Seit 1987 unterstützt die Deutsche AIDS-Stiftung HIV-positive und an Aids erkrankte Menschen in materiellen Notlagen. Am Mittwoch, dem 12. Juli 2017, feiert sie ihr 30-jähriges Jubiläum mit einer Veranstaltung in Köln.

Mitte der Achtziger Jahre erkrankten auch in Deutschland immer mehr Menschen an Aids. Relativ schnell bildeten sich Selbsthilfeprojekte, um die Betroffenen zu unterstützen – durch Beratung, Pflege oder politisches Engagement.

Viele Menschen mit HIV fielen durchs soziale Raster

Doch die neugegründeten Aidshilfen und Projekte gerieten rasch an ihre Grenzen. Immer wieder fielen Erkrankte durchs soziale Raster: Ihre Rücklagen waren im Kampf gegen die Erkrankung bereits aufgebraucht. Aufgrund ihres jungen Lebensalters hatten sie außerdem kaum Rentenansprüche oder andere Absicherungen aufgebaut.

Grundstock ist das Erbe eines privaten Stifters

Als Mitbegründer der Aids-Hilfe Köln und später als erster Aids-Koordinator im Gesundheitsamt seiner Wahlheimatstadt hatte Rainer Jarchow zwangsläufig mit solchen Notfällen zu tun. Mal konnte eine Heizkostennachzahlung nicht bezahlt werden, mal ein defekter Kühlschrank nicht ersetzt werden. Die Betroffenen hatten schlicht nicht das Geld dafür.

1986 starb Rainer Jarchows Vater, der „Campari-König“ Edgar Jarchow, und hinterließ seiner Frau und seinen vier Kindern ein stattliches Erbe. Nun bot sich Rainer Jarchow die Möglichkeit, Menschen mit HIV unbürokratisch zu helfen: Mit einer Million Mark aus seinem Anteil gründete er im Mai 1987 die „Deutsche AIDS-Stiftung – positiv leben“ – zusammen mit der nordrhein-westfälischen Landesregierung, die ebenfalls eine Million beisteuerte.

Große mediale Aufmerksamkeit für die Deutsche AIDS-Stiftung

Unterstützung bekam Jarchow auch von seiner Freundin Uta Canaris, der ehemaligen Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Sie wurde stellvertretende Vorsitzende der neuen Stiftung und sorgte damit auch für eine große öffentliche Wahrnehmung. Die Medien – von den ARD-Tagesthemen bis zur BILD-Zeitung („Campari-Erbe gibt eine Million für Aidskranke“) – berichteten über die Gründung und machten die Stiftung so über Nacht bundesweit bekannt.

„Campari-Erbe gibt eine Million für Aidskranke“

Im Dezember 1987 wurde zudem auf Initiative von Rita Süssmuth die Nationale AIDS-Stiftung gegründet, die sich stärker an die breite Bevölkerung richten sollte. Stifter waren der Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV), die Daimler Benz AG und das Deutsche Rote Kreuz. 1996 schloss sich dann die „Deutsche AIDS-Stiftung – positiv leben“ mit der Nationalen AIDS-Stiftung zur heutigen Deutschen AIDS-Stiftung (DAS) zusammen.

Der evangelische Theologe Rainer Jarchow – er hat inzwischen den Nachnamen seines Lebenspartners Ehlers angenommen – hatte sich damals bereits aus der aktiven Stiftungsarbeit zurückgezogen, um in seiner Heimatstadt Hamburg als erster Aids-Pastor Deutschlands Menschen mit Aids sowie deren An- und Zugehörigen seelsorgerisch zur Seite zu stehen.

Die Lebensbedingungen von Menschen mit HIV und Aids verbessern

Seit nunmehr 30 Jahren verfolgt die DAS  ihren Stiftungsauftrag, „die Lebensbedingungen von HIV-positiven und an Aids erkrankten Menschen zu verbessern und ihr Selbstvertrauen zu stärken, sodass sie ein selbstverantwortliches, sinnerfülltes und sozial akzeptiertes Leben führen können“, wie es in der Präambel ihrer Satzung heißt.

Auch Wohnprojekte werden gefördert

Bedürftige bekommen dringend benötigte Haushaltsgeräte und immer häufiger auch medizinisch Notwendiges und Alltagshilfen wie Hörgeräte, Zahnersatz, Brillen oder krankengerechte Matratzen finanziert. Die Stiftung fördert außerdem Projekte des betreuten Wohnens, Genesungsreisen oder auch Treffpunkte wie etwa Positivencafés.

Hilfe auch für Menschen im südlichen Afrika

Über 80.000 Förderanträge wurden seit 1987 bearbeitet, mehr als 42 Millionen Euro konnten an Hilfsbedürftige und Projektträger ausgezahlt werden. 2015 waren es fast 1,2 Millionen Euro, davon knapp die Hälfte als Einzelhilfe.

Durch den medizinischen Fortschritt hat sich die Lebensqualität und die Lebenserwartung vieler Menschen mit HIV und Aids deutlich verbessert. Das gilt aber nicht zwangsläufig auch auch für ihre soziale Situation: „Wer länger mit Aids lebt, lebt oft auch länger in Armut“, heißt es auf der Webseite der Stiftung. Und so ist sie auch weiterhin eine wichtige Anlaufstelle für Menschen mit HIV und Aids, die in eine finanzielle Notlage geraten sind.

Seit 2000 hat die Stiftung ihr Engagement auf Länder im südlichen Afrika ausgeweitet. Sie unterstützt beispielsweise in Mosambik und Südafrika Einrichtungen für Aidswaisen sowie HIV-positive Schwangere.

Weitere Meilensteine der Stiftungsarbeit sind das 1992 begonnene Gedenkprojekt „Denkraum Namen und Steine – Mémoire Nomade“ des Künstlers Tom Fecht und der im Zwei-Jahres-Rhythmus vergebene Medienpreis, mit dem herausragende journalistische Leistungen in der Berichterstattung über HIV und Aids gewürdigt werden.

Spenden, Erbschaften und Zustiftungen sind weiterhin nötig

Um all diese Aufgaben erfüllen zu können, reichen die Erträge aus dem Stiftungskapital allerdings nicht aus. Die Deutsche AIDS-Stiftung ist deshalb auch weiterhin auf Spenden, Erbschaften und Zustiftungen angewiesen.

Auch Benefizveranstaltungen wie die Kunstauktion „Artists against Aids“ und festliche Operngalas, die seit vielen Jahren etwa in Berlin, Bonn, Dresden und Düsseldorf stattfinden, ermöglichen die Stiftungsarbeit.

 

Weiterführende Beiträge auf magazin.hiv:

Der „Dino der Aids-Seelsorge“ – er lebe hoch! Zum 70. Geburtstag von Rainer Ehlers geb. Jarchow (magazin.hiv, 16.11.2011)

Erhellende Blicke auf HIV  – Verleihung des Medienpreises 2015 (magazin.hiv, 25.01.2015)

DAH-Ehrenmitglied Bernd Aretz erhält Medienpreis der Deutschen AIDS-Stiftung (aidshilfe.de, 17.6.2017)

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Axel Schock

Axel Schock, freier Autor und Journalist, schreibt seit 2010 Beiträge für aidshilfe.de und magazin.hiv.

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