Am Höhepunkt der Epidemie: Ein Rückblick auf die Welt-Aids-Konferenz 1993
Im Vorfeld der Welt-Aids-Konferenz, die von der International AIDS Society (IAS) im Juli 2024 in München veranstaltet wird, sprachen wir mit Vertreter*innen aus den Communitys und der Selbsthilfe über den Kongress. Den Auftakt macht Felix Gallé. Denn er begann schon Ende der 1980er-Jahre, sich im HIV/Aids-Bereich zu engagieren. Seit Langem arbeitet er zudem im Berliner Wohnprojekt ZIK in der Migrant*innenberatung. Zur Internationalen Aids-Konferenz 1993 in Berlin war er Teil des Liaison-Komitees für Nichtregierungsorganisationen.
Welche Stimmung verbindest du rückblickend mit dem Welt-Aids-Kongress 1993 in Berlin?
Anfang der 90er-Jahre war der Höhepunkt der Aids-Epidemie in Deutschland. Weltweit gingen die Infektionszahlen hoch. Es gab keine wirksamen Medikamente, Krankheit und Tod waren in unseren Communitys allgegenwärtig. Angst, Trauer und Verzweiflung waren riesengroß, zugleich gab es in den Selbsthilfegruppen viel Zusammenhalt, Solidarität und Impulse für wegweisende Projekte.
Erstmals wurden Menschen mit HIV und ihre Communitys auf Augenhöhe in die Vorbereitung der Konferenz einbezogen.
Was waren die zwei wichtigsten Themen, die die Community damals bewegte?
Das Kondom und das gerade neu auf den Markt gekommene Femidom waren damals die einzigen wirksamen Mittel der Prävention gegen die sexuelle Übertragung von HIV – lang ist’s her! Erstmals wurden Menschen mit HIV und ihre Communitys auf Augenhöhe in die Vorbereitung der Konferenz einbezogen. Menschenrechte traten mehr in den Vordergrund: Es wurde offensichtlich, dass man umso besser für seine Gesundheit sorgen kann, je weniger man diskriminiert, verfolgt oder stigmatisiert wird.
Der Durchbruch, die große Wende hin zur Behandelbarkeit, kam erst im Jahr 1996. In den letzten drei Jahrzehnten hat sich vor allem medizinisch vieles verändert. Welche Themen stehen für dich heute zentral auf der Agenda?
Global ist die Lage instabil wie schon seit langem nicht, das macht ratlos und verunsichert. Die zunehmende gesellschaftliche Spaltung und der Vormarsch der Rechtskonservativen scheinen unaufhaltsam und sind bedrückend.
Wie 1993 sind heute Solidarität und Zusammenhalt mehr denn je gefragt.
Welche Impulse erhoffst du dir von der Konferenz in München?
Wie schon auf der Welt-Aids-Konferenz 1993 sind auch heute Solidarität und Zusammenhalt mehr denn je gefragt, insofern scheint mir das Konferenz-Motto „Put people first!“ gut gewählt. Selbst in einem reichen Land wie Deutschland sind manche Menschen immer noch vom Zugang zu medizinischer Versorgung und sozialer Absicherung ausgeschlossen. Das ist nur eines von vielen Themen, bei denen es Impulse bräuchte.
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