Russland

Harm Reduction und HIV-Prävention schwerer denn je

Von Gastbeitrag
Zwei männliche Personen stehen vor der offenen Seitentür eines beleuchteten Kleinbusses in einer nächtlichen Stadtszene. Im Hintergrund Hochhäuser.
Maksim Malyshev ist Koordinator und Sprecher der Andrey Rylkov Foundation, einer NGO zu Harm Reduction in Moskau. Hier wartet er vor dem Bus der Stiftung im Moskauer Stadtteil Marino, einem beliebten Ort für Drogengebrauchende.

Mehr als eine Million Russ*innen leben mit HIV. Ein Drittel der Infektionen geht auf intravenösen Drogengebrauch zurück. Die Andrei-Rylkow-Stiftung setzt sich für Drogenkonsument*innen, Menschen mit HIV, Sexarbeiter*innen und LGBTIQ ein, in Moskau und darüber hinaus – trotz zunehmender Repressionen, Sanktionen und schwindender Budgets. Ein Gastbeitrag des Aktivisten Niko Vorobyov.

Dann begann der Krieg

Anfang 2022 war Elevan nach zehn Jahren intravenösen Drogenkonsums endlich clean, lebte gesund, ging ins Fitnessstudio. Wie Millionen von Russ*innen hat sie ukrainische Wurzeln und sah sich, obwohl sie in Russland geboren wurde und den Großteil ihres Lebens dort verbracht hat, als Ukrainerin. Doch dann wachte sie am 24. Februar auf und erfuhr aus den Nachrichten, dass ihre Regierung Kiew bombardierte.

„Vor dem Krieg hatte ich sieben Monate keine Drogen genommen“, sagt sie. „Für mich war das absolut unglaublich. Dann begann der Krieg, und ich war so geschockt, dass ich am 25. Februar fünfzehn Gramm Mephedron kaufte und so schwer abhängig wurde, wie ich das noch nie erlebt hatte. Ich fing mit dem Spritzen an, das war mir egal. Ich war so runter mit den Nerven, dass ich nicht arbeiten und auch sonst nichts machen konnte.“

Russland hat eine der schlimmsten HIV-Epidemien weltweit. Laut offizieller Statistik lebten 2021 rund 1,1 Millionen Russ*innen (0,7 Prozent der Bevölkerung) mit HIV, aber die tatsächliche Zahl dürfte weit höher liegen. Etwa zwei bis drei Prozent der Russ*innen konsumieren Drogen intravenös, worauf ein Drittel der HIV-Infektionen zurückgehen – weltweit sind es 12 Prozent.

Eine der bekanntesten Organisationen, die sich mit dieser Krise befassen, ist die Andrei-Rylkow-Stiftung, die Harm-Reduction-Maßnahmen und Beratung für Drogenkonsument*innen in Moskau anbietet. Seit Beginn des Krieges steht die Stiftung, die schon viele schwierige Situationen gemeistert hat, vor ihren bisher schwersten Herausforderungen.

„Die letzten anderthalb Jahre waren sehr hart für die Stiftung, sowohl auf individueller als auch auf kollektiver Ebene“

„Psychologisch gesehen waren die letzten anderthalb Jahre sehr hart für die Stiftung, sowohl auf individueller als auch auf kollektiver Ebene“, sagt Hauptkoordinator Maxim Malyshev. „Aber wir wissen, dass viele Leute immer noch unsere Hilfe brauchen. Sie warten jeden Tag auf unsere Einsätze. Aber die Finanzierung ist schwieriger geworden: Nur wenige sind derzeit bereit, Geld nach Russland zu schicken, weil sie wissen, dass ein bestimmter Prozentsatz davon für Bomben ausgegeben wird – viel Geld hatten wir ohnehin nie. Und selbst wenn Geld aus dem Ausland kommt, ist es aufgrund all dieser Sanktionen schwierig, da heranzukommen. Die russische Gesellschaft hält Ausschau nach Feinden im Inneren. Das betrifft uns zwar bisher noch nicht, es liegt aber in der Luft.“

Zunehmende Repressionen, Sanktionen, sinkende Budgets

2006 hat der Kreml die Finanzierung für Harm-Reduction-Programme eingestellt. Präsident Wladimir Putin erklärte damals, die Priorität liege auf der Förderung eines „gesunden Lebensstils“ und „moralischer Werte“. Die Rylkow-Stiftung hat seit ihrer Gründung politisch Stellung bezogen und sich für die Rechte von Drogenkonsument*innen und Personen aus verwandten Gruppen wie Menschen mit HIV, Sexarbeiter*innen und LGBTIQ eingesetzt. Sie geriet deshalb oft ins Visier der Behörden und wurde im Laufe der Jahre auf die Liste der „ausländischen Agenten“ gesetzt (was ihre Aktivitäten und Finanzierungsmöglichkeiten einschränkte), zu Geldstrafen verurteilt (weil ihre Safer-Use-Hinweise als „Narco-Propaganda“ eingestuft wurden) und gezwungen, ihre Website vom Netz zu nehmen. Jetzt müssen die Mitarbeiter*innen lernen, in einem zunehmend repressiven, paranoiden Staat zu arbeiten, der sich im Krieg befindet.

Eine weitere NGO im Feld der Harm Reduction ist Humanitarian Action mit Sitz in St. Petersburg. Die Organisation betreibt keine politische Interessenvertretung und wurde deshalb bislang nicht öffentlich verunglimpft, wenngleich sie 2020 ebenfalls als „ausländischer Agent“ eingestuft wurde. Obwohl Unternehmen wie Coca-Cola das Land verlassen haben und in den großen Kinos keine Hollywood-Blockbuster mehr gezeigt werden, geht das Leben in Russland größtenteils weiter seinen gewohnten Gang; auch wenn alles teurer geworden ist.

Harm reduction wird von der russischen Regierung als „Narco-Propaganda“ eingestuft.
(Foto: Rylkov-Foundation)

Allerdings gab es aufgrund der Sanktionen Engpässe bei antiretroviralen Medikamenten. Mindestens zwei große Unternehmen (Bristol Myers und Eli Lilly), die Behandlungen für schwere Erkrankungen wie HIV, Krebs und Diabetes entwickeln, haben den russischen Markt verlassen. Bestimmte Medikamente sind nur zeitweise oder in geringen Mengen verfügbar, und da auch einige Rohstoffe mit Sanktionen belegt sind, entsprechen die in Russland hergestellten Ersatzprodukte nicht immer den internationalen Standards. Diese Engpässe sind zwar noch nicht katastrophal, aber doch spürbar.

Das drängendste Problem für die Stiftung ist jedoch ihr Budget, das vom Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria quasi abgeschnitten wurde – mit der Begründung, der Anteil der drogengebrauchenden Klient*innen mit HIV sei nicht mehr groß genug, um die Kriterien zu erfüllen. „Wir standen völlig unter Schock“, erzählt Elevan, die als Sozialarbeiterin bei der Stiftung beschäftigt ist. „Was sollen wir tun – Menschen infizieren? Mit Hilfe des Globalen Fonds haben wir unser Büro und unsere Gehälter bezahlt, meines eingeschlossen. Aber seit dem ersten Juli müssen wir allein mit privaten Spenden über die Runden kommen. Die Spritzen gehen uns aus, wir haben keine Tests mehr für Hepatitis C und B und nur noch eine Handvoll HIV-Tests. Die Leute kommen, um sich testen zu lassen, aber dann haben wir einfach nichts da, und sie können sehr aggressiv werden. Wenn ich ihnen sage, dass wir nichts mehr haben, schreien sie mich an und beschuldigen mich, Sachen für mich selbst zu horten. Die Stiftung kämpft gegen die Regierung – warum können beide nicht einfach zusammenarbeiten? Politische Meinungsäußerungen sind mir doch so was von egal. Für mich zählt einzig und allein, dass die Leute Zugang zu Medikamenten und Tests haben und mir nicht ins Gesicht schreien, ich hätte sie gestohlen.“

Harm Reduction im politischen Spannungsfeld

Auf persönlicher Ebene ist es bei der Rylkow-Stiftung Teil des Job-Alltags, unpolitisch zu bleiben, auch wenn einige Klient*innen unbequeme Ansichten vertreten. „Eine Klientin von uns, eine Sexarbeiterin aus dem Donbass, ist komplett unpolitisch. Ihr ist es völlig egal, unter welcher Flagge sie arbeitet“, erzählt Elevan. „Als die Polizei sie einmal aufgriff und mit Abschiebung drohte, sagte sie, dass der Donbass ohnehin bald zu Russland gehören werde. ‚Wohin wollt ihr mich dann abschieben?‘, fragte sie. Ein anderer Klient, ein alter Mann aus Mariupol, spricht perfekt Ukrainisch und hat nur gute Erinnerungen an seine Kindheit dort. Aber er behauptet ständig, dass die Ukraine voll von Faschist*innen sei und Putin dort die Ordnung wiederherstellen müsse – und das Ganze mit seinem charakteristischen ukrainischen Akzent. Ich finde das ja eher amüsant. An erster Stelle bin ich Sozialarbeiterin, und erst dann kommt alles Weitere. Wenn Klient*innen zu mir kommen und Hilfe brauchen, komme ich ihnen doch nicht mit Politik, im Leben nicht!“

In der russischen Geschichte beginnen massive Drogenprobleme immer inmitten von Massenunruhen, Umbrüchen und Traumata.

Einige Klient*innen der Stiftung waren sogar im Krieg. In der russischen Drogengeschichte fangen massive Drogenprobleme immer inmitten von Massenunruhen, Umbrüchen und Traumata an. Im Ersten Weltkrieg bekamen russische Soldaten Morphium als Schmerzmittel verschrieben, und viele Ärzte fingen selbst an, es zu nehmen, um die Schrecken des Krieges zu vergessen. Später kamen Rote-Armee-Soldaten während der sowjetischen Besetzung Afghanistans mit Heroin in Kontakt. Und jetzt häufen sich wieder Drogenfälle: Gab es 2021 und 2022 nur jeweils drei Kriegsgerichtsverfahren wegen Drogenbesitzes, waren es allein im März 2023 drei.

Man bedenke auch, wer da an vorderster Front kämpft: Wagner, der berüchtigte private Militärdienstleister, der die Drecksarbeit für den Kreml macht, hat Söldner aus Russlands Gefängnissen rekrutiert – eine Strategie direkt aus dem Film Suicide Squad. In der Schlacht um Bachmut wurden tausende Strafgefangene in Wellen in Angriffe auf ukrainische Positionen geschickt. Obwohl Inhaftierte, die nach dem Gesetz 228 (dem Anti-Drogen-Gesetz) verurteilt wurden, eigentlich nicht als Soldaten dienen sollten, hat man sie trotzdem für Wagner rekrutiert.

„Wir hatten ein paar Fälle, zwei oder drei Leute, die im Gefängnis waren, jetzt von der Front zurückgekommen sind und psychologische Hilfe brauchen“, erzählt Max. „Sie sind alle völlig kaputt, jeder, der zu diesem Wagner gegangen ist.“

Etwa 20 Prozent derjenigen, die auf eine vorzeitige Begnadigung aufgrund des Kampfeinsatzes für ihr Land hofften, waren HIV-positiv – und rechneten sich wohl bessere Chancen auf dem Schlachtfeld aus als mit den HIV-Medikamenten, die sie im Gefängnis bekamen. Identifiziert wurden sie über die Armbänder, die sie zur Warnung für andere Soldaten tragen müssen, falls sie verwundet werden.

Allzeithoch bei synthetischen Drogen und Alkohol

Auch in der Zivilbevölkerung machen sich die Belastungen des Krieges mehr und mehr bemerkbar, auch wenn das Ausmaß natürlich nicht mit dem in der Ukraine vergleichbar ist. In den letzten zehn Jahren sind synthetische Drogen wie Mephedron und Alpha-PVP in Russland extrem beliebt geworden. Sie werden in geheimen Laboren mit Chemikalien aus China hergestellt.

„Ich fühle mich wie in einem Albtraum und tue das, was ich tue, weil ich das Gefühl habe, dass ich sonst jederzeit aufwachen könnte.“

„Mein Ex lebt in Spanien“, erzählt Elevan, „er hat mir Geld geschickt, und ich habe alles für große Mengen Stoff zum Spritzen ausgegeben. Mephedron ist viel teurer geworden, denn es ist schwieriger geworden, die Ausgangsstoffe nach Russland einzuführen. Außerdem sind die neuen Substanzen, die als Mephedron verkauft werden, viel giftiger. Ich habe zehn Jahre lang Mephedron genommen, ohne einen einzigen Herzinfarkt zu haben! Ich wollte nicht sterben, habe aber trotzdem konsumiert. Ein Jahr nach Kriegsbeginn hatte ich so viel konsumiert, dass ich einen Herzinfarkt bekam. Danach habe ich die Stimulanzien komplett aufgegeben und bin auf Heroin umgestiegen.“

„Ich sehe überhaupt keinen Sinn mehr im Leben“, fährt sie fort. „Dabei leide ich persönlich gar nicht unter dem Krieg, und von meinen Bekannten ist auch niemand gestorben. Aber ich bin gebrochen. Ich fühle mich völlig allein. Keine Ahnung, warum das so ist, aber dieses Gefühl ist da und frisst mein Leben auf. Ich fühle mich wie in einem Albtraum und tue das, was ich tue, weil ich das Gefühl habe, dass ich sonst jederzeit aufwachen könnte.“

Elevan ist nicht die Einzige, die chemischen Trost sucht. In der russischen Region Tatarstan zum Beispiel stieg der Alkoholkonsum im letzten Jahr während des Krieges in der Ukraine auf ein Allzeithoch, wie Statistiken zeigen.

Nächtlicher Einsatz der Andrey Rylkov Foundation, ein Bus der Stiftung im Moskauer Stadtteil Marino.
(Foto: Rylkov-Foundation)

Im April letzten Jahres wurde Hydra, die größte Online-Drogenhandelsplattform Russlands (und der Welt), von der deutschen Polizei geschlossen. Im Gegensatz zum Westen, wo Bestellungen per Post ankommen, nutzte Hydra in Russland eine Reihe versteckter „toter Briefkästen“ (oder „Schatzkisten“) für die Distribution. Hydra dominierte die russische Drogenwirtschaft, und nach der Schließung der Plattform stießen eine Vielzahl kleinerer Darknet-Basare und Telegram-Bots in diese Lücke. Sie verfügen natürlich nicht über die Reputation von Hydra, und so ist es kein Wunder, dass sich dort Betrüger*innen nur so tummeln.


„Die neuen Plattformen im Drogenhandel zocken dich immer ab, weil sie wissen, dass sie jederzeit geschlossen werden können.“

„Die neuen Plattformen sind schrecklich“, meint auch Elevan. „Sie zocken dich immer ab. Neulich habe ich versucht, auf einer von ihnen etwas zu kaufen, und als ich am vereinbarten Ort ankam, war nichts da. Auf Hydra hätte ich mein Geld zurückbekommen können, aber sie nehmen keine Streitfälle [mit den Verkäufer*innen] an oder sprechen überhaupt nur mit dir. Sie wissen, dass sie jederzeit geschlossen werden können, also machen sie sich gar nicht erst die Mühe, langfristig zu denken.“

Verlässlicher ist da schon eine andere Gruppe von Händler*innen, die Russlands Drogenszene seit den 1990er-Jahren versorgen. Tadschikistan ist eine der ärmsten der ehemaligen Sowjetrepubliken, und in den Neunzigern war der Transport eines Rucksacks mit Heroin auf tückischen Bergpfaden über die weitgehend ungeschützte Grenze zu Afghanistan eine der wenigen Möglichkeiten für Dorfbewohner*innen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Einige Drogenringe nutzen die tadschikische migrantische Diaspora für Kurierdienste und zur Distribution, aber die größeren Mengen werden von Syndikaten aus Präsident Rahmons innerem Zirkel bewegt.

„Nach dem Ende des Monopols von Hydra hat sich für Drogen konsumierende Menschen wenig geändert, sie haben sich einfach angepasst“, sagt Max. „Es gibt immer noch viele Tadschik*innen und Rom*nja, die über WhatsApp und Telegram verkaufen. Diesen Markt gab es schon vor Hydra, während der Hydra-Zeit, und es gibt ihn auch jetzt noch. Da hat sich wenig geändert. Es ist schon komisch – alles in Russland wird teurer, aber der Heroinpreis ist seit 15 Jahren stabil. Das ist ein Wunder.“

„Es tauchen immer mehr Tadschik*innen auf, die Heroin und Mephedron über WhatsApp verkaufen“, fügt Elevan hinzu. „Seit Beginn des Krieges sind viele Menschen und auch ich auf Opioide umgestiegen, denn sie sind billiger und leichter zu bekommen – ohne all diese Sachen im Darknet machen zu müssen, die man ohne Computer oder iPhone nicht nutzen kann.“

Abwanderung aus Russland und neue Angebote in der Diaspora

Seit der Invasion der Ukraine im Jahr 2022 haben Millionen von Russ*innen das Land verlassen, um den Sanktionen und der Repression zu entkommen – oder einfach, weil sie bei Putins Krieg nicht mitmachen wollen. Allein ins Nachbarland Georgien sind mindestens 100.000 Menschen übersiedelt, unter ihnen auch Mitglieder aus dem Team der Rylkow-Stiftung, die in Tiflis Angebote zur mentalen Gesundheit für die russischsprachige Diaspora aufgebaut haben.

„Wir haben ein Mental-Health-Zentrum für alle russischsprachigen Expats eröffnet“, erzählt Bogdan, der das Projekt in Tiflis leitet. „Dort leisten wir psychologische und psychiatrische Unterstützung, veranstalten kostenlose Gruppensitzungen für Erwachsene und für Kinder von Menschen mit Alkoholabhängigkeit sowie Unterstützungsgruppen für Menschen aus den Trans*- und Queer-Communitys. Außerdem bieten wir regelmäßig Yoga und Regenerationsmassagen an und veranstalten Vorträge, Diskussionen, Tauschbörsen oder Filmvorführungen. Oft geht es in unseren Gruppen um die Suche nach Jobs und Wohnungen für Neuankömmlinge und Anliegen im Zusammenhang mit posttraumatischen Belastungsstörungen, Angstzuständen, Depressionen, ADHS und so weiter – die Bandbreite der Probleme ist also sehr groß. Und alle Menschen mit Fragen im Zusammenhang mit ihrer HIV-Infektion vermitteln wir an örtliche georgische Organisationen weiter.“


Die massive Abwanderung von Mitarbeiter*innen der Stiftung führt zu Problemen für diejenigen, die geblieben sind.

Die massive Abwanderung von Mitarbeiter*innen der Stiftung führt natürlich zu Problemen für diejenigen, die geblieben sind und die Angebote in Russland weiter betreiben.

„Ich persönlich kann sagen, dass das Arbeiten schwieriger geworden ist, seit unser Koordinator Max und weitere Kolleg*innen gegangen sind“, beklagt Elevan. „Ohne ihn ist alles ein großes Chaos. Es gibt keine Einigkeit, ständig werden Vereinbarungen nicht eingehalten. So kann es passieren, dass ich an einem Tag zur Arbeit komme und mir dann gesagt wird, dass man mich nicht braucht, weil jemand anders meine Schicht übernommen hat.“

Max hat das Land verlassen, weil er nicht möchte, dass seine kleine Tochter in Russlands zunehmend totalitärem Klima aufwächst. „Es ist klar, dass Russland in die Verhaltensmuster der UdSSR zurückfällt: Geheimniskrämerei, Abschottung, Repression, Isolation von der Außenwelt und von neuen Konzepten, die Jagd nach Feinden im Inneren – und natürlich wird all dies auch zum Problem für Drogenkonsument*innen werden“, sagt er. „Als ich in Georgien war, konnte ich zumindest ab und zu nach Russland zurückkehren. Jetzt bin ich in Deutschland, und keiner weiß, wann ich wieder dahin kann. Das hat das Team natürlich demotiviert. Andererseits habe ich das ganze letzte Jahr bewundernd zugesehen, wie unser Team zusammenhält. Wenn nicht wir, wer dann?“

Niko Vorobyov ist Aktivist und der Autor von „Dopeworld. Adventures in Global Drug Trade“ und auf Twitter @Narco_Polo420.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

+ 22 = 24