Saint Elizabeth
Dame Elizabeth Taylor ist am Morgen des 23. März 2011 in Los Angeles an einem Herzinfarkt gestorben. Sie war 79 Jahre alt. Ihre vier Kinder waren bei ihr, aber keiner ihrer sieben Ehemänner. Ihr Sohn Michael Wilding gab wenige Stunden nach ihrem Tod bekannt: „Meine Mutter war eine außergewöhnliche Frau, die ihr Leben mit großer Leidenschaft, viel Humor und unendlicher Liebe gelebt hat. Obwohl ihr Verlust für uns, die wir ihr so nahe standen, schmerzlich ist, werden wir doch immer wissen, dass die Welt ein besserer Ort ist, weil Mama gelebt hat. Ihr Beitrag wird unvergessen bleiben.”
Sie war laut, fordernd, unbequem
Recht hat er. Und das nicht, weil seine Mutter für gut drei Jahrzehnte der größte weibliche Filmstar der Welt war, zwei Oscars gewann und mit ihrem Privatleben mehreren Generationen Boulevardjournalisten den Ruhestand finanziert hat. Viel wichtiger ist: Sie war die vielleicht wichtigste prominente Aidsaktivistin, die es je gab. Es gab und gibt wahrscheinlich Hunderttausende HIV-positive Männer, deren Leben ein besseres war oder ist, weil Elizabeth Taylor sich für sie eingesetzt hat.
Nachdem ihr Freund und Kollege Rock Hudson 1985 an Aids gestorben war, gründete die Schauspielerin innerhalb weniger Wochen zusammen mit zwei Ärzten die „American Foundation for AIDS Research (amfAR)“, veranstaltete mit Shirley MacLaine, Burt Lancaster und Burt Reynolds das erste Aids-Benefit, das über eine Million Dollar einspielte, und sprach sich offen gegen die Blockade-Haltung der amerikanischen Regierung bei der Bekämpfung der Krankheit aus. Wenig später überführte sie einen größeren Teil ihres Privatvermögens in die „Elizabeth Taylor HIV/AIDS Foundation“, die sich nicht um Forschung, sondern hauptsächlich um die Pflege von Aidspatienten kümmerte.
In den folgenden 20 Jahren sammelte Taylor für und mit diesen beiden Organisationen schätzungsweise 150 Millionen Dollar für den Kampf gegen Aids und die Erforschung der Krankheit. Sie setzte sich in den amerikanischen Medien für die Ausgabe von Einmalspritzen an Drogengebraucher, die Finanzierung von Kombitherapien und die Aufklärung über Kondomgebrauch bei Teenagern ein. Wenn Talkmaster wissen wollten, ob HIV-positive Mütter gesunde Kinder bekommen können, luden sie Elizabeth Taylor genauso ein wie als lautstarke Befürworterin der Homoehe oder des Adoptionsrechts für homosexuelle Paare. Sie war laut, fordernd, unbequem und sah dabei so aus, wie es sich für eine lebende Legende gehört. Sie war eine von den wirklich Guten.
„Bei mir im Viertel nennen wir dich Saint Elizabeth“
„Die Männer, die am längsten bei mir geblieben sind, waren alle schwul. Und als die anfingen zu sterben, was hätte ich da sonst tun sollen, als mit ihnen und für sie zu kämpfen“, begründete die Diva ihren unermüdlichen Einsatz einmal. Für den wurde sie von der englischen Königin 1999 in den Adelsstand erhoben. Aus Elizabeth Taylor wurde „Dame Elizabeth, Commander of the Order of the British Empire“.
Da hatten sie einige schwule Männer längst heilig gesprochen. An Taylors Todestag schrieb der US-amerikanische Schriftsteller Armistead Maupin auf seiner Internetseite: „Als ich sie in den allerdunkelsten Stunden der Aidsepidemie mal wieder in einem Krankenhaus traf, sagte ich ihr: ‚Bei mir im Viertel nennen wir dich Saint Elizabeth.‘ Ich meinte diesen Namen damals ernst. Und ich tue das immer noch.“
Die Stiftung, die ihren Namen trägt, wird auch weiter in ihrem Namen Gutes tun, zumal sie in Taylors Testament einen prominenten Platz einnehmen wird. Aber Taylor hat sich längst Kinder im Geiste herangezogen. Zu denen gehören Sharon Stone und Elton John genauso wie Susan Sarandon oder Barbara Streisand. Letztere hinterließ gestern auf ihrem Facebookprofil folgende Botschaft: „Das Ende einer Ära! Aber sie hat dafür gesorgt, dass sie etwas hinterlässt, was wichtiger ist als ihr Ruhm oder ihre Schönheit.“ Wohl wahr. Elizabeth Taylor fehlt.
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