Das HIV-Medikament Truvada ist in Australien zwar seit Mai zur Prä-Expositonsprophylaxe zugelassen, doch wird das Medikament zum Schutz vor einer HIV-Infektion vorerst nicht vom Staat bezuschusst.

Der Antrag, die HIV-PrEP in das nationale Arzneimittelfinanzierungsprogramm (Pharmaceutical Benefits Scheme) aufzunehmen, wurde von dem zuständigen Ausschuss abgelehnt. Das Pharmaceutical Benefits Advisory Committee (PBAC) begründet die heute veröffentlichte Empfehlung an die Regierung unter anderem mit den zu hohen Kosten für das Medikament.

Die Kosteneffizienzschätzung des Herstellers sei unzuverlässig, so das PBAC in seinem Protokoll zu den Beratungen. Der Pharmakonzern Gilead Sciences hatte Berechnungen vorgelegt, in denen die PrEP lediglich für eine kleinere Gruppe von Personen vorgesehen ist, die nach Selbstauskunft ein hohes HIV-Risiko hätten.

Für eine Durchschnittsperson dieser Gruppe fielen demnach, bezogen auf die gesamte Lebenszei,t Kosten zwischen 105.000 und 200.000 australische Dollar an – eine Schätzung, die laut PBAC „inakzeptabel hoch und unsicher sei“. Zudem sei es weder machbar noch akzeptabel, den Zugang zur PrEP nur auf eine kleine Teilpopulation mit hohem HIV-Risiko zu beschränken. Um die PrEP aber für eine breitere Gruppe verfügbar zu machen, müsse Gilead mit Blick auf die Kosteneffizienz den Preis für sein Medikament um ein beträchtliches Maß senken.

Darryl O’Donnell, Leiter der Australischen Vereinigung von Aids-Organisationen (AFAO), zeigte sich – neben vielen weiteren HIV-Expert_innen und -Organisationen – über die Entscheidung des PBAC sehr enttäuscht. Damit würde gerade jenen die PrEP vorenthalten, die sie am meisten benötigten. „Während wir auf den Zugang zu diesem Präventionsmedikament warten, werden sich Menschen völlig unnötig mit HIV infizieren“, so O’Donnell in einer öffentlichen Erklärung des Dachverbands australischer Aids-Organisationen. Darüber hinaus werde man das unter anderem von der australischen Regierung erklärte Ziel, die Verbreitung von HIV in Australien bis 2020 praktisch zu beenden, ohne die staatliche Subventionierung der PrEP nicht erreichen können.

Australische HIV- und Gesundheitsorganisationen dringen nun darauf, dass der Truvada-Hersteller dem PBAC sobald als möglich erneut einen Antrag vorlegt. Dieser könnte allerdings frühestens im März 2017 in einem der Ausschusstreffen berücksichtigt werden.

Bei einer Prä-Expositions-Prophylaxe (kurz PrEP) nehmen HIV-Negative ein HIV-Medikament ein, um sich vor einer Ansteckung zu schützen. Mehrere Studien haben die Wirksamkeit der PrEP mit Truvada für bestimmte Gruppen bestätigt.

In den USA ist die PrEP bereits seit 2012 zugelassen. Dort wird sie in vielen Fällen von den Krankenkassen erstattet. In Frankreich, wo die PrEP bisher noch nicht zugelassen ist, wird der Einsatz von Truvada zur Vorbeugung einer HIV-Infektion ebenfalls von den Krankenkassen finanziert – eine „temporäre Gebrauchsempfehlung“ macht es dort möglich. Im Juli dieses Jahres hat die europäische Arzneimittelbehörde EMA die Zulassung von Truvada zur PrEP empfohlen.

 (ascho/Christina Laußmann)

Quelle/weitere Informationen

Protokoll des PBAC vom Juli 2016 (PDF)

Pressemitteilung der australischen Vereinigung von Aids-Organisationen (AFAO)

Ausführlicher Bericht des australischen „Star Observer“

Zurück

Diagnose: HIV-positiv

Weiter

„Keine Droge hat so große Macht über mich gehabt“

Über

Axel Schock

Axel Schock, freier Autor und Journalist, schreibt seit 2010 Beiträge für aidshilfe.de und magazin.hiv.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

9 + 1 =

Das könnte dich auch interessieren