Ende des Trauerspiels: Loperamid wieder verordnungsfähig

Von Armin Schafberger
Durchfall ist eine der Nebenwirkungen von antiretroviralen Medikamenten. Menschen mit HIV, die davon betroffen sind, benötigen wirksame Medikamente, um den Durchfall erträglich zu machen. Loperamid ist ein solches Medikament – es stellt den Darm ruhig.

Bei der letzten Änderung der Arzneimittelrichtlinie – in der festgelegt ist, welche Medikamente von der Krankenkasse erstattet werden – wurde die Verordnung von Loperamid ab 1. April 2009 praktisch komplett als Kassenleistung gestrichen. Die Krankenkassen argumentierten, bei der Verordnung dieses Medikaments würde zu viel Missbrauch und Schindluder getrieben. Es würde zu häufig verordnet, z.B. als Reisemedikament – obwohl die Kosten für Reisemedikamente eigentlich nicht von der Krankenkasse übernommen werden müssen.

Patienten mit chronischen Durchfällen mussten fortan die Durchfallmedikamente aus eigener Tasche bezahlen, auch wenn der Durchfall eigentlich vom Arzt „hausgemacht“ war – als Nebenwirkung einer ärztlich verordneten Therapie. Viele Ärzte folgten aus Furcht vor Regressansprüchen der Krankenkassen der Richtlinie und stellten für Loperamid kein Kassenrezept mehr aus.

Die Deutsche AIDS-Hilfe und andere Patientenverbände protestierten beim Gemeinsamen Bundesausschuss und stellten den Antrag, die Richtlinie entsprechend zu korrigieren.

Am 15. Oktober hat der Bundesausschuss nach etlichen Beratungen entschieden: Loperamid kann wieder auf Kassenrezept verordnet werden „bei schweren und länger andauernden Diarrhöen, auch wenn diese therapieinduziert sind, sofern eine kausale oder spezifische Therapie nicht ausreichend ist“. In der Begründung für den Beschluss sind „…. als schwere Diarrhoen … solche anzusehen, die zu einem Anstieg der Stühle auf 7 und mehr pro Tag und/oder heftigen Krämpfen sowie Inkontinenz, was die Aktivitäten des täglichen Lebens beeinträchtigt, führen … was die normalen Aktivitäten beeinträchtigt.“

Der Bundesausschuss fordert bei längerer Anwendung (> 4 Wochen) vom Arzt/der Ärztin eine „besondere Dokumentation und Verlaufsbeobachtung“.

Die HIV-Infektion selbst ist auch nach der Korrektur der Richtlinie keine Indikation für die Verordnung von Loperamid auf Kassenrezept, da nach Richtlinie eine Indikation nur gegeben ist, wenn „eine kausale oder spezifische Therapie nicht ausreichend ist…“. Bei einem Durchfall, der HIV-bedingt ist, sollte also laut Bundesausschuss erst eine antiretrovirale Therapie erfolgen, um die Ursache des Durchfalls zu bekämpfen.

Gleiches gilt bei Durchfall infolge einer Darminfektion mit Bakterien. Hier sollten zuerst Antibiotika eingesetzt werden. Nur wenn diese Maßnahmen nicht ausreichend sind, ist Loperamid verordnungsfähig.

Die Korrektur der Richtlinie tritt nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft, wahrscheinlich Anfang 2010. Allerdings ist zu erwarten, dass Ärzte, die ab sofort Loperamid wieder auf Kassenrezept verordnen, keinen Ärger mit der Krankenkasse bekommen werden.

Quelle: www.g-ba.de

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