Auch am Samstag spielte das Thema Kriminalisierung auf den Positiven Begegnungen eine große Rolle. Bei einer Podiumsdiskussion hierzu ging es aber nicht nur um juristische Aspekte.

Strafbar
Unser Autor mit einer Teilnehmerin, die sagt: Sex mit mir kann strafbar sein (Foto: privat)

Podiumsteilnehmer Marcel, 23, hat sich vor zwei Jahren mit HIV infiziert. Er hatte ungeschützten Sex, sein Partner hatte ihm nicht gesagt, dass er HIV-positiv ist.„Hattest du nicht den Gedanken, ihn deswegen anzuzeigen?“, kam die Frage vom Moderator. „Es gab natürlich so einen ersten Impuls, ihm nun eins auszuwischen“, sagt Marcel, „mir wurde aber auch schnell klar, dass auch ich Verantwortung habe.“ War er damals – als Negativer – automatisch„Opfer“ und ist er heute – als Positiver – automatisch „Täter“? „Zum Sex gehören ja immer zwei“, sagt Marcel. „Und es geht auch darum, sich  fallen zu lassen. Es kann nicht sein, dass nur der negative Partner immer den Kopf ausschalten darf und der Positive immer alles im Griff haben muss.“

„Es ist höchste Zeit, die Kriminalisierung von Positiven in Justizkreisen und der Gesellschaft breit und auf vielfältige Weise zu thematisieren“, sagt Carsten Schatz, Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe. Der Appell wurde danach gleich mit einen Demonstrationszug durch die Wolfsburger Innenstadt umgesetzt.

Es sind aber auch die leisen Töne, die Gespräche mit verschiedenen Teilnehmerinnen und Teilnehmern zwischen und nach den Workshops, die die PoBe ausmachen. Tim (20), Student aus Stuttgart und zum ersten Mal auf der PoBe, erzählt mir, wie wohltuend es für ihn ist, dass er hier mit vielen anderen Positiven zusammenkommen kann. „Dass es viele gibt, wusste ich vorher auch schon, aber es ist schön, dass ich das hier auch erleben kann.“

Demo Wolfsburg
Demonstration in Wolfsburg (Foto: DAH)

Tim ist seit anderthalb Jahren positiv. Was er mir darüber erzählt, beeindruckt mich sehr: Ein Brief nach dem Blutspenden, er möge sich mit seinem Hausarzt in Verbindung setzen, die Ergebnismitteilung: HIV-positiv, das Reden darüber mit dem besten Freund und der anfängliche Schock der Mutter, der Beginn der Therapie, die gut wirkt. „An der Uni habe ich es ein paar Kommilitonen erzählt, die reagierten ganz gut.“ Sagt Tim. Und was beschäftigt ihn bezüglich seiner HIV-Infektion am meisten? „Die Angst, jemand anderen zu infizieren – obwohl ich im Kopf weiß, dass das gar nicht geht. Ich bin ja unter der Nachweisgrenze.“

Weitere Folgen von „Bock bloggt“/Positive Begegnungen 2012:

23.08.: Wissenswertes über Wolfsburg

24.08.: „Im Bett mit dem Staatsanwalt“

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„Wir können stolz auf uns sein!“

Über

Werner Bock

Werner Bock ist Mitarbeiter der Deutschen AIDS-Hilfe. Seit vielen Jahren ist er im Bereich Beratung tätig.

1 Kommentar

  1. Eine mutmachende Demo. Auch wenn noch die Trillerpfeifen und die Sprechchöre fehlten: Es war kein Trauermarsch, sondern viele fröhliche und mutige Menschen, die zeigten: Hier stehen wir, Ihr könnt uns nicht ignorieren.
    Eine Anmerkung sei noch erlaubt: Die FuZo (wie uns berichtet wurde Wolfsburger Slang für Fußgängerzone) ist viel zu kurz… Trotz einiger Stopps und sehr langsamen Gehens sind wir in kürzester Zeit einmal hin- und zurückgelaufen.

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