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Über viele Jahre hin hat das Kompetenznetz HIV/AIDS eine nationale HIV-Kohorte aufgebaut. Sie umfasst medizinische und psychosoziale Daten sowie Biomaterial von aktuell über 8.200 HIV-Patienten. Gefördert wird das Kompetenznetz HIV/AIDS, wie auch andere Kompetenznetze, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Ende April 2011 endet diese Förderung. Ob und wie es dann weitergeht, weiß derzeit niemand.

Gut möglich ist also, dass die regelmäßige Entnahme von Blutproben sowie die Dokumentation von Blutwerten und soziodemographischen Daten ab Mai 2011 aus Geldmangel eingestellt werden muss. Dies würde ein Ende der HIV-Kohorte bedeuten. Eine Kohorte, die nicht mehr aktuell ist, lässt nur noch retrospektive (= „rückblickende“) Datenauswertungen zu. Diese hätten, da die HIV-Kohorte noch recht jung ist, wissenschaftlich nur einen sehr geringen Wert. Bedauerlich, wenn das Projekt nun zu Ende geht, bevor die spannendsten wissenschaftlichen Fragen angegangen werden konnten.

DAH und Patientenbeirat legen Positionspapier vor

Ein noch größeres Problem wäre jedoch, wenn Daten und Biomaterial, unter anderem auch DNA-Proben, in unberechtigte Hände fiele. Das Kompetenznetz HIV/AIDS hat in Zusammenarbeit mit Patientenbeirat, DAH und Datenschützern seit Beginn an ein aufwendiges Datenschutzkonzept umgesetzt, um die berechtigten Interessen der Patienten am Schutz Ihrer Daten aufzugreifen. Für die Deutsche AIDS-Hilfe und den Patientenbeirat des Kompetenznetzes ist entscheidend, dass Biomaterial und Daten auch in Zukunft sicher verwahrt bleibt, wie es in einem nun vorgelegten Positionspapier zur Zukunft der HIV-Kohorte heißt. Zudem müssten das Projekt und die Entscheidungsstrukturen auch künftig transparent bleiben und die Rechte der Studienteilnehmer auf informationelle Selbstbestimmung und Partizipation gewahrt werden. Kurz: Es darf kein „Kompetenznetz light“ auf Kosten von Datensicherheit und Patientenrechten geben!

Ungewisse Zukunft für HIV-Kohorte

Große Hoffnung legten die Wissenschaftler des Kompetenznetzes in die Bewerbung der Uni Bochum auf eine BMBF-Ausschreibung zur Etablierung eines Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZI) (siehe dazu den Bericht im Kompl@t 2/2010), wodurch die HIV-Kohorte und ihre personelle Infrastruktur über viele Jahre hinweg hätte abgesichert werden können. Vor wenigen Tagen wurde nun allerdings bekanntgegeben, dass dieses „Bewerbung“ gescheitert ist.

Wie es nun weitergeht, ist unklar. Klar allerdings ist, und das machen auch die aktuellen Forderungen des Deutschen Ethikrates zu Biobanken deutlich (wir berichteten): Biomaterialbanken, die genetische Daten von Menschen sammeln, benötigen eine transparente und sichere Struktur. Der Deutsche Ethikrat fordert daher genau beschriebene Maßnahmen der Qualitätssicherung und eine kontinuierliche Information der Studienteilnehmer, was mit ihren Daten und Blutproben geschieht. Jeder Studienteilnehmer müsse zudem jederzeit die Möglichkeit haben, seine Einwilligung auch wieder zurückzuziehen.

Bestehende Strukturen müssen ausgebaut werden

Im Kompetenznetz HIV/AIDS ist ein Teil der Forderungen des Deutschen Ethikrates bereits umgesetzt. Mit der Partizipation von Menschen mit HIV/AIDS in allen Entscheidungsgremien des Kompetenznetzs wurden Standards gesetzt, die in einzelnen Bereichen sogar über diese Forderungen hinaus reichen. Für die Zukunft gilt es, diese Standards weiterzuentwickeln.

Eine solide Finanzierung der HIV-Kohorte ist die eine Seite. Zukunftsfähig wird die HIV-Kohorte jedoch nur sein, wenn sie zudem die gesellschaftlich geführten Diskussionen um Datensicherheit, Möglichkeiten und Grenzen der Genforschung sowie die Stärkung der Patientenrolle im Gesundheitswesen aufgreift und in geeignete Strukturen umsetzt. Hier gilt es, Strukturen nicht aufzulösen, sondern bestehende zukunftsfähig auszubauen.

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