Hepatitis-C-Sofortbehandlung bei schwulen Männern mit HIV senkt Zahl der Neuinfektionen
Dies berichtete der Virologe Bart Rijnders Mitte Februar auf der Retroviruskonferenz CROI in Seattle.
Der Wissenschaftler des Rotterdamer Erasmus University Medical Centre hatte mit seinen Kolleg_innen die Daten von 17 Kliniken in den Niederlanden ausgewertet, die rund 80 % aller HIV-positiven MSM des Landes behandeln.
Ziel war es, herauszufinden, welche Auswirkungen der in den Niederlanden für Menschen mit Ko-Infektionen uneingeschränkte Zugang zu den neuen, direkt wirkenden antiretroviralen Medikamenten (DAA) auf die Rate der HCV-Neuinfektionen bei HIV-positiven MSM hat – einer Gruppe, die von dem Hepatitis-C-Virus besonders betroffen ist.
Seit dem Jahr 2014 wurden in Europa mehrere hocheffektive Medikamente zur Behandlung von chronischer Hepatitis C zugelassen – mit Heilungsraten von deutlich über 90 %. Aufgrund der hohen Preise jedoch ist der Zugang zu den Medikamenten in vielen Ländern eingeschränkt und davon abhängig, wie weit die Erkrankung der Leber bereits fortgeschritten ist (meist orientiert man sich hierfür an dem Fibrosegrad). In den Niederlanden allerdings dürfen seit November 2015 die neuen Präparate bei Menschen mit einer Ko-Infektion auch direkt nach der Diagnose und unabhängig vom Fibrosegrad eingesetzt werden.
Besonders bei schwulen und bisexuellen Männern habe dies zu einem rasanten Anstieg der Behandlungszahlen geführt, so Rijnders, was sich wiederum äußerst positiv auf die HCV-Inzidenzrate ausgewirkt habe. Wurde im Jahr 2014 noch bei 93 HIV-positiven MSM eine HCV-Neuinfektion diagnostiziert (von den Forscher_innen als Infektion definiert, die nicht älter ist als 12 Monate, und als „akute Infektion“ bezeichnet), waren es 2016, also ein Jahr nach Ausweitung des Zugangs zu den neuen Medikamenten, nur noch 49. Demnach ist die jährliche Inzidenzrate jedes Jahr von 1,1 % auf 0,5 % gefallen – ein Rückgang von knapp über 50 %.
Rijnders wies während seiner Präsentation darauf hin, dass die Zahl der Syphilis-Neuinfektionen bei HIV-positiven MSM im selben Zeitraum um „erstaunliche“ 41 % gestiegen sei. Demnach könne der Rückgang bei den HCV-Zahlen nicht auf ein verändertes Sexualverhalten zurückgeführt werden, stattdessen sei der uneingeschränkte Einsatz der neuen Medikamente die wahrscheinlichste Erklärung für diese Entwicklung.
In Deutschland werden die Kosten für die direkt wirkenden antiretroviralen Medikamente nur für die Behandlung einer chronischen (mehr als sechs Monate alten) Hepatitis-C-Infektion von den Krankenkassen erstattet – sicherlich auch wegen der hohen Preise. Rund 45.000 Euro fallen derzeit für eine zwölfwöchige Therapie mit den modernen Medikamenten an. Seit Zulassung der hochwirksamen Präparate werden akute Infektionen hierzulande nicht mehr therapiert, da die einzige zugelassene Option hierfür eine sechsmonatige, nebenwirkungsreiche Interferon-Therapie wäre. Die Behandlung einer chronischen Infektion dagegen ist mittlerweile gut verträglich und dauert nur noch wenige Wochen. Zudem heilen etwa 15 % der akuten Infektionen innerhalb eines halben Jahres von alleine aus.
(ascho/Christina Laußmann)
Quellen/weitere Informationen:
Abstract zur Studie auf der Website der Retroviruskonferenz CROI
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