Menschen mit HIV und Hepatitis C (HCV-Koinfektion) haben ein höheres Risiko für nicht aidsdefinierende Krebserkrankungen als Menschen mit HIV-Monoinfektion.

Von Michael Carter*

Dies berichten spanische Forscher_innen in der Online-Ausgabe von AIDS. Auch nach Ausschluss von Leberzellkrebs war die Koinfektion mit einem um 26 % erhöhten Risiko für nicht aidsassoziierte Krebsarten gegenüber der HIV-Monoinfektion verbunden. Allerdings war das Krebsrisiko bei beiden Gruppen im Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung erhöht.

Der Krebsprävention und Vorsorgeuntersuchungen solle daher in der HIV-Behandlung allerhöchster Stellenwert beigemessen werden, empfehlen die Autor_innen. Sie betonen, ihre Ergebnisse unterstrichen auch die Bedeutung der Behandlung und Heilung von Hepatitis C bei HIV-Positiven mit Koinfektion.

Hepatitis C kommt bei Menschen mit HIV häufig vor

Dank der antiretroviralen Therapie (ART) haben viele Menschen mit HIV eine annähernd normale Lebenserwartung. Dennoch ist die Rate ernster, nicht HIV-assoziierter Erkrankungen bei Menschen mit HIV höher als in der Allgemeinbevölkerung. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Menschen mit HIV auch bei wirksamer ART ein erhöhtes Risiko für verschiedene bösartige Tumoren haben, die traditionell nicht mit der HIV-Infektion assoziiert werden.

In Ländern mit hohen Einkommen hat etwa ein Drittel der Menschen mit HIV eine HCV-Koinfektion [Anm. d. Red.: Für Deutschland geht man von 10 bis 15 Prozent aus.] Diese Infektion ist mit einer erhöhten Rate an Leberkrebs sowie anderer Tumoren verbunden, darunter Lymphome. Über den Einfluss der HCV-Koinfektion auf das Krebsrisiko von Menschen mit HIV ist allerdings wenig bekannt.

Forscher_innen aus Coruña entwarfen daher eine retrospektive Studie zu erwachsenen Personen mit HIV, die zwischen 1993 und 2014 behandelt wurden. Verglichen wurde die Krebs-Inzidenzrate von Menschen mit HIV und Menschen aus der Allgemeinbevölkerung, außerdem verglichen die Forscher_innen das Krebsrisiko bei Menschen mit HIV mit und ohne HCV-Koinfektion.

Die Studienpopulation bestand aus 2.318 Individuen, von denen 37 % eine HCV-Koinfektion hatten. Nur 17 % der Personen mit HIV und HCV-Koinfektion waren gegen HCV behandelt worden (in allen Fällen auf Interferon-Basis), bei 48 % davon war es zum dauerhaften virologischen Ansprechen gekommen.

Die Studienteilnehmer_innen wurden über einen durchschnittlichen Zeitraum von zwölf Jahren beobachtet; das Follow-up betrug insgesamt 27.086 Personenjahre. Bei 185 Teilnehmer_innen – 68 davon mit HCV-Koinfektion – wurde eine Krebserkrankung festgestellt. Die Krebs-Inzidenzrate lag bei 696 Fällen auf 100.000 Personenjahre.

Die Inzidenzrate bei nicht aidsdefinierenden Krebserkrankungen war bei Menschen mit HIV und HCV-Konfektion höher als bei Teilnehmer_innen mit HIV-Monoinfektion (415 gegenüber 377 Fällen auf 100.000 Personenjahre).

Bei Menschen mit HIV war die Krebs-Inzidenzrate fast vier Mal so hoch wie in der Allgemeinbevölkerung (SIR = 3,8; 95% CI, 3,3–4,4). Dass die Inzidenzrate für aidsassoziierte Krebserkrankungen bei ihnen massiv höher war als bei Menschen aus der Allgemeinbevölkerung (SIR = 27,2; 95 % CI, 21,7–33,8), überrascht dabei nicht. Doch die HIV-Infektion war auch mit einer mehr als doppelt so hohen Inzidenzrate nicht aidsassoziierter Krebserkrankungen verbunden (SIR = 2,3; 95 % CI, 1,9–2,80). Dieses erhöhte Risiko war bei Menschen mit HIV-Monoinfektion (SIR = 1,8; 95 % CI, 1,3–2,3) und insbesondere bei Teilnehmer_innen mit HCV-Koinfektion zu beobachten (SIR = 3,4; 95 % CI, 2,5–4,4).

Hepatitis C: Vorbeugen, testen, behandeln!

Wie erwartet, sank die Inzidenzrate aidsdefinierender Krebserkrankungen im Beobachtungszeitraum, doch die Raten nicht aidsassoziierter Krebserkrankungen stiegen.

Ein Risikofaktor für eine Krebsdiagnose war höheres Alter. Dies galt sowohl für HIV-assoziierte als auch für nicht HIV-assoziierte Tumoren.

Menschen mit HCV-Koinfektion hatten ein signifikant höheres Risiko für nicht aidsassoziierte Krebserkrankungen als Teilnehmer_innen mit einer Monoinfektion (SHR = 1,80; 95 % CI, 1,15–2,81). Die Koinfektion blieb auch dann mit einem erhöhten Risiko für nicht HIV-assoziierte Tumoren verbunden, wenn man die Diagnosen von Leberkrebs ausschloss (SHR = 1,26; 95 % CI, 1,02–1,94).

„Nach Bereinigung um epidemiologische Faktoren und die Sterblichkeit ohne Krebs traten bei HIV/HCV-Koinfizierten mehr nicht aidsdefinierende Krebserkrankungen auf als bei HIV-Monoinfizierten“, schließen die Autor_innen. „Die wichtigsten Strategien sind die HCV-Behandlung und die Unterdrückung der HIV-Vermehrung, doch sollte die Bedeutung von Krebsvorsorgeuntersuchungen und früher Therapien hervorgehoben werden.“

Literatur

Meijide, H. et al.: Increased incidence of cancer observed in HIV/HCV-coinfected patients versus HIV-monoinfected, 1993–2014. AIDS, online edition, 2017. DOI: 10.1097/QAD.0000000000001448

* Original: Co-infection with HCV increases cancer risk for people with HIV, veröffentlicht am 28. März 2017 auf infohep.com; Übersetzung: Literaturtest. Vielen Dank an NAM/aidsmap.com für die Erlaubnis zur Zweitveröffentlichung!

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