HIV IM ERWERBSLEBEN

Es geht auch positiv!

Vom Bankangestellten über den Erzieher bis zum Unternehmensberater: Wir erzählen von Menschen, die sich im Job als HIV-positiv geoutet haben und Unterstützung von ihren Vorgesetzten und Kollegen erhielten – teilweise ganz überraschend. Von Christina Laußmann

Dirk St.
Coming-out in der Bank: Dirk. Foto: BZgA

Kollegen zeigen Gesicht

Als Dirk von seiner HIV-Infektion erfährt, braucht er erst mal Zeit zum Nachdenken. Nach zwei Wochen Krankschreibung entscheidet er sich, die Kollegen ins Vertrauen zu ziehen. Einige Kolleginnen und Kollegen fangen an zu weinen, manche nehmen ihn in den Arm. Diese Solidarität bestärkt Dirk. Im Betriebsrat setzt er sich die Aufgabe, bei der Großbank auch für andere HIV-positive Mitarbeiter Wege frei zu machen. Im Jahr 2010 wird Dirk Botschafter bei der Welt-Aids-Tags-Kampagne „Positiv zusammen leben“. Zwei seiner Kollegen lassen sich für die Großplakate mit ablichten – in der Bankfiliale, in der sie gemeinsam arbeiten.

 

Foto: Gerd Altmann/pixelio.de

Positives Coming-out nach Zusammenbruch

Heiko S.* arbeitete bis zum Umfallen. Der Unternehmensberater kollabierte auf Dienstreise im Speisewagen. Die überraschende Diagnose: HIV. Das Virus hatte bereits schweren Schaden angerichtet. Obwohl ihn zwei Krankenhausaufenthalte in Erklärungsnot brachten, schwieg Heiko in seinem Unternehmen. Er glaubte nicht, dass ein hochbezahlter Mitarbeiter wie er seinen Job behalten würde, wenn die Firma Leistungseinbußen erwarten musste. Ein zweiter Kollaps offenbarte, wie sehr er sich täuschte. Bei einer Großveranstaltung, für die Heiko verantwortlich war, brach er zusammen. Als er kurz darauf hilflos in seinem Hotelzimmer lag, bekam er Besuch vom Personalchef. Mit dem Mut der Verweiflung zog er den Vorgesetzten ins Vertrauen. Dessen Antwort: Eine herzliche Umarmung. „Das war sicherlich das ungewöhnlichste Erlebnis meiner beruflichen Laufbahn“, sagt Heiko. Er wirkt noch immer ein bisschen erleichtert.

 

Marcel
Marcel hatte einen vorbildlichen Chef. Foto: Holger Wicht

Solidarität ist Chefsache

Marcel will sich nicht verstecken. In einer Teambesprechung des Essener Job-Centers, in dem der junge Verwaltungsfachangestellte arbeitet, erzählt er allen Kolleginnen und Kollegen auf einmal von seiner HIV-Infektion. Die reagieren  betroffen und ein wenig ratlos. Marcels Chef Lothar Stilleke tut das Richtige, demonstriert Solidarität und Selbstverständlichkeit: „Ich habe Marcel damals vor den Augen aller die Hand gegeben. Man möchte in so einem Moment ja sagen: ,Jetzt geht mal weiter normal miteinander um!’“, erzählt Stilleke im Interview für den DAH-Blog. Er lud außerdem die Essener Aids-Hilfe zu einer Infoveranstaltung ein. Mit Erfolg: Marcel hatte im Job keine Probleme wegen seiner HIV-Infektion. Dass sowohl Marcel als auch Lothar Stilleke mittlerweile in anderen Positionen arbeiten, hat mit dem Thema HIV nichts zu tun.

 

Stephan
Offen HIV-positiver Erzieher: Stephan. Foto: ICH WEISS WAS ICH TU

Anerkennung im Kindergarten

Stephan geht schon lange offen und selbstbewusst mit seiner HIV-Infektion um. Also erzählt er auch seiner Chefin davon. Gemeinsam berufen sie eine Versammlung ein, auf der es auch die anderen Kollegen erfahren (siehe Video der Deutschen AIDS-Hilfe auf Youtube und Bericht bei Spiegel online). Deren Reaktionen sind „überwältigend“. Es kommen Fragen auf, die aber schnell geklärt werden können. Ein ermutigendes Beispiel, gibt es doch gerade dann oft große Ängste vor einer HIV-Übertragung, wenn Kinder im Spiel sind – unbegründete Ängste, die aber Aufmerksamkeit erfordern und sich nicht immer ausräumen lassen. Ob ein Coming-out der richtige Weg ist, muss jeder Arbeitnehmer individuell entscheiden. In diesem Fall gibt der Erfolg Stephan Recht: Eine Mutter entdeckt ihn auf einem Plakat der Kampagne ICH WEISS WAS ICH TU der Deutschen AIDS-Hilfe. Sie geht auf ihn zu, um ihm ihre Ankerkennung für seine Offenheit zum Ausdruck zu bringen.

 

Manny
Manny ist in der Selbsthilfe engagiert. Foto: BZgA

Bewunderung im Altenheim

Während der Arbeitszeit nimmt Manny die Tabletten erst nur heimlich. Irgendwann wird dem Altenpfleger die Belastung zu groß. Er geht zu seinem Chef und erzählt ihm von seiner HIV-Infektion. Die Kollegen bekommen es auch bald heraus und reagieren „erstaunlich offen“. Sein Engagement in verschiedenen Selbsthilfeorganisationen, zum Beispiel bei der Kampagne „Posithiv handeln“, gibt Manny Kraft beim Umgang mit dem Thema am Arbeitsplatz. Nachdem Manny eine Auszeichnung erhalten hat, entdeckt ein Bewohner des Wohnheims ihn in der Zeitung und spricht ihm seine Bewunderung aus. Er sei froh, Manny als Pfleger zu haben. Im Jahr 2012 geht Manny einen Schritt weiter: Er lässt sich für die Großplakate der Kampagne „Positiv zusammen leben“ ablichten. Seine Aussage: „Ich habe HIV. Und den Respekt meiner Kollegen.“

 

Foto: Gerd Altmann/pixelio

Familienbande

Die Gärtnerei ist Toms zweites Zuhause, sein Chef sieht ihn wie einen Sohn. Eines Tages kippt Tom während der Arbeit einfach um. Im Krankenhaus erfährt er, dass er HIV-positiv ist. Drei Monate muss er in der Klinik bleiben. Zurück in der Firma erzählt er seinen Vorgesetzten  von seiner HIV-Infektion. Die nehmen ihn erst mal lange in den Arm. Monate später offenbart er sich der gesamten Belegschaft. Die Kollegen wissen erst nicht, wie sie mit Tom umgehen sollen. Kurze Zeit darauf läuft in dem Familienbetrieb aber alles wieder normal.

 Am 1. Mai haben wir von HIV-positiven Menschen erzählt, die bei der Arbeit mit Diskriminierung zu kämpfen hatten

Soll ich es sagen? Tipps für Menschen mit HIV im Arbeitsleben

* Name geändert

1 Kommentare

Doreen 2. Mai 2013 19:24

Ich kann mich diesen positiven Erfahrungen nur anschließen. Am Anfang hab ich es auch verschwiegen, aber dann hatte ich es meiner Chefin mitgeteilt, die gleicht meinte, ok, aber wir schaffen das, wir halten trotzdem zu dir und wir werden die anderen über das Gleichheitsgesetz aufklären und auch gleich von verschiedenen Themen Infos raus legen. Meine Kollegen reagierten am Anfang auch betroffen und waren auch ein wenig Übervorsichtig, als sie mich wegen Nur „Kopfschmerzen“ gleich nach Hause schicken wollten. Klar kamen auch Fragen auf, die ich aber ganz Offen und locker beantwortet habe. Eine Kollegin, die nicht wusste, damit umzugehen, hatte ich um ein Gespräch gebeten, hatte ihr Infomaterial mitgegeben und ihr gesagt das kein Risiko besteht. Daraufhin hat sie mich in den Arm genommen. Jetzt ist HIV nur noch n Thema, wenn ich bei Kampagnen mit mache, aber eher aus Anerkennung, wie gut und Mutig ich mit der Hiv Infektion umgehe. Meine Chefin meinte: Wenn irgendjemand mit deiner Infektion ein Problem hat, da ist die Tür. Damit waren unsere Kunden gemeint. (Einzelhandel)und sie Findet es super, das ich so offen mit umgehe und unterstützt mich mit Tage tauschen ect. das ich bei der einen oder anderen Kampagne mitmachen kann. So sollte es sein und so wünsche ich es jeden Positiven. Ausgrenzung= Unwissenheit/Unsicherheit und dagegen kann man was tun.

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