Bundesrat stimmt Neuregelung der Substitutionstherapie zu
Die Neuregelung soll unter anderem die Rechtssicherheit für substituierende Ärzt_innen stärken. Bislang waren Substitutionsmediziner_innen häufig Strafandrohungen ausgesetzt mit dem Vorwurf der Überlassung eines Betäubungsmittels – ein Grund, warum immer weniger Ärzt_innen bereit waren, Opiatabhängige zu substituieren. Die Folge: Drohende Engpässe in der Versorgung von Substitutionspatient_innen.
Mehr Rechtssicherheit für Ärzt_innen
Mit der nun beschlossenen 3. Verordnung zur Änderung der BtMVV werden die medizinischen-therapeutischen Erfordernisse in die Richtlinien der Bundesärztekammer (BÄK) überführt, die Strafbewehrung der Therapieziele wird damit aufgehoben.
Dies betrifft insbesondere folgende Bereiche:
- die Voraussetzungen für die Einleitung und Fortführung der Therapie
- den Umgang mit dem Gebrauch weiterer legaler oder illegaler Substanzen während einer Substitutionstherapie (Beikonsum)
- das Verschreiben des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme durch Patient_innen, die einen gefestigten Umgang mit ihrem Suchtverhalten haben
- die Entscheidung über die Erforderlichkeit einer zusätzlichen psychosozialen Betreuung
Flexible, wohnortnahe Versorgung
Zudem soll mit der Änderung der BtMVV die Versorgung der Substitutionspatient_innen flexibler und wohnortnah gestaltet werden.
Künftig können daher auch stationäre und häusliche Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen sowie Hospize Substitutionspatient_innen mit zur Substitution zugelassenen Medikamenten wie zum Beispiel Buprenorphin, (Levo-)Methadon oder retardiertem Morphin versorgen. Darüber hinaus soll die Möglichkeit bestehen, dass Substitutionsmittel durch ambulante Pflegedienste und Ärzt_innen beim Hausbesuch ausgehändigt werden.
Insbesondere auf dem Land sollen die Änderungen eine bessere Versorgung bewirken, dort gibt es in der Regel kaum oder gar keine suchtmedizinische Fachpraxen.
Nach der sogenannten Konsiliarregelung können Ärzt_innen ohne suchtmedizinische Qualifikation Patient_innen substituieren, wenn sie regelmäßig eine erfahrene Suchtmedizinerin oder einen erfahrenen Suchtmediziner hinzuziehen – bisher jedoch war die Zahl der Substitutionspatient_innen auf maximal drei pro Arzt/Ärztin begrenzt. Nach den neuen Regelungen können Ärzt_innen ohne suchtmedizinische Qualifikation nun bis zu zehn Patient_innen substituieren.
Mehr Selbstbestimmung für Patient_innen
Eine weitere wichtige Änderung betrifft die sogenannte Take-Home-Vergabe. Grundsätzlich sollen Opiatabhängige ihr Substitutionsmittel auch weiterhin nur im Beisein von Fachpersonal, also zum Beispiel in der Substitutionspraxis, einnehmen. Allerdings dürfen Ärzt_innen nach den neuen Regelungen ihren Patient_innen Medikamente nun für den Bedarf von bis zu 30 Tagen statt wie bisher 7 Tagen verschreiben.
Die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) hat die lange geforderte Reform der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung als Mitglied des Expertengremiums begleitet. „Wir freuen uns, dass die Politik unsere Empfehlungen umsetzt und mit der Neuregelung die bestehenden Defizite in der Versorgung von Substitutionspatientinnen und -patienten aufgreift“, sagt Dirk Schäffer, DAH-Referent für Drogen und Strafvollzug. „Die neue Verordnung stärkt die Selbstbestimmung der Patienten und schafft mehr Rechtssicherheit, die dazu beitragen wird, mehr Ärztinnen und Ärzte zur Substitution zu motivieren.“
(ascho/Christina Laußmann)
Quelle/weitere Informationen:
Dritte Verordnung zur Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung
Substitutionsbericht zeigt Engpässe bei der Versorgung Opiatabhängiger (Meldung auf aidshilfe.de)
Bericht auf aerzteblatt.de zum Kabinettsbeschluss im März 2017
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