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„Sehe ich aus, als ob ich an Aids sterben würde?“

Von Axel Schock
Freddie Mercury

Vor 30 Jahren starb der legendäre Queen-Frontmann Freddie Mercury. Seine Aidserkrankung hatte der britische Rockmusiker erst Stunden vor seinem Tod öffentlich gemacht.

Gerüchte und abstruse Klatschgeschichten sind Prominente von der britischen Boulevardpresse gewohnt. Ein exaltierter Rockstar wie Freddie Mercury war es allemal. Dass über sein ausschweifendes Sexualleben berichtet wurde, machte ihm wenig aus.

Im Gegenteil: Er sah keinen Grund, seine One-Night-Stands mit Männern, seine Besuche in Lederclubs und schwulen Saunen zu verheimlichen. Doch den Bericht einer britischen Sonntagszeitung im Oktober 1986 wollte Mercury nicht unwidersprochen lassen. „Sehe ich aus, als ob ich an Aids sterben würde?“, so seine Reaktion auf die angebliche Enthüllung.

„Sehe ich aus, als ob ich an Aids sterben würde?“

Er habe sich in einer Londoner Klinik sehr wohl einem freiwilligen Bluttest unterzogen, sagte er, doch anders als es bereits in den Medien kursierte, sei keine Infektion mit dem „Aidsvirus“ festgestellt worden.

Darüber, ob seine HIV-Infektion tatsächlich zu diesem Zeitpunkt oder womöglich weitaus früher diagnostiziert wurde, gibt es widersprüchliche Aussagen. Sicher aber scheint, dass er im Laufe der Jahre nur wenige Freund_innen darüber informierte.

Die mit ihm eng befreundete Münchner Schauspielerin Barbara Valentin will bereits 1985 davon gewusst haben, sein letzter Lebensgefährte erfuhr es wohl erst zwei Jahre danach. Seiner Familie und selbst den Bandkollegen hingegen verschwieg er die Erkrankung, so lange es ihm möglich war.

Dass Freddie Mercury 1989 nach Erscheinen des Queen-Albums „The Miracle“ die obligatorische Tour cancelte, wurde von den anderen Bandmitgliedern offenbar nicht weiter hinterfragt. „Wir wussten tatsächlich sehr lange nicht, was mit ihm nicht stimmte“, sagte der Queen-Gitarrist Brian May in einem Interview einige Jahre nach Mercurys Tod. „Wir sprachen einfach nicht darüber, weil Freddie es einfach nicht wollte. Das war damals eine Art ungeschriebenes Gesetz.“

Er versuchte alles und ließ sich neue Medikamente mit der Concorde einfliegen

Spätestens 1990 waren die gesundheitlichen Einschränkungen jedoch offensichtlich. Bei der Verleihung der BRIT-Awards, der prestigeträchtigsten Auszeichnung der britischen Popmusikbranche, wurden Queen für ihren „herausragenden Beitrag zur britischen Musik“ geehrt.

Freddie Mercury, sonst bekannt als eine der größten Rampensäue der Rockgeschichte, blieb bei dieser so wichtigen Ehrung ganz im Hintergrund. Lediglich bei der Verabschiedung hauchte er ein „Danke – und gute Nacht“ ins Mikrofon. Es war sein letzter öffentlicher Auftritt.

Die Aufnahmen zum Album „Innuendo“, die in Mercurys Studio in seinem Zweitwohnsitz Montreux stattfanden, wurden immer wieder für Wochen unterbrochen, damit sich Freddie Mercury von den Strapazen erholen konnte.

Wie so viele Erkrankte hatte auch er gehofft, dass vielleicht bald und noch rechtzeitig ein Heilmittel gefunden würde. „Freddie versuchte alles“, erinnerte sich der Musiker und Manager Dave Clark. Sogar neue Medikamente habe er sich mit der Concorde aus den USA einfliegen lassen. Die hochwirksame antiretrovirale Therapie allerdings stand erst ein gutes Jahr nach seinem Tod zur Verfügung.

Als abzusehen war, dass keine Besserung mehr eintreten würde, und sich der Gesundheitszustand rapide verschlechtert hatte, entschied Mercury, bis auf Schmerzmittel alle anderen Medikamente abzusetzen.

Am 22. November beriet er sich mit dem Queen-Manager Jim Beach; tags darauf ging er mit einer schriftlichen Erklärung an die Öffentlichkeit: „Nachdem ich die gewaltigen Spekulationen der Presse in den letzten zwei Wochen verfolgt habe, möchte ich hiermit bestätigen, dass ich positiv auf HIV getestet wurde und Aids habe.“

Begräbnis an einem geheimen Ort

Er habe es für richtig befunden, diese Information bis zu diesem Tag privat zu behandeln, um so die Privatsphäre seiner Freund_innen und Verwandten zu schützen.

„Jedoch ist nun die Zeit gekommen, meinen Freunden und Fans auf der ganzen Welt die Wahrheit zu sagen, und ich hoffe, dass alle zusammen mit mir und meinen Ärzten den weltweiten Kampf gegen diese schreckliche Krankheit unterstützen.“

Am nächsten Morgen fiel Mercury in ein Koma und verstarb – kaum mehr als 24 Stunden nach der Presseerklärung – an den Folgen einer aidsbedingten Lungenentzündung. Er wurde 45 Jahre alt.

In der darauffolgenden Woche wurde Mercurys Leichnam nach einem altpersischen Ritus seiner ostafrikanischen Heimat Sansibar eingeäschert. Seine frühere Lebensgefährtin, langjährige Freundin und Haupterbin, Mary Austin, hatte Mercury gebeten, die Asche an einem geheimen Ort zu begraben. Er wollte so verhindern, dass sein Grab zu einer Kultstätte für Fans werden könnte. Selbst seine Eltern wurden nicht eingeweiht.

Seit 2016 auf einem anonymen Gräberfeld des Kensal Green Cemetery in West London eine Gedenkplakette für Farrokh Bulsara (so Mercurys bürgerlicher Name) entdeckt wurde, ist davon auszugehen, dass Mary Austin die Urne dort beigesetzt hat.

Bis dahin war vermutet worden, sie sei im Garten von Mercurys Londoner Anwesen oder im Genfer See verstreut worden. In Montreux, wo Mercury viele seiner Songs aufgenommen hat, erinnert heute eine überlebensgroße Statue an den Musiker.

Ihm zu Ehren fand ein halbes Jahr nach seinem Tod im Londoner Wembley-Stadion ein weltweit live übertragenes Konzert statt. Der Erlös aus diesem „Freddie Mercury Tribute Concert for AIDS Awareness“ lieferte den Grundstein für den Mercury Phoenix Trust. In den 20 Jahren des Bestehens hat die von den Queen-Musikern und ihrem Management gegründete Stiftung rund 16 Millionen Dollar an über 700 HIV/Aids-Projekte ausschütten können.

30 Jahre nach dem Tod von Freddie Mercury lebt sein Mythos weiter. Bei Queen-Konzerten wird beim unsterblichen Klassiker „Bohemian Rhapsody“ Mercurys Stimme vom Band zugespielt, was bei den Fans stets einen Jubelsturm entfacht. Durch dem immensen Erfolg des Biopics „Bohemian Rhapsody“ wurde Freddie Mercury zudem auch bei jüngeren Generationen bekannt.

München hat inzwischen eine Straße nach ihrem zeitweiligen Bewohner benannt; und am Holzplatz in der Isar-Vorstadt, unweit von Mercurys einstiger Wohnung, erinnert ein großformatiges Porträt an den Musiker: an der Außenwand einer historischen Klappe.

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