Zeitreise vom alten zum neuen Aids
Mit der schicksalhaften Geschichte seiner Hauptfigure Marius und Jakob, die Stressenreuter hier einfühlsam, aber in zugleich nüchtern wie pointierter Weise entfaltet, steht so gleichermaßen exemplarisch für eine ganze Generation und deren Erfahrungen mit Aids. Wer diese Zeiten miterlebt hat, wird sich in diesem Roman allenthalben mit den eigenen Erinnerungen konfrontiert sehen.
Für die Nachgeborenen wiederum bietet diese Erzählebene des Romans ein eindringliches und authentisches Zeitbild, das Stressenreuter zudem kapitelweise mit kurzen Newsflashs zu den wichtigen politischen Ereignissen wie auch den weltweiten Entwicklungen in Sachen Aids unterfüttert hat.
Der Kölner Autor hatte lange mit sich gerungen, dieses Kapitel literarisch aufzuarbeiten, wie er im Gespräch erläuterte. „Es ist nun genug Zeit vergangen, um sich mit diesem Thema zu beschäftigen zu können, ohne Wunden aufzureißen.“
Durch die HIV-Therapie habe die Krankheit ihr einstiges Grauen verloren. Das mache es für ihn als Autor leichter zurückzublicken.
Stressenreuter hat für seinem Roman auf eigene Erfahrungen zurückgreifen können: Zwölf Jahre hat Stressenreuter, Jahrgang 1961, in einem schwulen HIV-Pflegeprojekt und einem Hospiz für Aidskranke gearbeitet und auch in seinem privaten Umfeld die erschreckenden Folgen der Epidemie erfahren müssen.
„Die nachgewachsene Generation hat meist keine Ahnung, was ein Kaposi-Sarkom ist, geschweige denn wie es ausgesehen hat. Als Jemand, der diese Zeit hautnah miterlebt hat, sehe ich mich daher verpflichtet, davon zu erzählen.“
Sein Roman sei seine Form, den Verstorbenen seiner Generation ein Denkmal zu setzen und das „alte“ und das durch die HIV-Medikation ermöglichte „neue“ Aids gegenüberzustellen.
Links zur ausführlichen Besprechung des Romans und zu einem Interview mit Jan Stressenreuter auf magazin.hiv
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