Bock bloggt (2): „Früher hatten die Rente und konnten sich engagieren“ – Leben mit HIV damals und heute

Veranstaltungsort
Ravensberger Park Bielefeld

Tag zwei bei den Positiven Begegnungen. Heute und morgen gibt es eine große Auswahl an Angeboten. Ich entscheide mich für einen Workshop zum Thema „Jede Generation hat anders HIV“.

Der Workshop will zwei Gruppen von HIV-Positiven ins Gespräch bringen: Menschen, die sich vor vielen Jahren infiziert haben – zu einer Zeit, da eine HIV-Infektion noch ein Todesurteil bedeuten konnte – und solche, die in den letzen Jahren ihr HIV-positives Testergebnis bekamen, als es bereits Medikamente gab, die das Virus in Schach halten können.

Was denken die „Langzeitpositiven“ über die „Neuinfizierten“ und umgekehrt? Welche Vorurteile gibt es? Was sind Unterschiede, was gibt es an Gemeinsamkeiten? Um darauf Antworten zu finden, musste die eine Gruppe in die Rolle der anderen schlüpfen und durfte munter loslegen: „Für mich war HIV damals ein Todesurteil, es war ne ganz andere Zeit. Die Jungen wollen heute nicht mehr wissen, wie schlimm das war.“ Aus der Perspektive der Jungen hört sich das so an: „Ich kann das Gejammere nicht mehr hören, das ist, als ob der Opa vom Krieg erzählt“.

Es wird deutlich, dass eine HIV-Infektion heute etwas vollkommen anderes bedeutet als vor 20 Jahren. Die neue HIV-Generation hat mit anderen Problemen zu kämpfen: „Früher hatten die Rente und konnten sich engagieren, ich muss heute meine Infektion und meinen Beruf unter einen Hut bekommen.“ So reagiert einer der „Jungpositiven“ auf den Vorwurf, er würde sich nicht in der Selbsthilfe engagieren“.

„Früher hatten die Rente, ich muss heute meine Infektion und meinen Beruf unter einen Hut bekommen.“

Im Workshop wird aber auch deutlich: Es gibt mehr Gemeinsames als Trennendes: Das positive Testergebnis war für alle ein gravierender Einschnitt. Gemeinsam ist auch die Hoffnung auf die Wirksamkeit und Weiterentwicklung der HIV-Medikamente.

Für alle Teilnehmer/innen ist der Austausch mit anderen Positiven wichtig. Das stärkt die Selbstakzeptanz und das Selbstbewusstsein. „Wir wollen nicht als Opfer gesehen werden.“ Sagt ein Teilnehmer, und ein Langzeitpositiver bringt es auf den Punkt: „Wir sind wie der Rest der Menschen – mit einer blöden Infektionskrankheit, die gut behandelbar ist.“ Das hat sich vor 20 Jahren noch kaum einer vorstellen können.

1 Kommentare

termabox 30. August 2010 12:26

Also in dem Workshop war ich auch. Es war ein wunderbares Arbeitsklima. Wir sind in die Rolle der anderen Seite (von JungPositiv zu Langzeitpositiv und vice versa) geschlüpft und uns aus der Perspektive der anderen betrachtet. So haben wir die gängigen plakativen Vorurteile übereinander herausgearbeitet. Es war spannend, bestätigt zu bekommen, dass man den Nagel auf den Kopf getroffen hat.

Mir hat sehr gefallen, dass nicht nur in diesem Workshop, sondern auf der ganzen Konferenz die Jungpositiven einen inzwischen selbstverständlichen Platz einnehmen. Und sie waren zahlreich da.

Mir hat der Dialog miteinander sehr gefallen. Mit manchen von den JuPos kann ich besser auf Augenhöhe mich austauschen als mit gleichaltrigen Langzeitpositiven. Und von einem JuPo wurde das genauso erlebt.

Es gibt einfach total viele Gemeinsamkeiten – und das macht mir Lust auf mehr Begegnungen miteinander!

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