Retroviruskonferenz

Vaginalringe bieten HIV-Teilschutz

Von Armin Schafberger
Annalene Nel stellte auf der Retroviruskonferenz CROI die Ergebnisse der Ring-Studie vor, Jared Baeten die der ASPIRE-Studie. (Foto: Armin Schafberger)
Annalene Nel stellte auf der Retroviruskonferenz CROI die Ergebnisse der Ring-Studie vor, Jared Baeten die der ASPIRE-Studie. (Foto: Armin Schafberger)
Man hatte es als das Highlight der CROI in Boston angekündigt: Vaginalringe mit einem HIV-Medikament könnten Frauen vor HIV schützen. Die Ergebnisse zweier Studien mit über 4.000 Frauen im südlichen Afrika überzeugen aber noch nicht.

Vaginalringe werden seit einem Jahrzehnt zur Empfängnisverhütung eingesetzt. Bei dieser Methode werden über drei Wochen kontinuierlich Hormone aus dem flexiblen Silikonring abgegeben. Er hat einen Durchmesser von etwa 5 cm und kann von der Frau selbst in das hintere Scheidengewölbe eingelegt und wieder entfernt werden.

Nun werden die Ringe auch für die HIV-Prävention intensiv beforscht. Sie geben keine Hormone, sondern das HIV-Medikament Dapivirin (aus der Klasse der NNRTI) kontinuierlich ab. Dapivirin wirkt nicht im ganzen Körper, sondern nur in den Zellen der Scheide und des Gebärmutterhalses. Dringt HIV in eine solche Zelle ein, kann sich das Virus nicht vermehren. Die Infektion ist dann bereits zu Beginn gestoppt. Damit handelt sich um eine lokale Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP).

Lokale PrEP mit Dapivirin

Auf der Retroviruskonferenz (CROI) in Boston wurden die Ergebnisse der ASPIRE- und der Ring-Studie vorgestellt. In beiden Studien wurden die Frauen nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen geteilt: Die eine bekam den Medikamentenring, die andere einen Placebo-Ring. Beide Gruppen wurden außerdem monatlich beraten, getestet und mit Kondomen versorgt sowie bei sexuell übertragbaren Infektionen behandelt.

In der ASPIRE-Studie haben sich über einen Zeitraum von durchschnittlich 18 Monaten 97 Frauen infiziert, in der Ring-Gruppe 71. Daraus errechnet sich eine Reduktion des Infektionsrisikos (= Schutzeffekt) von 27 Prozent. Das ist nicht viel.

Laut Jared Baeten, Leiter der ASPIRE-Studie, seien die Ergebnisse in zwei der 15 Studienzentren besonders schlecht ausgefallen und damit aus dem Rahmen gefallen. Rechnet man diese beiden Zentren heraus, ergeben sich 37 Prozent Risikoreduktion. Das ist eine Größenordnung, die in der Prävention bereits bedeutsam ist. Aber streng genommen hat man sich dieses Ergebnis schöngerechnet. Bei über 22-jährigen Frauen, so Baeten, betrage der Schutzeffekt sogar 57 Prozent und bei über 25-Jährigen 61 Prozent.

Im Grunde ein schöngerechnetes Ergebnis

Bei jungen Frauen klappt es mit dem Vaginalring nicht so gut. Dabei war hier ja die Ursprungsidee, besonders die Jugendlichen zu schützen. In einigen Regionen des südlichen Afrikas infiziert sich bei den ganz Jungen eine von 10 mit HIV – innerhalb eines Jahres. Im Alter von 20 ist dann bereits knapp ein Drittel der jungen Frauen infiziert. Wichtig ist also, gerade den unter 20-Jährigen eine sichere Methode der HIV-Prävention zu bieten. Aber die jungen Frauen, so Jared Baeten, hätten den Ring am wenigsten angewendet.

Vaginalringe sind bereits aus der Empfängnisverhütung bekannt. (Foto: Armin Schafberger/DAH)
Vaginalringe werden bereits zur Empfängnisverhütung eingesetzt (Foto: Armin Schafberger/DAH)

Mit der Adhärenz oder „Therapietreue“ war das auch bei den Studien zur Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) so eine Sache, denn die Truvada-Tabletten wurden oft nicht eingenommen. Beim Vaginalring ist die mangelnde Therapietreue aber weniger gut nachvollziehbar, weil die Frauen ihn monatlich im Studienzentrum eingesetzt bekamen. Nicht wenige scheinen ihn also immer wieder entfernt zu haben. Eigentlich könnten die Frauen den Vaginalring problemlos selbst einlegen (und entfernen), wie das ja auch bei den Ringen zur Schwangerschaftsverhütung üblich ist. In den Studien wollte man das Einlegen aber sichergestellt wissen.

Die Ring-Studie hatte mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Insgesamt errechnet sich hier eine Risikoreduktion von 31 Prozent – das ist nicht viel, aber für ein erstes Testprodukt auch nicht schlecht. Auch hier klappt es bei den etwas älteren Frauen besser: Die über 21-Jährigen erreichen eine Risikoreduktion von 37 Prozent, die 18–21-Jährigen aber nur von 15 Prozent.

Auf die Therapietreue kommt es an

„Je konsequenter der Ring getragen wird, desto höher ist der gemessene Schutzeffekt“, fasst Studienleiterin Annelene Nel zusammen. Sie ist insgesamt optimistisch. Schließlich sei die Therapietreue im Verlauf der Studie besser geworden.

Wie geht es weiter? Die ASPIRE- und die Ring-Studie werden jetzt „geöffnet“ weitergeführt. Die Teilnehmerinnen wissen dann, dass sie den Dapivirin-Ring erhalten, und man wird prüfen, ob in dieser veränderten Situation andere Ergebnisse erzielt werden.

Der Dapivirin-Ring ist das erste Produkt einer langen Reihe. Und erfahrungsgemäß ist der „Erstling“ meistens noch nicht der beste Artikel. Zahlreiche weitere Ringe mit anderen Medikamenten werden derzeit erforscht – allerdings in früheren Studienphasen. Bis es wieder Ergebnisse zum Schutzeffekt gibt, werden noch ein paar Jahre vergehen. Die gemeinnützige Organisation IPM (International Partnership for Microbicides), die die Rechte am Dapivirin-Ring hält, will das Produkt in einigen Ländern in Kürze zur Zulassung bringen.

Am Mittwoch den 24. Februar werden in Boston mehr Details aus den Studien berichtet.

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