Gesundheitspolitik

Suchtmediziner_innen fordern Sicherung der Substitutionstherapie

Von Axel Schock
zwei Stühle
Nach jahrelanger Reformdiskussion drängen Gesundheitspolitiker_innen quer durch die Fraktionen sowie Suchtmediziner_innen auf eine baldige Reform der Betäubungsmittel-Verschreibungs-Verordnung (BtMVV).

Beim 13. Parlamentarischen Abend zur Substitutionstherapie heroinabhängiger Patient_innen waren die Expert_innen sich einig, dass die Substitutionstherapie rechtlich abgesichert und attraktiver gemacht werden muss, um Lücken in der Versorgung der derzeit etwa 90.000 Substituierten entgegenzuwirken. Dringenden Handlungsbedarf gebe es auch im Strafvollzug: Von rund 3.000 berechtigten Inhaftierten würden nur etwa 45 substituiert – ein Abbruch der Substitution in Haft grenze an unterlassene Hilfeleistung, so der Bundestagsabgeordnete Dr. Harald Terpe, drogen- und suchtpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen und selbst Mediziner.

„Der Versorgungsengpass droht nicht, er ist längst da“ (Dr. Harald Terpe)

Auf der Veranstaltung des Initiativkreises Substitutionstherapie (IKS), in dem auch die Deutsche AIDS-Hilfe vertreten ist, sprachen sich sowohl Birgit Naase, Ministerialdirigentin im Bundesministerium für Gesundheit, als auch Dr. Josef Mischo, Mitglied des Vorstandes der Bundesärztekammer, dafür aus, medizinisch-therapeutische Erfordernisse künftig in den entsprechenden Richtlinien der Bundesärztekammer (BÄK) und nicht länger in der BtMVV zu regeln.

Dabei soll die immer noch in der Betäubungsmittel-Verschreibungs-Verordnung verankerte Abstinenz als vorrangiges Ziel der Substitutionsbehandlung abgelöst werden von der langfristigen gesundheitlichen Stabilisierung der Patient_innen, fordern die Ärzt_innen.

Substituierende Ärzt_innen könnten so bei Therapiekonzepten oder der Auswahl des Substitutionsmittels flexibel und adäquat auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Patient_innen reagieren. Auch die Konsiliarregelung soll überarbeitet werden, um dadurch mehr Patient_innen in der Allgemeinarztpraxis und auf dem Land versorgen zu können. Diese Regelung lässt es zu, dass Ärzt_innen ohne suchttherapeutische Qualifikation bis zu drei Patient_innen gleichzeitig substituieren, sofern ein_e suchttherapeutisch qualifizierte_r Kolleg_in in die Behandlung einbezogen wird.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, gab sich überzeugt, dass die BtMVV-Reform noch während dieser Legislaturperiode verabschiedet wird: „Was jetzt zehn Jahre gedauert hat, wird am Ende meiner Amtszeit kommen. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer“, sagte sie.

Parallel zum Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums arbeitet die Bundesärztekammer bereits an der Novellierung ihrer Substitutions-Richtlinien. Dr. Josef Mischo, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Sucht und Drogen in der BÄK betonte, dass durch die geplanten Reformen derzeit noch bestehende Rechtsunsicherheiten beseitigt würden, aufgrund derer manche Ärzt_innen vor der aktiven Substitution zurückschrecken.

(ascho/hs)

Quellen/weitere Informationen

Presseinformation des Initiativkreises Substitutionstherapie vom 31.10.2016

„Suchtmediziner dringend gesucht!“ (Meldung zum Appell des „Initiativkreises Substitutionstherapie“ (IKS)  „Bitte substituieren Sie!“, aidshilfe.de, 24.05.2013)

Bericht – Parlamentarischer Abend Substitutionstherapie (auf medizin.pr-gateway.de)

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