Truck Stop Pomona: Fernfahrer, Prostituierte und HIV
Pomona liegt an einem Highway ein paar Kilometer außerhalb von Johannesburg. Es handelt sich um einen eingezäunten, sicheren Bereich mit zahlreichen Einrichtungen.
Dutzende von LKW-Fahrern aus ganz Afrika warten hier auf ihre nächste Ladung. Es gibt ein Café, einen Laden, Möglichkeiten zum Wäschewaschen und eine gut ausgestattete LKW-Werkstatt.
Truck Stop Pomona: Temporäre Heimat und Ort der Hoffnung
Versteckt hinter den LKWs am Rand des Areals befindet sich eine lange Reihe von Zelten. Hier wohnen unzählige Sexarbeiterinnen, bei denen die Männer Gesellschaft finden, wenn sie nicht bei ihren Freundinnen oder Ehefrauen zu Hause sind.
Die meisten Frauen, die wir hier getroffen haben, kommen aus Simbabwe.
Jedes Jahr fliehen tausende in das reiche Südafrika, um der extremen Armut in ihrem Heimatland zu entkommen.
Sie hoffen, dort genügend Geld zu verdienen, damit ihre Kinder und ihre Familien zu Hause überleben.
Die Sexarbeit ist ihre Haupteinnahmequelle, aber die Frauen handeln auch mit gebrauchten Kanistern und Second-Hand-Kleidung.
Männer und Frauen kennen ihren Platz
Die Rollen sind in Pomona klar verteilt: Männer und Frauen kennen ihren Platz.
Das schafft Frieden. Solange die Männer nicht zu viel trinken, gibt es nur wenig Probleme.
Absurd hohe HIV-Raten
Was in Pomona am wichtigsten ist, aber unsichtbar, worüber man nicht laut, sondern nur hinter vorgehaltener Hand spricht: 80 Prozent der Fernfahrer und mehr als 60 Prozent der Frauen leben mit HIV.
Das sind absurd hohe Raten, die es fast nirgendwo sonst auf der Welt gibt.
Immerhin: Es wird besser. „Vor ein paar Jahren waren praktisch alle LKW-Fahrer HIV-infiziert. Jetzt gibt es auch junge Fahrer ohne HIV“, sagt Schwester Rosina.
HIV ist immer noch ein Tabu
Sie ist für den Klinikcontainer verantwortlich, der gut sichtbar in zentraler Lage auf dem Gelände steht. Hier können sich die Fernfahrer und die Frauen – egal, wer sie sind oder woher sie kommen – kostenlos testen und behandeln lassen.
„Frauen sind stärker, wenn es um den Umgang mit HIV geht“
Leider ist HIV in Afrika aber immer noch ein großes Tabu. Das erhöht die Hemmschwelle, die Klinik aufzusuchen.
Vor allem die LKW-Fahrer können oft nur schlecht mit einer HIV-Diagnose umgehen. Sie haben Angst, ihren Job zu verlieren und es ihren Partnerinnen zu Hause zu erzählen.
„Frauen sind stärker als Männer, wenn es um den Umgang mit HIV geht“, sagt Schwester Rosina.
„Sie nehmen brav ihre Pillen ein und geben nicht auf. Das liegt daran, dass die Frauen auch Mütter sind.“
HIV spielt eine immer größere Rolle beim Sex zwischen Fahrern und Frauen.
Der Mann hat das letzte Wort
Heute trauen sich mehr Frauen als noch vor fünf Jahren, auf ein Kondom zu bestehen, und mehr Männer sind sich ihrer Risiken bewusst.
Aber wenn ein Mann kein Kondom benutzen will, hat er das letzte Wort.
Das bestätigt auch LKW-Fahrer Petros, ein netter Kerl: „Ich will nicht lügen. Der Mann ist der Boss, und die Frauen geben immer nach, weil sie es sich nicht leisten können, auf das Geld zu verzichten.“
Text: Erwin Kokkelkoren
Fotos: Erik Smits
Übersetzung: Agentur MacFarlane
Der Beitrag erschien zuerst auf atlas2018.org. Auf der Website zum Projekt „ATLAS2018“ erzählen die niederländischen Künstler Erwin Kokkelkoren und Bert Oele die Geschichten von Menschen mit HIV aus aller Welt (wir berichteten auf magazin.hiv). Die Porträts und Interviews werden zur Welt-Aids-Konferenz in Amsterdam präsentiert (23.–27. Juli 2018).
Eine Auswahl stellen wir hier vor und danken Erwin Kokkelkoren und Bert Oele für das Recht zur Zweitveröffentlichung. Bisher erschienen sind
Leben mit HIV in Suriname (Ethel, Jennifer, Frau Malats, Richard)
HIV mit 16 – ist das ein Witz?! (Alexej, Russland)
„Ich liebe meinen Vater sehr“ (Herr Kachidza und Enock, Sambia)
„Wir können Aids besiegen“ (Carsten Schatz, Deutschland)
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