UNAIDS: Weltweiter Rückgang der Neuinfektionen
Wurden die Zahlen geschönt?
Der weltweite Rückgang um 17% wird von den Autoren als Erfolg der HIV Präventionsinitiativen gewertet. Jedoch muss kritisch angemerkt werden, dass teilweise die Berechnungsgrundlagen stark verändert wurden. So wird beispielsweise in Indien die Prävalenz mittlerweile nur noch mit Bezugnahme auf schwangere Frauen berechnet. Es werden jedoch nur diejenigen erfasst, die während der Schwangerschaft einen Arzt aufsuchten. Dies ist in Indien sicherlich nicht bei allen schwangeren Frauen der Fall. Erst recht nicht bei Frauen, die in ländlichen Regionen leben oder aus unteren sozialen Schichten stammen. Die am meisten von HIV bedrohten und betroffenen Gruppen werden erst gar nicht in die Berechnung einbezogen. Mit dieser Veränderung in der Berechnung verzeichnete Indien auf einen Schlag nicht mehr 5,6 Millionen, sondern nur noch 2,5 Millionen Infizierte. Es bleibt also nicht auszuschließen, dass der beschriebene Rückgang an Neuinfektionen stark der veränderten Berechnungsmethode von UNAIDS geschuldet ist.
Andererseits verdeutlicht der Bericht, dass die Neuinfektionen in einigen der am meisten bedroht und betroffenen Gruppen weiter zunimmt, so auch bei Männern, die Sex mit Männern haben. Dies gilt nun nicht nur in den Regionen, in denen Menschenrechte als stark eingeschränkt eingestuft werden müssen. So nahm beispielsweise in Großbritannien die Anzahl der Neuinfektion bei MSM zwischen 2000 und 2007 um 73% zu. Hingegen in Westeuropa stiegen die Zahlen zwischen 2003 und 2007 um 39%.
Ukraine weiterhin trauriger Spitzenreiter in Osteuropa
In Osteuropa belegt die Ukraine weiterhin die traurige Spitzenposition mit einer Prävalenz von geschätzten 1,6%. Gefolgt von Russland und Estland, die beide ebenfalls Prävalenzen über einem Prozent ausweisen. Die HIV-Prävalenz bei Drogengebrauchenden wird in Russland auf 37%, in der Ukraine sogar auf zwischen 38-50% geschätzt. Dahingegen sollen sich nur 0,4% aller HIV Neuinfizierten über mann-männlichen Sex infiziert haben. Diese unwahrscheinlich niedrige Zahl muss wohl in Verbindung mit den weiterhin drängenden Menschenrechtsfragen in Bezug auf die Gruppe der Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Transgender und Intersexuellen gesehen werden. Kleine Erfolge sind trotzdem zu verzeichnen: So zum Beispiel gut laufenden Harm Reduction Programme – also risikominimierende Präventionsansätzen für Drogengebrauchende in Estland oder die sich leicht schließende Versorgungslücke mit antiretroviraler Therapie.
Jedoch muss die weltweite medizinische Versorgungssituation weiterhin als schlecht beurteilt werden.
Den gesamten Bericht in Englischer Sprache gibt es auf den Seiten von UNAIDS.
Gastbeitrag von Carolin Vierneisel, Fachbereich Internationales der DAH
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