Welche Rolle spielen Blogs und positive Blogger für das Leben mit HIV? Marcel Dams, 23, sagt: Im Netz kann ich von meinen Gefühlen, Wünschen, Ängsten, Hoffnungen und Erfahrungen (nicht nur) mit HIV erzählen, anderen Mut machen, das Gleiche zu tun, Austausch, Vernetzung und Vielfalt erleben, mich politisch und gesellschaftlich engagieren.

Es ist August 2009, als ich – damals 20 – mein positives HIV-Testergebnis bekomme und nun entscheiden muss, wie ich mit dieser Diagnose umgehe. Die Suche nach Antworten auf viele ungeklärte Fragen führt mich als Erstes ins Internet – wie soll es auch anders sein? Bevor wir zum Arzt gehen, geben wir ja auch erst mal unsere Krankheitssymptome in diverse Suchmaschinen ein – und sind dann erschrocken, welch schlimme Diagnosen dabei herauskommen. Persönlich habe ich festgestellt, dass ein Arztbesuch in den meisten Fällen effektiver gewesen wäre, weil in Foren und auf Blogs auch einfach viel Blödsinn zu lesen ist.

Ich durchsuche das Netz also nach „Erfahrungsberichten“ – so blöd sich dieses Wort im Zusammenhang mit der HIV-Diagnose auch anhören mag –, die mir helfen können, besser mit meiner Infektion umzugehen. Dabei stoße ich auch auf ein paar Blogs, unter anderem auf das Tagebuch von Uwe Görke-Gott und den Internetauftritt von Michael Jähme. Sie leisten mir eine erste Hilfestellung, aber mir fällt recht schnell auf, dass ich mich nicht mit allem, worüber die beiden schreiben, identifizieren kann. Irgendetwas fehlt mir. Anfangs kann ich nicht deuten, was mir dieses Gefühl gibt, aber mit der Zeit wird es deutlicher.

Ich gehöre zu einer anderen Generation, denn sowohl Michael als auch Uwe sind schon sehr lange infiziert, haben Zeiten mitgemacht, in denen es keine Therapiemöglichkeiten für HIV-Positive gab, und stehen an einem anderem Punkt ihrer Lebensgeschichte. Ich dagegen hatte gerade erst die Abschlussprüfung meiner beruflichen Ausbildung erfolgreich absolviert, war bei meinen Eltern ausgezogen und versuchte, auf eigenen Beinen zu stehen. Und in dieser Lebenssituation stelle ich mir andere Fragen, habe andere Ängste, Wünsche und Probleme.

Ich gehöre zu einer anderen Generation

Michael und Uwe waren und sind schlicht und ergreifend „weiter“ als ich, was aber ja kein Vorwurf ist. Es gibt viele Gemeinsamkeiten zwischen denen, die ihre Diagnose vor Jahrzehnten bekommen haben, und denen, die in der heutigen Zeit davon erfahren. Es gibt aber eben auch zahlreiche Unterschiede. Meine Suche nach jemandem in meinem Alter oder zumindest jemandem, der in einer ähnlichen Lebenssituation wie ich war, beginnt.

Bei meinen Recherchen stoße ich sehr oft auf Beiträge, die HIV direkt mit dem Tod gleichsetzen, was zumindest bei uns in Mitteleuropa, wo glücklicherweise Zugang zu Medikamenten besteht, nicht zutrifft. Sterben kommt vor, leider, aber es kann meistens verhindert werden. Das ist gut! Des Weiteren gibt es unglaubliche viele Foreneinträge, in denen Menschen mit HIV als unmoralisch abgestempelt werden. HIV ist hier ein Virus, das sich nur Schwule einfangen können, außerdem Drogengebraucher, die sowieso keinen guten Stand in der Gesellschaft haben, oder „Schlampen“ – damit sind vorwiegend Prostituierte gemeint –, die es mit jedem treiben. Gutbürgerlichen Menschen passiert so etwas nicht, weil sie sich korrekt verhalten, was wiederum bedeutet, dass alle, die sich infizieren, auch selber schuld sind. Geschichten, die dahinter stecken, interessieren die wenigsten.

Marcel Dams
Marcel Dams (Foto: Sebastian Hänel)

Nach langer erfolgloser Suche stelle ich mir die entscheidende Frage: „Warte ich, bis irgendjemand auf die Idee kommt, anzufangen?“ Das Problem: Keiner kann mir sagen, wie lange das dauert. Die andere Möglichkeit: Ich mache es einfach selbst! Ich fange damit an und biete denjenigen, die denselben Bedarf wie ich haben, eine Plattform, auf der sie (m)eine persönliche Sichtweise erleben können. Vielleicht kann ich ja dann auch andere dazu ermutigen, es mir nachzumachen.

Und so entscheide ich mich, einen Blog zu eröffnen, auf dem ich von meinen Gefühlen, Wünschen, Ängsten, Hoffnungen und Erfahrungen mit dem Virus schreibe und zum Austausch aufrufe. Von Anfang an habe ich dabei nie nur für eine „positive Klientel“ gebloggt, sondern war immer dankbar dafür, dass auch viele andere meine Artikel lesen und sich einbringen. Das Netz hat den Vorteil, dass viele verschiedene Menschen mit unterschiedlicher Herkunft und bunten Lebensläufen zusammenkommen – Vielfalt ist wichtig und eine absolute Stärke!

Die Reaktionen auf das, was ich tue, lassen nicht lange auf sich warten. Sie sind positiv und negativ, manchmal sachlich, oft auch populistisch oder beleidigend. Es schreiben mir Junge und Alte, Männer und Frauen, Homo- und Heterosexuelle, Leute ohne und Leute mit Migrationshintergrund, HIV-Positive, HIV-Negative und Menschen, die ungetestet sind. Was mir dabei immer wieder auffällt: Das Thema HIV scheint für viele Leute interessant zu sein. Sie haben das Bedürfnis, etwas von der persönlichen Ebene zu erfahren. Informationsseiten gibt es viele – Quellen, die aus erster Hand vom Leben mit HIV berichten, dagegen kaum. Gerade dies scheint aber gefragt zu sein. Diese Erkenntnis führt dazu, dass ich parallel zum Schreiben auch einen Videoblog auf YouTube eröffne, weil man vor allem dort junge Leute erreichen kann. Die treiben sich nicht so häufig auf Blogs rum, da sie eher zuschauen und weniger lesen möchten.

Meine persönliche Erfahrung ist, dass das Netz ein zusätzliches Medium ist, und zwar ein ganz besonderes. Man kann mit einfachen Mitteln selber Inhalte veröffentlichen. Das führt dazu, dass Stimmen gehört werden, auf die sonst niemand stoßen würde. Diejenigen, die nicht im TV, im Radio oder in der Zeitung zu sehen, hören oder lesen sind, ergreifen einfach Eigeninitiative.

Vielfalt ist eine absolute Stärke!

Ein ganz wichtiger Punkt, den man nicht unterschätzen darf, ist auch die Anonymität. Es gibt viele Leute, die sich nicht trauen, eine Aidshilfe zu besuchen und dort nach Gleichgesinnten oder Beratungsmöglichkeiten zu suchen. Das liegt einerseits daran, dass sie vielleicht Angst haben, jemand könnte sehen, wie sie eine Einrichtung betreten, und im Bekanntenkreis erzählen, dass sie HIV-positiv sind. Andererseits ist unter Umständen keine Aidshilfe in unmittelbarer Nähe und es besteht überhaupt gar keine Möglichkeit, diese aufzusuchen. Stichwort: Landleben!

Im besten Falle vernetzen sich Menschen, die für gemeinsame Ziele kämpfen. Relativ schnell hatte ich Kontakt zu anderen HIV-Positiven, die auch selber bloggen, bei mir Gastbeiträge veröffentlicht haben (weil sie keine Ressourcen oder keine Lust hatten, einen eigenen Blog zu eröffnen) oder sich einfach in Kommentaren oder auf anderem Weg in Diskussionen eingebracht haben. Überraschenderweise ist es unterdessen sogar so, dass ich mit Bloggern oder YouTubern zusammenarbeite, die nicht aus der „politischen“ Sparte kommen. Menschen, die Comedyvideos machen, in ihren Videos Schminktipps geben oder über ganz anderes Videoblogs veröffentlichen, sich dann aber dazu entscheiden, zum Thema HIV, Homosexualität oder Ähnliches mit mir zusammen etwas auf die Beine zu stellen. So wachsen viele verschiedene Kräfte zusammen.

Das Internet bietet Einzelpersonen oder Gruppen die Möglichkeit, sich einer breiten Masse vorzustellen und andere zu finden, die ähnlich denken. (Das gilt natürlich leider auch im schlechten Sinn. So können zum Beispiel rechtsextreme Gruppierungen mit ihrer menschenverachtenden Propaganda leicht an junge Menschen herankommen.) Mittlerweile erreiche ich, wenn man verschiedene Social-Media-Dienste wie Twitter, Facebook und Co., den Blog und meinen YouTube-Kanal zusammenrechnet, mehrere tausend Leute. Es gibt Artikel und Videos von mir, die werden sogar zehntausende Male angeklickt.

Ich bin öffentlich politisch geworden

Ich nutze das Medium Internet deswegen nicht mehr nur, um von meiner Situation als HIV-positiver Mann zu berichten. Die Artikel auf meinem Blog, die Videos auf meinem YouTube-Kanal und meine Beiträge in Social-Media-Diensten gehen viel weiter. Ich bin öffentlich politisch geworden, schreibe über die Gleichstellung Homosexueller, gesellschaftliche Teilhabe von Migranten, Tierschutz, soziale Gerechtigkeit, Antirassismus und noch viel mehr, das mich bewegt.

Ohne das Internet könnte ich wahrscheinlich nicht mal einen Bruchteil der Menschen erreichen, die ich erreiche. Gerade deswegen gilt aber auch: Wachsam bleiben, das Medium nicht unterschätzen und vorsichtig mit dem sein, was man online schreibt, erzählt und tut, denn das Netz vergisst nicht! Dies betrifft nicht nur Blogger, sondern jeden Einzelnen von uns. Ein Facebook-Account zum Beispiel erfordert Sensibilität im Umgang mit den eigenen und den Daten anderer: Wenn ich Selbsthilfeveranstaltungen für HIV-Positive besuche, dann nutzen ein paar Leute die Markierfunktion dieses sozialen Netzwerkes. Dabei passiert es leicht, dass man jemanden markiert, der gar nicht in seinem Umfeld geoutet ist und somit massive Probleme bekommen kann. Deswegen gilt immer, egal ob man Fotos veröffentlicht, sich an Orten markiert oder in einem Status über bestimmte Dinge berichtet: Sprich es vorher mir allen Personen ab, die davon betroffen sind oder die du einfach mit erwähnst.

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10 Kommentare

  1. Also ich hebe den Hut vor dir, das wovor viele Angst haben machst du einfach weil du nicht warten willst bis jemand diesen Schritt geht. Ich selber Lasse mich auch in Regelmäßigen Abständen testen und bin „Gott sei dank“ noch nicht betroffen, aber in meinem Freundeskreis gibt es halt ein betroffenes Pärchen wodurch man halt einiges mitbekommt, von Abstoßung der eigenen Familie und Freunde bis hin zur Akzeptanz und Hilfe auf Arbeit. Ich hoffe das du deinen Weg genauso weiter gehst und ich wünsche dir alles Gute für den weiteren Werdegang und ich habe wieder ein Blog wo ich öfters mal reinschauen werde.

  2. Obwohl ich glücklicherweise nicht HIV-positiv bin (Glück gehabt!), habe ich den Artikel gerne gelesen, vor allem wegen der humanen Einstellung, die aus Deinen Zeilen spricht. Mehr habe ich zu dem Thema eigentlich nicht zu sagen. Wenn Du wissen willst, wer ich bin, schlage bitte meine Internetseite auf und vertiefe Dich in mein Tagebuch. Über deine Antwort würde ich mich freuen. Liebe Grüße. Klaus

  3. Interessante Geschichte die du da beschreibst. Ich kenne persönlich keinen mit HIV und stelle mir ein Zusammenleben auch sehr schwierig vor. Aber man sollte immer das beste aus seiner Situation machen und das Leben dennoch genießen.

  4. Marcel, du bist ein gutes Beispiel dafür, dass man auch in einer globalen und komplexen Welt, in der sich viele so ohnmächtig vorkommen, etwas bewirken und Gesellschaft mitgestalten kann.
    Heute gibt es in Deutschland Meinungsfreiheit, Redefreiheit, Versammlungsfreiheit. Das war nicht immer so. Und in vielen Teilen der Welt ist es auch heute keine Selbstverständlichkeit. Du nutzt und verteidigst die erkämpften Freiheiten und bist streitbar für ein solidarisches und wahrhaft menschliches Zusammenleben in unserer Gesellschaft. Vom Nobelpreisträger Heinrich Böll ist mir ein Satz aus den 1980er Jahren in Erinnerung: „Freiheit, die man nicht gebraucht, verfault.“ Du lebst diesen Satz und damit zählst du zu meinen politischen Weggefährten, auch wenn uns 30 Jahre Lebensalter unterscheiden. Herzliche Grüße, Michael Jähme

  5. Ich kann mich den Worten von Michael Jähme nur anschließen, Marcel. (Ich tue mich zur Zeit etwas „schwer“ was das Schreiben/selbst formulieren betrifft) Lieben Gruß Wolfgang aka . . . .

  6. hallo… oh mann… war für mich auch ein schock mein testergebnis. nun muss man damit umgehen können.. sich freunde suchen die auch betroffen sind..sich austauschen und jeden arzt termin war nehmen …

    gibt es gute seiten für hiv positive? würde mich mal interessieren… kenne nur zwei seiten..

  7. Meine Gefühle trage ich im Gesicht. Lieber würde ich jetzt gesehen als gelesen werden.
    Betroffen und verletzt sehe ich aus; Worte erscheine mir formal, es ist auch schon spät.
    Mein Vater war eines der ersten AIDS Todesopfer in Deutschland 1984, ich war 13 Jahre alt und mein Vater starb an der Schwulenseuche aus Amerika. Meine Mutter, eine einfache Hausfrau wie sie im Buche steht, folgte seinem Weg, wenn auch Jahre später.
    Ich bin nicht HIV positiv, aber Co HIV positiv. Womit ich sagen will, dass ich immer direkt mitbetroffen war, von Ausgrenzungen, Vorurteilen, Fragen, Bewertungen, Moralvorstellungen. Die Frage nach meinen „Status“ habe ich absichtlich offen gelassen um mich deutlich neben meine Eltern zu stellen. Ich war/bin immer Repressalien ausgesetz.Gleichgesinnte suchen/finden..Danach sehnte sich meine Mutter auch. Sie hat es nicht mehr geschafft. Aber das stimmt nicht. Denn sie hatte mich, aber sie war ganz verblendet von Scham. Aber ich bin da, noch immer, für alle und jeden der mir die Hand reicht. Auch ich habe angst, Zweifel, Zukunftsängste, Zorn. Nicht HIV infiziert, keine regelmässigen Arztbesuche und Medikamente.Aber infiziert von dem Gefühl des „anders „seins und auch von Mitleid, ja. Aber vor allem von der Achtung und dem Respekt jeden Lebens. Es gibt kein gutes AIDS oder schlechtes, sauberes oder dreckiges. Vielleicht „dummes“. Das „woher“ ist mir egal!Und das „IST“ sollte ebenso egal sein, ebenso unerheblich, wie Geschlecht, Herkunft, Religion, Bildung, sexuell Orientierung und..und ..und. Wer befindet darüber? Nein, meine Eltern waren nicht monogam,keine braven Bürger, sie haben alles mitgenommen was ging, in jeglicher Couleur. Ich lebe anders, aber Moral hat hier nichts zu suchen. „Das eine mal“, Drogen,orgien, Pech gehabt. Alles ist gleich, aprupt betroffen, lebenseinschneident.Meine Kritik, mein Nasenümpfen, mein Zeigefinger ist nicht angezeigt.Das Formen einer Gesellschaft als Gemeinschaft aus HIV positiven, Aids Erkrankten, gesunden, schwarzen, moslems, blonden, frauen, kindern, transen, beamten …. Eine Gemeinschaft aus gleich sein im anders sein. Klar steht hier , an diesem ort, HIV im vorderung. ein schwall an worten und gefühlen, wie sicher bemerkt, nun dann aber doch kurz. Danke für deinen ansatz, den block auch für nicht positive offen zu halten. denn, ich bin direkt und einschneident betroffen. nur nicht hiv positiv.ich wünschte die seiten würden heissen: Für HIV/Aids Betroffene und „Freunde“. Danke.

  8. Hallo Marcel!

    Ich wurde soeben zum zweiten Male auf Deine Aktivitäten aufmerksam. Auch ich ziehe den Hut angesichts Deines jugendlichen Elans und Deines besonderen öffentlichen Umgangs mit Deiner Infektion.

    Vermutlich erreichst Du mit Deinen Aktivitäten wesentlich mehr als es mir mit meiner Homepage http://www.helferzelle.de gelingt. Gerne kannst Du Dich dort umsehen und Dir Anregungen holen und wenn Du möchtest Dich auch mit mir in Verbindung setzen.

    Liebe Grüße

    Wilfried

  9. Lieber Marcel,

    ich heiße Christina und studiere Health Communication an der Uni Bielefeld.
    In diesem Semester schreibe ich meine Bachelorarbeit mit dem Thema „Wer krank ist, geht ins Netz – Internetnutzung von Patientinnen und Patienten mit HIV/AIDS im Krankheitsverlauf“.

    In meiner Arbeit möchte ich Leitfadengestützte Interviews führen und untersuchen, wie das Internet in Bezug auf HIV/AIDS genutzt wird, welche Motive dahinter stecken, welche Chancen und Risiken das Internet in diesem Zusammenhang birgt und welchen Einfluss die Internetnutzung auf das alltägliche Leben hat.

    Ich habe bereits deinen Artikel zum Bloggen gelesen und auch deine Youtube Videos angesehen. Ich bin bei der AIDS Hilfe Bielefeld gewesen und habe dort mein Anliegen geschildert und sofort fiel dein Name, weil du als Blogger, Autor und Youtube Nutzer einen sehr interessanten Interviewpartner darstellst.
    Deshalb möchte ich dich fragen, ob du bereit wärst, mir telefonisch ein paar Fragen zu beantworten?

    Ich würde mich sehr freuen, von dir zu hören.

    Liebe Grüße

    Christina

    Christina.Lerch@web.de

    1. Gedanken zum WAT:

      Als HIV-positiver Mann habe ich keine Mitteilung mehr zu machen.

      Früher war ich schwul und hieß Thomas, dann war ich positiv und hieß immer noch irgendwo im Untergrund meiner Persönlichkeit Thomas, aber auch das ist schon lange her.

      Heute bin ich einfach nur Thomas. Weder Homosexualität noch HIV-positiv zu sein, erweisen sich im 3. Jahrtausend als abendfüllend.

      Diese Attribute bestimmen, nach 33 Jahren der Infektion, meinen Alltag schon lange nicht mehr und sie sind in etwa so spannend, wie das Outing eines radelnden Rheumatikers.

      Mein Serostatus macht meine Statements nicht bedeutungsvoller, er gibt mir nicht Recht und er weist auch auf nix hin. Er ist genauso aufreizend, wie innen liegende Hämorrhoiden.

      Und es ist auch nicht mutig, sich zu outen, es adelt allenfalls und sicherte früher einmal eine gewisse Form der Bewunderung. Da wurden Hüte gezogen, Respekte gezollt und alle Achtungen ausgedrückt.

      Diese ausgedrückten Achtungen wesen jetzt irgendwo herum und paaren sich mit meinen arthritischen Alterserscheinungen, welche vielleicht fotografisch noch einiges Interesse erwecken könnten.

      Meine Bitte, lasst uns (in Europa) von mir aus über das Recht auf Rausch, auf Lust und Witwenrente für Dreierbeziehungen sprechen, aber verschont uns doch mit den HIV-Helden, die uns täglich deutlich machen, wie besonders dieses HIV doch ist, zumindest für jene, die daraus Gewinn ziehen…

      (nach Diktat im Inkognito verschwunden)

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