Neue Medikamente für chronisch Hepatitis-C-Infizierte ermöglichen erstmals sogar eine interferon- und oftmals auch Ribavirin-freie Therapie. Trotzdem zögern viele Ärzte, sie zu verschreiben – oft aus Angst vor Regressforderungen.

Die Präparate Sovaldi (Wirkstoff: Sofosbuvir), Daklinza (Daclatasvir), Olysio (Simeprevir) und bald auch Harvoni (Sofosbuvir + Ledipasvir) bedeuten für viele Patienten mit chronischer Hepatitis C eine kürzere und nebenwirkungsärmere Behandlung mit größeren Erfolgschancen als bei der bisherigen Standardtherapie.

Eigentlich sind wirksame Medikamente nach ihrer Zulassung auch zu Lasten der Krankenkasse verordnungsfähig. Im Falle der neuen Hepatitis-C-Medikamente ist die Sachlage jedoch komplizierter. Durch den hohen Preis – eine Behandlung kostet 100.000 bis 180.000 Euro – prüfen die Krankenkassen sehr genau, ob der Arzt oder die Ärztin die Medikamente auch genau nach der Fachinformation, den gängigen Leitlinien der Fachgesellschaften und gegebenenfalls dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) verordnet hat. Und je nach Hepatitis-C-Subtyp, Krankheitsstadium oder Therapieerfahrung gibt es hier ganz unterschiedliche Empfehlungen.

Ärzte fürchten daher Regressforderungen der Krankenkassen, die so manche Praxis gefährden könnten. Nun gilt es, Sicherheit zu schaffen: Dr. Dietrich Hüppe, Mitautor der aktuellen deutsch-österreichischen Empfehlungen zur Therapie der chronischen Hepatitis C, erklärt in einem Interview mit dem Fachmagazin HIV & more, Ärzte müssten keine Angst vor Regress haben, solange es laut G-BA-Beschluss für ihre Patienten „Anhaltspunkte für einen geringen oder beträchtlichen Zusatznutzen“ gebe. Und auch wenn kein Zusatznutzen belegt sei (laut G-BA bei Patienten mit Genotyp 1, die bereits eine Therapie gemacht haben, sowie Patienten mit den Genotypen 4, 5 und 6), könne man bei guter Begründung im Einzelfall trotzdem behandeln.

Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen AIDS-Hilfe, empfiehlt Folgendes: „Wer sich jetzt mit den neuen Medikamenten behandeln lassen will, sollte auf jeden Fall einen Spezialisten aufsuchen, zum Beispiel einen Gastroenterologen oder ein Mitglied der dagnä.“

Die dagnä habe kürzlich einen Hepatitis-C-Vertrag mit den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung abgeschlossen, der im Prinzip der HIV-Behandlungsvereinbarung ähnlich sei. Die dagnä-Mitglieder böten den Krankenkassen damit die qualitätsgesicherte Behandlung ihrer Patienten an und hätten eine (relative) Sicherheit, nicht mit Regressdrohungen konfrontiert zu werden.

„Ende des Jahres 2014 wird außerdem mit Harvoni eine neue Zweifach-Kombinationstablette zugelassen, im zweiten Quartal 2015 folgt eine Dreifach-Kombinationstherapie in einer Tablette“, so Schafberger weiter. „Dann ist eine Interferon- und Ribavirin-freie Behandlung für mehr Betroffene möglich, und es gibt mehr Auswahl. Wer also noch ein paar Monate abwarten kann, hat dann gegebenenfalls mehr Optionen.“

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Holger Sweers

Holger Sweers, seit 1999 als Lektor, Autor und Redakteur bei der Deutschen Aidshilfe, kümmert sich um die Redaktionsplanung des Magazins.

3 Kommentare

  1. „Neue Medikamente für chronisch Hepatitis-C-Infizierte ermöglichen erstmals sogar eine interferon- und oftmals auch Ribavirin-freie Therapie. Trotzdem zögern viele Ärzte, sie zu verschreiben – oft aus Angst vor Regressforderungen.“

    Solche Ängste sind insofern begründet da es in der Vergangenheit vorgekommen ist.

    „Unter Regress versteht man im Kassenarztwesen eine Strafzahlung, die dann von einer Prüfungskommission angeordnet werden kann, wenn ein Arzt -im Vergleich zum Fachgruppendurchschnitt- das durch Festlegung sog. Richtgrößen berechnete Arznei-, Hilfs- oder Heilmittelbudget signifikant überschritten hat.“ http://www.arztwiki.de/wiki/Regress#Regress_treibt_.C3.84rzte_wohin.3F

    Dies führt – kann dazu führen das Ärzte wie oben genannt aus Angst vor Regreßforderungen ein bestimmtes Medikament nicht verordnen. Und PENG schon sehen sich Ärzte „im Vergleich zum Fachgruppendurchschnitt- das durch Festlegung sog. Richtgrößen berechnete Arznei-, Hilfs- oder Heilmittelbudget sein Budget signifikant überschritten werden würde. Soviel zum Thema „Der Schwachsinn hat Methode.“

    Das in dem Fall von Sovaldi vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA)

    „dem Wirkstoff Sofosbuvir zur Behandlung von Patienten mit
    chronischer Hepatitis C – Virusinfektion (HCV) am 17. Juli. 2014 in Berlin im Rahmen der Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen ein beträchtlicher
    Zusatznutzen“
    attestiert wurde, ist in der Pressemitteilung 32/2014 festgestellt worden. https://www.g-ba.de/downloads/34-215-546/32-2014-07-17-AM-Hepatitis.pdf

    Siehe auch Webseite vom GBA -> https://www.g-ba.de/institution/presse/pressemitteilungen/546/

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