Was ist Selbsthilfe wert? Die Förderpraxis der Krankenkassen

Von Redaktion
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Mehr Geld für Selbsthilfe: Seit 2008 ist die Förderung durch die Krankenkassen neu geregelt

Seit 2008 ist die Förderung von Selbsthilfegruppen durch die gesetzlichen Krankenkassen neu geregelt. Auch wenn die Summen oft klein sind: Für die Selbsthilfe ist das ein notwendiger Beitrag – eine Bestandsaufnahme

Seit dem 1. Januar 2008 ist vieles anders: Seit diesem Stichtag ist die Förderung von Selbsthilfegruppen durch die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) neu geregelt worden. Jahr für Jahr müssen die Kassen einen bestimmten Betrag für Selbsthilfeangebote ausgeben – 2010 sind es 57 Cent pro Versichertem. So kommen aus allen gesetzlichen Krankenkassen jährlich 40 Millionen Euro zusammen.

Die eine Hälfte der Summe fließt in eine gemeinsame Pauschalförderung aller Krankenkassen, die andere darf jede einzelne Kasse dazu benutzen, um ihre eigenen Schwerpunkte zu setzen. Allerdings verteilt sich das Geld auf drei Ebenen: bundesweit, landesweit oder örtlich tätige Einrichtungen. Auch wenn die Summe erst einmal nach viel klingt: Bei den vielen Selbsthilfegruppen, -organisationen und -verbänden kommen nur kleine, wenn auch dringend benötigte Beträge an.

Stabile Grundlage, vor allem für kleinere Gruppen

Über 300 Selbsthilfevereinigungen und unzählige regionale Gruppen – allein 1900 sind es in Bayern – kommen in den Genuss der Kassenförderung. Besonders wichtig ist die Unterstützung für kleinere Einrichtungen, die nicht so bekannt sind. „Die haben es unheimlich schwer, neben der Kassenförderung andere Fördermittel oder Spenden zu erhalten“, betont Michael Bellwinkel vom BKK Bundesverband. „Die Aidshilfen sind in dieser Hinsicht durchaus privilegiert, denn ihre Aufgaben sind vielen bekannt“, so Bellwinkel.

Zwar unterstützen auch Länder und Kommunen die Selbsthilfe seit vielen Jahren, aber nur uneinheitlich und als „freiwillige Leistung“. „Die Selbsthilfeförderung über die Krankenkassen ist enorm wichtig“, betont Silke Eggers, Referentin für Soziale Sicherung und Versorgung der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH). „Aber sie reicht bei Weitem noch nicht aus für die viele wichtige Arbeit, die in diesem Bereich geleistet wird.“

Es hat den Anschein, dass Selbsthilfe noch immer nicht als wesentlicher Bestandteil von Gesundheitsförderung im Gesundheitssystem angekommen ist.

Private Kassen fördern freiwillig

Außen vor bleiben die privaten Krankenversicherungen (PKV). Für sie gilt die gesetzliche Verpflichtung nicht. Stattdessen dürfen sie weiterhin selbst entscheiden, ob und wie sie die Selbsthilfe unterstützen. „Warum nicht auch ihnen auferlegt wird, 57 Cent pro Versichertem zu investieren, ist mir unverständlich“, kritisiert Michael Bellwinkel. „Das Engagement aller Krankenversicherungen ist umso wichtiger, da viele Kommunen zur Haushaltssanierung die Selbsthilfeförderung deutlich zurückgefahren haben.“

Dirk Lullies, Pressereferent beim Verband der privaten Krankenversicherung (PKV), widerspricht und verweist als Beispiel auf die Förderung der HIV-Prävention durch die Privatkassen. Seit 2005 kooperiert die PKV mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und der Deutschen AIDS-Stiftung. „Eine konzentrierte und evaluierte Arbeit, wie sie durch unsere Partner geleistet wird, halten wir für zielführender, als Versichertengelder nach dem Gießkannenprinzip per Gesetz verteilen zu müssen“, erklärt Lullies.

Erst im Juni hat der Verband sein Engagement bis 2015 verlängert. 3,5 Millionen Euro fließen jedes Jahr an die beiden Organisationen – auch zum Nutzen der Deutschen AIDS-Hilfe. Denn die erhält von der BZgA einen Teil der Gelder und finanziert so zum Beispiel ihre bundesweite Onlineberatung.

Drei mal zwei Antragsebenen: Wer ist zuständig?

Von den gesetzlichen Krankenkassen gefördert werden Aktivitäten, die der Prävention oder Rehabilitation bestimmter Krankheiten dienen. Welche das sind, legen die Spitzenverbände von Krankenkassen und Selbsthilfeverbänden in ihrem „Leitfaden zur Selbsthilfeförderung“ fest.

Besonders wichtig: Vor der Beantragung ist zu prüfen, welche Ebene (örtlich, landesweit oder bundesweit) für die eigene Selbsthilfeorganisation zuständig ist. Auf den einzelnen Ebenen können dann sowohl Anträge zur kassenübergreifenden Pauschalförderung als auch Anträge zur kassenindividuellen Förderung gestellt werden.

Die kassenübergreifende Pauschalförderung wird bei der jeweils zuständigen Koordinierungsstelle beantragt. Wer für welche Region zuständig ist, erfährt man von den Krankenkassen, aber auch die Selbsthilfekontaktstellen oder der Paritätische Wohlfahrtsverband können Auskunft geben. Dort gibt es auch die Formulare zu Antragstellung.

Daneben können bei den einzelnen Kassen auch Anträge für einzelne Projekte über die kassenindividuellen Leistungen gestellt werden. Genauere Infos zur Antragstellung bietet wiederum der „Leitfaden zur Selbsthilfeförderung“.

Ausblick

Es bleibt zu hoffen, dass die Förderung der Selbsthilfe zukünftig ausgebaut und ihre Verdienste als wesentlicher Bestandteil der Gesundheitsförderung anerkannt werden. Dabei geht es sowohl um mehr finanzielle Mittel und leichtere Antragswege einserseits. Andererseits muss die Mittelvergabe noch transparenter werden.

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