HIV-Therapie

„Auf den ersten Bluttest nach Therapiebeginn habe ich mich gefreut“

Von Christoph Kolbe
Barbie Breakout
Barbie Breakout ist seit elf Jahren HIV-positiv und geht offen damit um. Was uns verblüfft hat: Die bekannte Dragqueen hat erst vor wenigen Wochen eine Therapie begonnen. Wir haben Barbie angerufen.

Barbie, wie ist das Leben mit der Pille?

Nicht anders als vorher. Jeden Tag um 13.30 Uhr klingelt mein Smartphone und erinnert mich daran, mein Medikament zu nehmen.

Die meisten meiner Freunde sind HIV-positiv, viele nehmen HIV-Tabletten

Du hast lange gewartet, bevor du dich für die Therapie entschieden hast. Warum?

Mein Immunsystem hat mehr als zehn Jahre lang sehr robust auf HIV reagiert. Ich hatte noch beim letzten Test vor Beginn der Therapie gut 450 Helferzellen pro Mikroliter Blut. [Anm. d. Red.: Als Normbereich gilt oft die Spanne zwischen etwa 500 und 1500 Helferzellen. Bis vor einigen Jahren galt die Empfehlung, ab 350 Zellen, spätestens aber ab 200 Zellen mit einer HIV-Therapie zu beginnen.]

Die meisten HIV-Spezialist_innen empfehlen heute, früh zu therapieren, um schwerwiegende Folgen der Infektion zu vermeiden. Hattest du Angst vor den Medikamenten?

Absolut nicht. Die meisten meiner Freunde sind positiv und viele nehmen HIV-Tabletten. Bei keinem waren die Pillen jemals ein Drama. Ich hatte einfach das Gefühl, dass ich noch warten kann. Mein erster Schwerpunktarzt hat mich weder zur Therapie gedrängt, noch hat er mir abgeraten. Auch die beiden anderen Ärzte, zu denen ich nach Umzügen gewechselt bin, sahen keinen dringenden Handlungsbedarf.

Warum hast du jetzt doch angefangen?

Meine Laborwerte haben sich langsam, aber stetig verschlechtert. Außerdem war ich in den vergangenen Monaten kränklich. Also nie ernsthaft krank, sondern eher genervt von den häufigen Zipperlein. Meine Lymphknoten schwollen beispielsweise an wie ganz zu Anfang meiner Infektion. Deshalb habe ich meinen Arzt gebeten, mir Medikamente zu verschreiben. Das war eine ganz pragmatische, rationale Entscheidung. Ich war zu keinem Zeitpunkt panisch.

Wie verlief das Gespräch mit deinem Arzt?

Er hat mir verschiedene Optionen aufgezeigt, jeweils inklusive der möglichen Nebenwirkungen. Medikamente, die depressiv machen können oder die Verdauung stören, habe ich ausgeschlossen. Letztlich ist es ein Präparat geworden, das alle nötigen Wirkstoffe in einer einzigen Pille vereint.

Ich war zu keinem Zeitpunkt panisch

Beim ersten Kontrolltermin warst du auch schon. Wie war’s?

Zunächst einmal habe ich mich auf den Bluttest gefreut. Und erst recht über das Ergebnis, denn ich bin in schon unter der Nachweisgrenze. Das find ich natürlich super. Und auch sonst ist alles in Ordnung. Im Moment habe ich als einzige Nebenwirkung Durchfall. Wer mich also in den nächsten Wochen mit panischem Blick vorbeihuschen sieht, kann davon ausgehen, dass ich ein Klo suche. (lacht) Aber diese Nebenwirkung vergeht in der Regel ja, sobald sich der Körper an das Medikament gewöhnt hat.

Als Make-up-Artist bist du den ganzen Tag von Menschen umgeben. Stresst es dich, wenn um 13.30 Uhr der Alarm losgeht?

Die Uhrzeit ist so gewählt, dass ich die Pille in der Mittagspause nehmen kann. Das tue ich diskret, aber verstecken werde ich mich nicht. Wenn irgendwann mal ein Kunde fragt, was ich da schlucke, dann bekommt er eine ehrliche Antwort.

Wirst du dein Sexverhalten ändern, jetzt wo deine Viruslast unter der Nachweisgrenze ist? Anstecken könntest du ja niemanden mehr.

Nur weil die Viruslast jetzt unter der Nachweisgrenze ist, werde ich nicht gleich ins Berghain rennen und mich in den Sling legen.

 

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