Neue Berliner Koalition setzt Zeichen bei den Themen HIV und sexuelle Vielfalt
Das sieht der Koalitionsvertrag vor, den die Parteien SPD, Linke und Grüne gestern veröffentlicht haben.
Unter dem Titel „Regenbogenhauptstadt Berlin“ findet sich darin ein ganzes Kapitel zu den Vorhaben im Bereich LGBTIQ. Demnach will Rot-Rot-Grün der „Initiative sexuelle Vielfalt“ zu „neuem Schwung“ verhelfen und die Haushaltsmittel für den 2010 aufgelegten Aktionsplan zur Förderung der Akzeptanz sexueller Vielfalt in Schulen, Behörden, Verbänden, Betrieben und Zivilgesellschaft verdoppeln.
Darüber hinaus sind unter anderem ein queeres Jugendzentrum, Wohnprojekte für LGBTIQ-Geflüchtete sowie der Ausbau bestehender Hilfestrukturen für Opfer homo- und transphober Gewalt geplant.
Bundespolitisch will sich die neue Berliner Regierung für eine Reform des Transsexuellengesetzes stark machen und eine neue Bundesratsinitative zur Öffnung der Ehe starten.
Im Bereich HIV/Aids und Hepatitis sieht der Koalitionsvertrag die Stärkung des Netzwerks der Beratungs-, Aufklärungs- und Behandlungsangebote vor. In der HIV-Prävention will die Koalition auch die „medikamentöse Prävention“ zum Thema machen. Berlin wird sich zudem weiter im Bündnis der Fast-Track-Cities engagieren, wobei im Entwicklungskonzept die Tatsache berücksichtigt werden soll, dass viele HIV-positive Menschen aufgrund einer erfolgreichen Therapie nicht mehr infektiös sind.
Für Menschen ohne Aufenthaltsstatus soll ein Notfallfonds-finanzierter anonymer Krankenschein eingeführt werden.
Im Bereich Drogenpolitik will die Koalition Maßnahmen zur Schadensminimierung (Harm Reduction) wie Drug-Checking, Drogenkonsumräume und die Ausgabe steriler Konsumutensilien unterstützen, ein Projekt zur Naloxon-Anwendung bei Opiatüberdosierung prüfen sowie ein Modellprojekt zur Cannabis-Abgabe an Erwachsene erarbeiten. Darüber hinaus sollen Menschen in Haft „wirksame Maßnahmen der Suchthilfe, Therapie und Schadensreduktion“ zur Verfügung gestellt werden.
In den Koalitionsvereinbarungen kündigt Rot-Rot-Grün zudem die Streichung der personengebundenen Hinweise ‚geisteskrank‘, ‚ansteckend‘ (gemeint ist mit HIV, Hepatitis B oder C infiziert) und ‚BTM‘ (für Betäubungsmittel-Konsument) aus der Polizeidatenbank an.
Durch diese Entscheidung gerät nun auch die Landesregierung aus SPD und Grüne in Nordrhein-Westfalen unter Druck. Wie im September 2016 durch eine Kleine Anfrage der Linken im nordrhein-westfälischen Landtag bekannt wurde, verteidigt die NRW-Landespolizei weiterhin die Speicherung von HIV- sowie Hepatitis-B- und Hepatitis-C-Infektionen in ihrem Auskunftssystem „POLAS NRW“. Den Berliner Koalitionsvertrag nahm Jasper Prigge, innen- und queerpolitischer Sprecher der NRW-Linken, zum Anlass, die Landesregierung erneut aufzufordern, „die Diskriminierung und Stigmatisierung von Menschen mit HIV und Hepatitis“ zu beenden.
(ascho/Christina Laußmann)
Quellen/weitere Informationen:
Koalitionsvereinbarung zwischen SPD, Linke und Bündnis 90/Die Grünen in Berlin
„Polizei in NRW stigmatisiert HIV-Positive“, Meldung auf aidshilfe.de vom 7. September 2016
„Berlin streicht Merkmal ‚ANST‘ in Polizeidatenbank: Wann folgt NRW?“, Pressemitteilung von Jasper Prigge, DIE LINKE NRW, vom 17. November 2016
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