KRIMINALISIERUNG

„Gesetze bieten nur eine Scheinsicherheit“

Von Axel Schock
Paragrafenzeichen
Die Kriminalisierung von HIV-Positiven, eines der zentralen Themen der Positiven Begegnungen 2014, wurde von den Teilnehmer_innen kontrovers und leidenschaftlich diskutiert.

Wir dokumentieren den Redebeitrag des Workshop-Teilnehmers Konrad auf dem Abendplenum:

„HIV betrifft nicht nur den Betroffenen, sondern in einer solidarischen Gesellschaft uns alle! Denn die Gesellschaft schultert die Kosten der Therapie. Der verantwortungsvolle Umgang eines Infizierten mit einer potenziell bedrohlichen Infektion, sein Bestreben, gesund zu bleiben, Hilfe und Empathie zu erfahren und damit sich selbst und andere zu schützen, liegt daher in unser aller Interesse.

Jedoch kann eine Schulter nicht die Verantwortung für menschliches Handeln in allen Situationen übernehmen. Zur Infektion gehören mindestens zwei. Und jeder ist frei in seiner Entscheidung und folglich auch für die Konsequenzen mitverantwortlich.

Dass selbst das Verschweigen einer HIV-Infektion bei einer Viruslast unter der Nachweisgrenze als Körperverletzung bewertet wird, ist weder zeitgemäß noch ein probates Mittel der Prävention. Auch lassen sich die freie Entscheidung zu ungeschütztem Geschlechtsverkehr durch das Nichtwissen eines HIV-Negativen bzw. eine potenzielle Infektion nicht gegeneinander aufwiegen.

Gesetze können die Einzelnen nicht von seiner Verantwortung entbinden, sich selbst zu schützen. Sie versprechen lediglich eine Scheinsicherheit.

Und können Staatsanwälte und Gerichte einem Betroffenen wirklich dabei helfen, zu akzeptieren, dass er sich durch sein eigenes unachtsames Verhalten infiziert hat?

Wir fordern keine Absolution für unser Leben, aber wir sind der Ansicht, dass der freie Wille zweier Menschen schwerer wiegt als das Straf- oder Zivilrecht.

Menschen mit HIV handeln, wie alle anderen auch, aus Scham, Angst oder Lebensfreude. Es ist eine böswillige Unterstellung, wenn davon ausgegangen wird, dass wir jemandem, dem wir nahe sein möchten, bewusst schaden wollen.

Die Frage, wie man mit seinen Partnern, seiner Infektion oder mit seinem negativen HIV-Status umgeht, kann kein Urteil beantworten, das jeden Virusträger automatisch zu einem Täter macht – diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten.“

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