Sexarbeit & Aktivismus

„Feministischer Aktivismus ist intersektionell, antirassistisch und sexpositiv“

Von Redaktion
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Fabienne Freymadl ist seit ca. 15 Jahren aktive Sexarbeiterin. Als Domina kennt man sie unter dem Namen Lady Velvet Steel. Sie lebt und arbeitet in Berlin und betreibt dort auch gemeinsam mit ihren beiden Partnerinnen das Dominastudio LUX. Seit Beginn ihrer Tätigkeit ist sie Aktivistin – „Ich ertrage Ungerechtigkeit nur schlecht. Im Bereich der Sexarbeit liegt vieles im Argen.“, sagt sie im Interview mit uns.

Mittlerweile ist Fabienne unabhängige Sexarbeitsaktivistin und gibt zusammen mit Mademoiselle Ruby den Podcast Whoroscope (whoroscope.eu) heraus. Dort besprechen sie gesellschaftliche, kulturelle und politische Themen aus der Sicht von Sexarbeitenden.

Warum engagierst du dich? (Wie sieht dein Engagement aus? Was willst du verändern und wo siehst du Lücken?)

Sexualität ist gesellschaftlich ein hochsensibles Thema – stark stigmatisiert, normativ besetzt, mit Macht- & und Kontrollmechanismen belegt. Ganz besonders für Menschen, die sich nicht der normativen „braven, gefügigen“ Sicht eines oft heteronormativen Kleinfamilien-Ideals unterwerfen. Sexarbeitende trifft das besonders. Wir sind mit Stigma belegt, werden staatlich gegängelt, ausgeschlossen, erfahren Gewalt, unser Erleben wird uns abgesprochen. Sexarbeitende verdienen Menschenrechte, so wie alle Menschen auch! Dafür setze ich mich ein. Ganz klar gehört da eine scharfe Kapitalismuskritik dazu.

Welche Erfolge/Verbesserungen hast du in deiner Arbeit erreichen können? Was war das Highlight in deiner aktivistischen Arbeit?

Communitybuilding finde ich ungemein wichtig – daher sehe ich die Fortführung der Hurenkongresse aus den Anfängen der Hurenbewegung als eines meiner aktivistischen Highlights an. Ich agiere aus einer privilegierten Position heraus, sehe meine Aufgabe daher auch, mich als geoutete Sexarbeiterin für meine vielfältigen Kolleg_innen einzusetzen und den Kontakt mit ihnen zu halten. Wissensbildung ist ebenfalls ein wichtiges Anliegen – politische Arbeit auf allen Ebenen (von der Lokal- bis zur Bundespolitik), Medienplatzierungen und auch die Kooperation mit Allies, wie bufas, der DAH, der DSTIG und weiteren Verbänden.

Welche Verbesserung der Frauenrechte wünschst du dir bis zum Jahr 2030?

Ich wünsche mir eine inklusive, soziale Welt, in der wir den Kapitalismus längst überholt haben und Nationalgrenzen keine Rolle mehr spielen. Frauen sind faktisch und praktisch gleichgestellt, die Lohnarbeit existiert nicht mehr. Alle Formen von konsensueller Sexualität werden gleichwertig anerkannt, genauso wie sämtliche Identitäten. So viel zur Utopie. Bis dahin gilt: Aufbrechen traditioneller Männerbünde (Vorstände, I look at you), Quotenregelungen, absolute Verfügungsgewalt über den eigenen Körper (siehe Abtreibung), Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Und ganz klar: inklusive Frauenförderung: No SWERFs [Anm. d. Red.: Abkürzung für „Sex Worker-Exclusionary Radical Feminist“], no TERFs [Anm. d. Red.: Abkürzung für „Trans-Exclusionary Radical Feminist“]!

Wie sollte deiner Meinung nach feministischer Aktivismus (in einer global vernetzten Welt) in Zukunft aussehen?

Feminismus muss inklusiv sein – wer Frauenrealitäten ausschließt, kann nicht Feministin sein. Aktivismus von weißen Bürgerlichen, der Sexarbeit und Transsexualität ausschließt, darf nicht weiter toleriert werden. Feministischer Aktivismus ist intersektionell, antirassistisch und sexpositiv. Punkt.

Globale Kooperationen und das Bilden weltweiter Netzwerke sind schon seit einiger Zeit wichtiger denn je. Dazu gehört auch die Fähigkeit zur kritischen Introspektion – zu viele Organisationen verkrusten an machtgebundenen Strukturen und verraten so ihre Ziele und Ideale. Das können wir besser!


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