Gesundheitsberatung für MSM

Health Support: Direkt, anonym und kompetent

Von Axel Schock
Health Supprt Live-Chat für schwule Männer
Seit Juli können Männer, die Sex mit Männern haben, sich im Live-Chat auf www.health-support.de persönlich und vertraulich rund um das Thema Gesundheit beraten lassen. Täglich von 17 bis 20 Uhr stehen speziell geschulte Mitarbeiter als Ansprechpartner bereit.

Ein Dutzend schwule Männer aus lokalen Beratungseinrichtungen und Aidshilfen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind derzeit bei der Chat-Beratung aktiv. Drei von ihnen haben nun zur Abwechslung keine Fragen zu HIV, Sex, Drogengebrauch oder Coming-out-gestellt bekommen, sondern zu ihren bisherigen Erfahrungen mit der Online-Beratung.

 

Warum macht ihr beim Live-Chat mit?

Porträt von Guillaume
Guillaume (32) ist seit 2012 hauptamtlich als Berater und Projektkoordinator bei der AIDS-Hilfe Potsdam tätig, zuvor war er bereits ehrenamtlich bei einer HIV-Organisation in Frankreich aktiv (Foto: privat)

Guillaume: Das ist zunächst ganz schlicht Teil meines Jobs, aber ich berate einfach auch sehr gerne. Für mich ist der Live-Chat eine sehr gute Ergänzung des Beratungsangebotes, auch, weil man im Vergleich zu einer Telefonhotline noch etwas mehr anonym bleiben kann.

Torben: HIV ist immer noch ein wichtiges Thema, und es kommen immer weitere Aspekte dazu, etwa die PrEP. Mir macht es Spaß, hier als Teil des Wissenspools für die Community zur Verfügung zu stehen, zu beraten und meine Kenntnisse weiterzugehen.

Steve: Ich bin seit mittlerweile neun Jahren ehrenamtlich und hauptamtlich in der Prävention tätig, davon eine ganze Weile beim Gayromeo-Team und auch in der HIV-Test-Beratung. Ich finde es sehr wichtig, ein solch eher niedrigschwelliges Angebot wie die Online-Beratung zu haben, denn die Leute trauen sich eher, mal im Internet Fragen zu stellen, als dafür eigens in eine Beratungsstelle zu kommen.

 

Was sind die am häufigsten gestellten Fragen?

Porträt von Steve
Steve Willich (34) ist hauptamtlich bei der AIDS-Hilfe Frankfurt/Main beschäftigt und war auch schon davor einige Jahre ehrenamtlich als Berater engagiert (Foto: privat)

Steve: Seit einiger Zeit werden sehr viele Fragen rund um die PrEP gestellt: „Was ist das? Wie funktioniert es? Wie sicher ist die PrEP und wie bekomme ich sie?“ Und natürlich kommen auch weiterhin die klassischen Fragen wie: „Ich hatte einen Kondomunfalloder „Mir hat jemand in den Mund gespritzt. Wie groß ist das Risiko, dass ich mich infiziert habe?“

Guillaume:  Was sicherlich überrascht: Ich hatte bislang am häufigsten Heterosexuelle im Chat, obwohl dieser Health Support ja eigentlich explizit für Schwule gedacht ist. Es sind meist Frauen, die einen One-Night-Stand hatten, oder Männer, die bei Prostituierten waren und nun Angst haben, sich möglicherweise infiziert zu haben. Bei Schwulen kommen die meisten Fragen zum Oralverkehr, und immer häufiger auch rund um die PrEP und zum Schutz durch Therapie.

Torben: Die Fragen haben sich gegenüber der Gayromeo-Beratung, bei der ich auch dabei war, eigentlich nicht sehr verändert. Übertragungswege stehen immer noch im Vordergrund, zum Beispiel wird häufig die Frage gestellt, ob es beim Blasen ein Ansteckungsrisiko gibt. Verändert hat sich aber jetzt die Schnelligkeit der Online-Gespräche. Bei Gayromeo hatten wir als Beratungsteam ein festes Profil und haben über Messages kommuniziert. Ein Gespräch konnte so auch über einen längeren Zeitraum fortgeführt werden.

 

Und welches war die bislang schwierigste oder auch außergewöhnlichste Frage?

Steve: Ich hatte vor kurzem eine sehr spezielle Frage eines jungen Mannes, der zunächst nur etwas über Infektionsrisiken wissen wollte und sich dann traute, über sein eigentliches Problem zu sprechen: nämlich seine Liebesbeziehung zu einem Mann aus dem engsten Familienkreis. Das war wirklich neu und nicht ganz einfach, aber ich denke, ich habe das ganz gut hinbekommen.

Guillaume: Gerade im Vergleich zur Beratung auf Gayromeo erreichen mich beim Live-Chat wesentlich mehr sehr fachspezifische Fragen etwa zur Therapie und zu Nebenwirkungen. Auf einige dieser Fragen habe ich deshalb die richtige Antwort nicht gleich parat und müsste mich dazu selbst erst informieren.
Beim Live-Chat ist dies dann natürlich nicht möglich. Deshalb verweise ich in solchen Fällen an kompetente Stellen oder ich bitte die Klienten, mir etwas Zeit zu geben und sich in ein paar Minuten noch einmal zu melden. Das verstehen die Leute auch.
Die schwierigste Frage für mich kam von einem Mann, der vor einer Operation stand, aber sich gegenüber dem Narkosearzt nicht als HIV-positiv outen wollte und nach der rechtlichen Situation, aber nach Wechselwirkungen mit den Narkosemitteln fragte. 

Torben: Es kommt natürlich vor, dass man bei mancher Frage still in sich hineinlächelt oder man einfach nicht weiß, ob jemand einen nur austesten will oder das wirklich ernst gemeint ist. Ein Klassiker ist die Frage, ob man sich über die Klobrille an einem öffentlichen Ort mit HIV infiziert haben könnte.
Ich nehme aber erst einmal jeden Klienten ernst und versuche auf wirklich jede Frage auch eine Antwort zu geben, und sei sie nur kurz.
Wenn es um sehr spezifische medizinische Fragen zu einzelnen sexuell übertragbaren Krankheiten geht, muss ich manchmal dann doch passen. Da empfehle ich dann eine Fachberatung und gebe dazu die entsprechende Telefonnummern weiter.

 

Chatten kann man theoretisch an fast jedem beliebigen Ort. Wo richtet ihr euch gewöhnlich für eure Chats ein? 

Porträt von Torben
Torben Schultes (40) ist seit acht Jahren Mitarbeiter der AIDS-Hilfe Nürnberg-Erlangen-Fürth (Foto: privat)

Torben: Ich sitze am Schreibtisch und mache dann auch nichts anderes nebenbei. Ich finde, dass ein Klient – ganz gleich in welcher Form er die Beratung sucht ­– auch immer meine volle Aufmerksamkeit verdient und dass ich mich ganz auf dieses Gespräch konzentriere.

Steve: Wenn ich für den Health Support arbeite, sitze ich in der Regel am Computer im Büro. Ich habe aber auch schon von zu Hause aus am Tablet die eingehenden Fragen beantwortet. Das geht auch gut und hat den Vorteil, dass man es sich ein bisschen bequemer machen kann.

Guillaume: In 90 Prozent der Fälle erreichen mich die Klienten am Schreibtisch in meinem Büro. Meine Schichten fallen normalerweise mit meinen Beratungsstunden in der AIDS-Hilfe Potsdam zusammen, deshalb bin ich dann bereits im Beratungs-Modus – mit dem kleinen Unterschied, dass ich dann nicht von Angesicht zu Angesicht, sondern übers Internet Fragen beantworte.

Der Live-Chat für Fragen rund um die Gesundheit von Männern, die Sex mit Männern haben, ist täglich von 17 bis 20 Uhr auf www.health-support.de erreichbar.

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