tun gegen die Kriminalisierung der (potenziellen) HIV-Übertragung?
  • Schutz durch Therapie, PrEP & Co. – die neuen Safer-Sex-Strategien
  • Sex, Lust, Rausch und Drogenpolitik

Am Samstagnachmittag findet in der Hamburger Innenstadt unter dem Motto „Stigma – zurück an Absender!“ eine Demonstration statt (siehe unten).

HIV in Deutschland und Hamburg

In Deutschland lebten Ende 2014 rund 83.000 Menschen mit HIV, etwa 7.000 davon in Hamburg. In der 2014 veröffentlichten Studie „Positive Stimmen“ der Deutschen AIDS-Hilfe gaben mehr als drei Viertel der Teilnehmer_innen an, im Jahr vor der Befragung Diskriminierung erfahren zu haben. Rund ein Fünftel wurde in medizinischen Einrichtungen, etwa in der Zahnarztpraxis, die Behandlung verweigert.

Diskriminierung kann fatale Folgen für die Gesundheit haben. Unter anderem hält die Angst vor Ausgrenzung manche Menschen vom HIV-Test ab. Rund 13.000 Menschen in Deutschland wissen nichts von ihrer HIV-Infektion und werden dementsprechend auch nicht behandelt. Dementsprechend können sie HIV unwissentlich weitergeben.

Positive Begegnungen – Konferenz zum Leben mit HIV, Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Berliner Tor 5, 20099 Hamburg

Eröffnung (öffentlich): Donnerstag, 25.8., 17 Uhr, Audimax der Bucerius Law School, Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg

Demonstration „Stigma – Zurück an Absender!“: Samstag, 18 Uhr, Carl-von-Ossietzky-Platz.

Mehr Informationen und Programm: www.positivebegegnungen.de

Mehr Informationen über Diskriminierung von Menschen mit HIV

Mehr Informationen über die Versorgungslücke bei HIV-positiven Menschen ohne Papiere

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