Krieg und HIV überleben

Queer, HIV-positiv und fast ohne Medikamente in Gaza
Wie überlebt man Krieg und HIV, die Angst vor Bomben und vor Aids? Im März 2024 erhielt der Journalist Afeef Nessouli eine Nachricht des Palästinensers E. S., einem queeren Künstler im Norden Gazas, der verzweifelt Medikamente für seine HIV-Therapie benötigte. Die beiden blieben in Kontakt und zusammen mit Steven W. Thrasher erzählte Nessouli Anfang des Jahres E. S.s Geschichte in einem viel beachteten Artikel, den wir hier als ungekürzte, wörtliche Übersetzung veröffentlichen.
By Afeef Nessouli und Steven W. Thrasher. Originally published on January 13, 2025. Translated from English and republished with permission from The Intercept, an award-winning nonprofit news organization dedicated to holding the powerful accountable through fearless, adversarial journalism. Sign up for The Intercept’s Newsletter.
Das Leben im Norden Gazas ist schon schwierig genug, wenn man sich keine Sorgen wegen Aids machen muss. Angriffe aus der Luft und am Boden stellen eine ständige Bedrohung dar, die die Menschen davon abhält, ihre Häuser zu verlassen, um Lebensmittel zu besorgen. „Wir müssen sparsam sein“, sagte der 27-jährige E. S., der mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder im Viertel Tel al-Hawa im Südwesten von Gaza-Stadt lebt. „Die Leute prügeln sich, um an die Hilfspakete zu kommen.“
Und dann ist da noch die Frage der Medikamente.
„Mein Arzt sagte mir, dass die antiretroviralen Medikamente vollständig aufgebraucht und keine mehr auf Lager sind“, sagte E. S., der mit HIV lebt und sich bereit erklärte, unter Verwendung eines Pseudonyms mit The Intercept zu sprechen, um Stigmatisierung in seinem Umfeld und Probleme mit den israelischen Behörden zu vermeiden.
E. S.Mein Arzt sagte mir, dass die antiretroviralen Medikamente vollständig aufgebraucht und keine mehr auf Lager sind.
Er benötigt Tenofovir, ein gängiges HIV-Medikament, und Lopinavir/Ritonavir, ein viel seltener verschriebenes Medikament. Manchmal hatte E. S. so wenig davon übrig, dass er es riskierte, mit der Rationierung seiner Tabletten zu beginnen, indem er die morgendliche Dosis ausließ. „Es kommen keine Lieferungen mehr an bzw. es kommen überhaupt keine Lieferungen in den Süden oder in den Norden“, schrieb er in einer persönlichen Nachricht. Während Israel eine Behinderung der Versorgung mit Medikamenten dementiert, haben internationale Hilfsorganisationen wie Glia gegenüber The Intercept mitgeteilt, dass speziell die Lieferung von HIV-Medikamenten in den Gazastreifen blockiert wurde.
Ohne diese Medikamente würde sich der Gesundheitszustand von E. S., der bereits einen Gehwagen zur Fortbewegung verwendet, rapide verschlechtern. Innerhalb kurzer Zeit würde er sich noch langsamer bewegen, und er könnte die Fähigkeit zu gehen ganz verlieren. Angesichts der Tatsache, dass Soldat*innen Massenvertreibungen anordnen und auf Palästinenser*innen bei Fluchtversuchen schießen, könnte dies ein Todesurteil bedeuten.
Während Israels Krieg gegen Gaza um ihn herum tobt, hat E. S. die meiste Zeit zu Hause mit seinen beiden Katzen verbracht. Während viele seiner Nachbarn in den Süden nach Rafah gezogen sind, blieb er bei seinem Bruder und seiner Mutter, die Krebs überlebt hat. Aufgrund seiner eingeschränkten Mobilität infolge einer durch HIV verschlimmerten Virusinfektion wäre Weggehen gefährlicher als Bleiben.
Also entschieden sie sich, im Norden zu bleiben – trotz der Warnungen der militärischen Besatzungsmacht, dass sie weggehen sollten. Sein Zuhause bietet zwar mehr Schutz als ein Zelt, aber es ist nicht unbedingt sicher: „Ich habe gesehen, wie Leute direkt gegenüber von mir von Scharfschützen erschossen wurden. Es war eine fünfköpfige Familie, die versuchte, die Straße zu überqueren, nachdem man ihnen befohlen hatte, ihr Gebäude zu verlassen, bevor es bombardiert wurde.“ Er sagte, dass die Eltern starben, die Kinder jedoch überlebten.
E. S. bekam seine Medikamente von der Al Rimal Martyrs Clinic, aber sie wurde evakuiert und diente danach vertriebenen Palästinenser*innen als Unterkunft.
„Jetzt, während des Genozids, fürchte ich nicht nur, dass sich mein Gesundheitszustand verschlechtert, sondern auch, wie meine Familie reagieren wird“, schrieb er. Jahrelang erkannte seine Familie seinen HIV-Status nicht an; jetzt sorgt er sich, dass sein Zustand eine Belastung für sie sein wird.
Für die Palästinenser*innen in Gaza, die lebenswichtige Medikamente suchen müssen, ist der Schrecken noch schlimmer. Besonders schwierig ist es für die wenigen Dutzend, die stigmatisierte HIV-Medikamente benötigen.
Laut „HIV/AIDS in Palestine: A growing concern“ [HIV und Aids in Palästina: Ein zunehmendes Problem], einem im Jahr 2020 im International Journal of Infectious Disease erschienenen Artikel, gab es nur etwa 100 offiziell vom palästinensischen Gesundheitsministerium dokumentierte Fälle von HIV. Dennoch wird in dem Bericht festgestellt, dass „die Region des Nahen Ostens und Nordafrikas aufgrund der hohen Sterblichkeit im Zusammenhang mit Aids allgemein als ein Gebiet betrachtet wird, in dem HIV-Infektionen ein zunehmendes Problem darstellen“, und dass „dieses Problem auch Palästina (das Westjordanland und den Gazastreifen) betrifft“.
Der Grund dafür ist, dass die HIV-Inzidenz langsam zunimmt und für unbehandelte HIV-positive Palästinenser*innen das Risiko einer voll ausgeprägten Aidserkrankung besteht. Ähnlich wie bei der HIV-Dynamik unter Schwarzen queeren Männern im Mississippi-Delta werden Patient*innen in Palästina „innerhalb kurzer Zeit anfällig für opportunistische Infektionen, vermutlich aufgrund der späten Diagnose und Darstellung der Fälle“. [Anm. d. Red.: Opportunistische Infektionen „nutzen die Gelegenheit“, wenn das Immunsystem bei Menschen mit HIV schon stark geschädigt ist, weil die HIV-Infektion nicht behandelt wird.]
Und wie Ausbrüche in Amerika und Griechenland gezeigt haben, kann die Zahl von einigen wenigen HIV-Fällen ohne angemessene Tests und Screenings sogar rasch zunehmen.
Das Gesundheitsministerium von Gaza teilte The Intercept mit, dass es zu Beginn des Krieges Patient*innen mit HIV kontaktiert und sie aufgefordert habe, bestimmte Gesundheitseinrichtungen zu besuchen, „und ihre Behandlung konnte für einen Zeitraum von 3 Monaten fortgesetzt werden“.
„Jetzt ist eine Behandlung leider nicht mehr möglich“, fügte das Ministerium hinzu.
Bombenangriffe haben regelmäßig zur Folge, dass Palästinenser*innen ohne entsprechende Ausbildung (von Latexhandschuhen ganz zu schweigen) verzweifelt versuchen, ihre verwundeten Nachbar*innen zu retten; Krankenhäusern fehlt es an Wasser zum Waschen von Händen und Oberflächen; Patient*innen mit klaffenden Wunden werden auf blutverschmierten Böden behandelt.
Da die wenigen Krankenhäuser in Gaza angegriffen und weitgehend zerstört wurden – und dabei mehr als 1.000 Mitarbeitende des Gesundheitswesens getötet und andere inhaftiert wurden – ist dies keine Umgebung, in der ein Virus eingedämmt werden kann.
E. S.„Queerness“ repräsentiert mein Bedürfnis frei und eben fluid zu sein.
E. S. wurde in Gaza geboren und ist dort aufgewachsen. Er ist als Muslim aufgewachsen, praktiziert die Religion aber nicht mehr. Er beschreibt sich selbst auf viele Arten: als jemand, der sehr spirituell ist, mit einer tiefen Verbindung zum Göttlichen. Als Künstler mit einem Fokus auf Mixed-Media-Arbeiten zu Gender-Expression und Gaza. Als jemand, der HIV-positiv ist. Als Palästinenser. Als queer.
„Ich mag den Begriff ‚Queerness‘ – er repräsentiert mein Bedürfnis frei und eben fluid zu sein“, schrieb er.
In seiner Jugend entdeckte E. S. die Sexualität mit seinen Klassenkameraden und Nachbarn. Viele von ihnen seien inzwischen mit Frauen verheiratet, erklärte er. Mit einigen Männern hatte er auch schmerzhafte Erfahrungen ohne sein Einverständnis.
E. S. verbrachte ein Jahr als Austauschschüler an einer High-School in den USA. Danach bewarb er sich dort an einigen Colleges, begann aber, während er auf der Warteliste stand, Anfang 2014 als Stipendiat ein Studium in der Türkei. Damals spürte er erste Symptome, die, so befürchtete er, bedeuten könnten, dass er sich mit HIV infiziert hatte. Im selben Jahr erhielt er ein Stipendium für ein Studium an einem US-amerikanischen College und zog Ende 2016 in den Mittleren Westen, wo bei ihm HIV und Syphilis diagnostiziert wurden und er mit antiretroviralen Medikamenten behandelt wurde. Da er das Gefühl hatte, nicht mehr allein mit seiner Krankheit fertig zu werden, verließ er 2019 die USA und kehrte nach Gaza zurück.
Gaza war die Liebe seines Lebens, vor allem der Strand. „Es ist der einzige Ort, an dem ich mich mit mir selbst im Reinen fühle.“
Aber nach seiner Rückkehr kannte E. S. keine andere queere Person, geschweige denn irgendeine Person mit HIV. Als seine Eltern von seinem HIV-Status erfuhren, sagten sie ihm, dass es seine Schuld sei und sie befürchteten, es würde Schande über die Familie bringen.
E. S. fand es einfacher, dem Thema aus dem Weg zu gehen, und so gingen ihm die Medikamente aus, die er in den USA bekommen hatte. Er wusste nicht, dass er sich an das Gesundheitsministerium hätte wenden können, um mehr davon zu bekommen. Seine körperliche Gesundheit verschlechterte sich. „Es war sehr kompliziert, weil meine Mutter mit ihrer Krebserkrankung zu kämpfen hatte“, sagte er. „Sie rechtfertigt es immer damit, dass so viel passiert ist. Weil bei ihr Brustkrebs diagnostiziert wurde und sie ungefähr zur selben Zeit behandelt wurde.“
Menschen, die sich gerade mit HIV infiziert haben, spüren möglicherweise nichts und können über viele Jahre asymptomatisch erscheinen. Aber E. S. hatte auch Syphilis. Die verspätete Behandlung dieser Erkrankung und seiner HIV-Infektion (die sein Immunsystem schwächte) ermöglichte es der Syphilis, sich zu einer Neurosyphilis zu entwickeln, die sein Nervensystem schädigte, ihm chronische Schmerzen bereitete, seine Gehfähigkeit beeinträchtigte und ihn in schwere Depressionen und Angstzustände versetzte.
Er fühlte sich nicht in der Lage, bei seinen Eltern um Unterstützung zu bitten, weil das Thema seiner Sexualität sowie sein HIV-Status und seine Virusinfektion bereits so tabu waren.
„Sie denken eben, nein, der natürliche Weg, es zu tun, ist mit Schwanz und Möse. Aber wenn du es mit Schwanz und Schwanz machst, wirst du zur Hölle fahren. Und bevor du zur Hölle fährst, wirst du den Ruf unserer Familie zerstören.“ Seine Eltern hatten sich ein paar Jahre zuvor scheiden lassen. „‚Wenn jemand von deinem HIV-Status weiß, wird es eine Apokalypse geben, die die ganze Welt zerstören wird.‘ So ein Gefühl gaben sie mir.“
Jahrelang litt E. S. an Schmerzen, ohne Unterstützung zu bekommen. „Ich klagte über Schmerzen in den Beinen. Mein Vater nahm mich jeden Monat oder so mit an den Strand, um mir Vorträge zu halten und mich daran zu erinnern, mein Leben zu ändern.“ Als sein Vater sah, dass die Infektion seine Gehfähigkeit einschränkte, brachte er ihn zu einem Neurologen – aber E. S. zufolge sagte er seinem Sohn, er solle über seinen Zustand lügen. Der Neurologe konnte E. S. nicht helfen, ohne die Wahrheit zu kennen.
Im Jahr 2022 wandte sich sein Vater schließlich an einen engen Freund, der Arzt war. Diesmal gestand er, dass sein Sohn möglicherweise an einer sexuell übertragbaren Krankheit litt.
„Zum Erstaunen meines Vaters“, sagte E. S., „hatte der befreundete Arzt volles Verständnis für meinen Fall und riet meinem Vater, mich dringend zur Abteilung für Infektionskrankheiten zu bringen, um mich (anonym) registrieren zu lassen und mir antiretrovirale Medikamente und andere notwendige Behandlungen zukommen zu lassen.“ E. S. glaubt, dass der Freund seines Vaters ihm das Leben gerettet hat.
Die Reaktion seiner Eltern auf seine Erkrankung belastete ihre Beziehung. „Ich gebe meinen Eltern irgendwie die Schuld an meiner Behinderung“, so E. S. „Ich sollte ihnen nicht die Schuld geben, denn Gott hat es so gewollt und ich respektiere das. Ich akzeptierte, dass ich es annehmen muss.“
Aber er empfindet immer noch so viel Liebe für sie. „Man würde Unterstützung von seiner Familie erwarten – das wäre das Wichtigste für einen. Oder einen starken Freundeskreis, eine Wahlfamilie. Aber ich hatte niemanden.“
Trotzdem entdeckte er Hinweise auf andere anscheinend queere Menschen. In einer Sprachnachricht beschrieb E. S. wie er auf dem Markt in Gaza-Stadt Lebensmittel einkaufen war. Er begleitete seine Mutter und da war „dieser Mann mit kurzen Haaren, und sein Outfit war komplett aufeinander abgestimmt. Und er hatte eine dieser kleinen Taschen in der Art wie die Taschen, die man über die Schulter hängend trägt, und so trägt das zumindest in Gaza kein Mann. Und der Gang war ein bisschen extravagant.“
Ein paar Wochen später habe er zwei weitere Männer gesehen, die „hetero aussahen bzw. hetero gekleidet waren und Mützen trugen. Arabische Männer in Gaza tragen gern enge Jeans. Aber als ich an diesen beiden Männern vorbeiging, hatten wir Augenkontakt und ich habe es einfach gespürt. Diese Typen schlafen miteinander.“
E. S. sagt, dass es aufregend ist, andere Menschen in Gaza „auszuchecken“, die queer sein könnten. Aber es bringt auch andere Emotionen mit sich. „Ich stelle nur Vermutungen über ihre sexuelle Orientierung an. Ich vermute sie aufgrund dessen, dass sie schnell gehen, oder aufgrund ihrer Kleidung, aber das vorherrschende Gefühl, das ich bekomme, ist Unsicherheit. Was, wenn diese Person mich wahrnimmt? Ich habe sie bemerkt, bedeutet das also, dass sie auch meine Queerness wahrnehmen? Ich spüre also dieses Gefühl der Scham und der Verurteilung oder Missbilligung fast sofort.“
E. S. verleiht sich gerne Ausdruck durch das Bleichen seiner Augenbrauen. „Als ich ein Baby war, hatte ich blondes Haar. Es ist inzwischen ein Ritual. Normalerweise werde ich schüchtern und bitte meine Mutter, mir die Produkte zu kaufen. Es ist seltsam, wenn ich sie selbst kaufe.“
Momentan ist es schwierig für ihn, eine andere Identität in den Vordergrund zu stellen als die, ein überlebender Palästinenser zu sein.
Als die HIV-Infektion von E. S. endlich richtig behandelt wurde, „war es schon sehr spät“. Die Krankheit hatte sich zu diesem Zeitpunkt zu Aids entwickelt, da die Menge seiner T-Zellen – einer Art weißer Blutkörperchen, die zur Abwehr von Infektionen notwendig sind – gefährlich niedrig war. Ein MRT deutete darauf hin, dass eine opportunistische Infektion bereits in sein Gehirn gelangt sein könnte.
Durch die Wiederaufnahme der HIV-Medikation verbesserte sich der Zustand von E. S. schließlich und er schaffte es, aus seiner tiefen Depression herauszukommen. „Ich fing an herauszufinden, wie ich wieder ins Leben zurückkehren kann. Eines der ersten Dinge, die ich tat, war mich bunt anstatt ganz in schwarz zu kleiden. Ich erstellte auch Instagram-Stories, meistens für mich selbst, um sie im Archiv zu speichern. Aber mein Vater mochte das nicht und spürte, dass ich ‚wieder diesen Weg einschlagen würde‘, und nahm an, dass ich online mit jemandem kommunizieren würde.“
Anfang 2023 sagte E. S., dass sein Vater weiterhin einschüchternde „Pep Talks“ mit ihm führen würde. Er drohte, ihn umzubringen, wenn er sich weiter „wie eine Schwuchtel benimmt“. Auch die Kosten seiner Behandlung verursachten Druck – E. S. sagte, dass sein Vater ihn dies nicht vergessen lassen würde. Statt der Rehabilitation Priorität einzuräumen, stürzte sich E. S. an sieben Tagen in der Woche in die Arbeit als Englisch-Nachhilfelehrer. Das erschöpfende Arbeitspensum behinderte seine Genesung. Als bei ihm Neurosyphilis diagnostiziert wurde, sagte sein Arzt, dass die körperlichen Komplikationen nur vorübergehend wären, sofern er eine angemessene Physiotherapie und Reha-Maßnahmen erhalten würde. Aber weil es dafür in Gaza keine Einrichtungen gab, plante er, ein Jahr lang hart zu arbeiten und Geld zu sparen, um für die Behandlung verreisen zu können.
Monate später, an einem seltenen arbeitsfreien Samstag, stimmte E. S. zu, mit seinem Bruder, seinem Vater und seinem kleinen Halbbruder in einem örtlichen Freibad schwimmen zu gehen. Er war aufgeregt – er war schon lange nicht mehr schwimmen gewesen. Am Abend davor sprach er mit seinem Vater darüber, woher sie eine dieser „runden, reifenähnlichen Schwimmhilfen“ bekommen könnten, denn mit seiner Behinderung, meinte er, „hätte er ohne so etwas im Wasser keine Chance“. Sein Vater versicherte ihm, dass sie unterwegs eine kaufen könnten.
Aber als er am nächsten Morgen gegen 6 Uhr morgens Kaffee kochte, begann er zu sehen und zu hören, wie eine „unglaubliche Anzahl von Raketen über den Horizont geschossen wurde. Ich wusste sofort, dass etwas nicht stimmt. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Ich eilte hinein, um meine Mutter und meinen Bruder zu wecken, und rief danach meinen Vater an. Wir brauchten unsere Pläne für den Tag nicht einmal abzusagen – es war klar, dass sie bereits abgesagt waren.“
Es war der 7. Oktober 2023. E. S. schaltete den Fernseher ein und erkannte schnell, dass es einigen Leuten gelungen war, die Belagerung zu durchbrechen und auf israelisches Gebiet vorzudringen. Bevor er die Auswirkungen vollständig überblicken konnte, „fühlte es sich an, als ob man aus dem Gefängnis ausbrechen würde – im wahrsten Sinne des Wortes“, sagte er.
Aber dann wurde er auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Was für Gaza zunächst wie ein Ausbruch aus dem Gefängnis wirkte, verwandelte sich schließlich in eine noch härtere Gefängnisstrafe.
Die monatelange militärische Gewaltanwendung durch Israel vor seinem Haus und die unzureichende Versorgung mit Lebensmitteln verschärften seine Behinderung. Je länger E. S. ohne angemessene Rehabilitation oder Nahrung leben musste, desto mehr verschlechterte sich seine Mobilität.
Und wenn die Syphilis zurückkäme, „glaube ich nicht, dass es noch Ärzt*innen gibt, die helfen können.“ E. S. gehen die HIV-Medikamente aus und er weiß, dass dies sein Todesurteil sein könnte. Er versteht, dass er irgendwann anfangen muss, seine Gesundheit über die Angst zu stellen, geoutet zu werden. In einer Nachricht schrieb er: „Es bleibt schmerzhaft wahr, dass Schweigen den Tod bedeutet“, womit er an einen Satz erinnerte, den die Aktivistengruppe ACT UP in den 1980er Jahren geprägt hatte.
Also fing er an, online mit Menschen Kontakt aufzunehmen, von denen er glaubte, dass sie helfen könnten. Ungefähr zur gleichen Zeit erregte auf Instagram eine kontroverse Geschichte über eine Person Aufmerksamkeit, die unter ganz anderen Umständen ihre HIV-Medikamente absetzte.
Am 1. Dezember 2023 musste Dramatiker*in Victor I. Cazares eilig zum Flughafen aufbrechen, um in den Geburtsstaat Texas zu reisen, als die Großmutter krank wurde. Cazares‘ „künstlerisches Zuhause“ war damals der New York Theatre Workshop, wo they ein zweijähriges Stipendium absolvierte und eine Klasse unterrichtete.
„Ich hatte meine HIV-Tabletten vergessen. Das Taxi war da und ich habe sie vergessen“, erinnerte sich Cazares. Aber als Cazares im Flugzeug saß, spielte sich eine lebhafte Szene im Kopf ab. „Ich habe mir die Palästinenser*innen vorgestellt, die aus ihren Häusern fliehen und feststellen müssen, dass sie ihre Medikamente vergessen oder keinen Zugang mehr dazu haben. Darüber hinaus war auch noch Welt-Aids-Tag.“
Eine Idee nahm Gestalt an: „Ich werde meine Medizin erst nehmen, wenn der New York Theatre Workshop einen Waffenstillstand fordert.“ Das Ensemble ist bekannt für seine Arbeit zum Thema Aids, wie das Musical „Rent“, aber wie viele gemeinnützige Organisationen in der Kunst und anderen Bereichen hatte es über die steigende Zahl der Todesopfer in Gaza geschwiegen.
Victor I. CazaresIch habe mir die Palästinenser*innen vorgestellt, die aus ihren Häusern fliehen und feststellen müssen, dass sie ihre Medikamente vergessen oder keinen Zugang mehr dazu haben.
Cazares’ Pillenstreik, der auf dem eigenen Instagram-Account dokumentiert und Gegenstand einer viel gelesenen Geschichte auf Vulture ist, erinnert an eine Geschichte der Verweigerung von HIV-Medikamenten als Form des Aktivismus. Im Südafrika nach Abschaffung der Apartheid im Jahr 2002 wurde Zackie Achmat, Mitbegründer und Aktivist der Treatment Action Campaign, durch seine Weigerung bekannt, antiretrovirale Medikamente einzunehmen, bis diese für alle Menschen verfügbar wären.
Cazares sagte Vulture, dass they bereit sei, die Einnahme von deren Medikamenten zu verweigern, bis der New York Theatre Workshop einen Waffenstillstand forderte, ein Waffenstillstand erreicht würde oder dey ins Krankenhaus eingeliefert würde.
Dann „begannen die nächtlichen Schweißausbrüche. Ich spürte, wie sich der pH-Wert meiner Haut veränderte. Es dauerte etwa zwei Monate, bis ich auffällig wurde.“
„Ich bekam bestimmte neurologische Symptome. Ich bekam Angst“, erinnerte Cazares sich gegenüber The Intercept. Cazares hatte Momente, in denen they nicht mehr klar denken konnte und sich durch die „fehlerhaften“ Gedanken und „von meinem Geist eingeschlagenen Wege“ beunruhigt fühlte. Als Dramatiker*in machte sich Cazares Sorgen darüber, was passieren würde, wenn sich diese Symptome verschlimmerten und they einen dauerhaften neurologischen Schaden erlitt.
Nachdem Cazares von E. S. und seinen Versuchen erfuhr, an die Medikamente zu kommen, die they freiwillig abgelehnt hatte, begann they zu weinen – und schließlich zu schluchzen.
„Es ist nicht so, dass ich mir eine Person wie E. S. nicht vorstellen konnte“; Cazares hatte nur nicht genau gewusst, wer diese waren. In 14 Jahren Leben mit HIV „hatte ich Nächte, in denen ich wirklich Angst hatte, obwohl ich Zugang zu Medikamenten hatte, und ich kann mir nicht vorstellen, wie das für E. S. sein muss“. Cazares stellte fest, wie die „Propaganda, das Pinkwashing“ und das Stigma mit HIV lebende Menschen „verschwinden lassen“.
Letztendlich war der Grund, warum Cazares den Streik nach 125 Tagen beendete und die Einnahme der Medikamenten wieder aufnahm, dass they nicht mehr daran glaubte, dass der New York Theatre Workshop sich äußern würde. Zu dieser Einsicht gelangte Cazares, als das Ensemble eine Produktion des Theaterstücks „Here There Are Blueberries“ aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs aufnahm, das they als „ein Stück über Menschen, die während eines Genozids untätig bleiben“, beschrieb, – und der New York Theatre Workshop sich noch immer nicht gegen die Gewalt in Gaza aussprach.
Wenn ein*e Patient*in mit HIV die antiretroviralen Medikamente absetzt, „kann sich das Virus sehr schnell im Körper vermehren“, so Dr. Oni Blackstock, HIV-Hausärztin und ehemalige stellvertretende Beauftragte des Bureau of HIV des Gesundheitsamtes der Stadt New York. Die größte Hürde beim Umgang mit einem ansonsten behandelbaren Virus sei, wenn der Zugang zu medizinischer Versorgung durch Rassismus, Obdachlosigkeit oder Krieg gestört werde. Die zweitgrößte Herausforderung ergibt sich, wenn das Stigma der Behandlung die Patient*innen fernhält.
Obwohl es „unterschiedlich lange dauert, bis die Auswirkungen“ des Absetzens antiretroviraler Medikamente spürbar werden, könne dies laut Blackstock „innerhalb einiger Wochen oder Tage“ geschehen und habe viel mit dem „Ausgangszustand“ der Person zu tun.
Angesichts der Tatsache, dass E. S. Neurosyphilis hatte, in der Regel nur eine Mahlzeit pro Tag isst und versucht, einen Genozid zu überleben, ist seine Ausgangslage bereits ziemlich prekär. Schon eine kurze Unterbrechung seiner HIV-Medikation könnte zu einer Verschlechterung seiner neurologischen Symptome und seiner Mobilität führen.
„HIV zerstört CD4+-T-Zellen, die uns vor Infektionen schützen. Ohne Medikamente vermehrt sich das Virus, produziert mehr Kopien von sich und das Immunsystem wird schwächer – und so wird die Person anfällig für verschiedene Arten von Infektionen und Krebs“, warnte Blackstock. „Selbst kleinere Infektionen können bedrohlich werden.“ Die Risiken in Gaza reichen weit über kleinere Infektionen hinaus. Wunden durch Trümmer und Bombenanschläge sind häufig, Hepatitis A und Cholera grassieren, und Kriegsgebiete sind Brutstätten von Antibiotikaresistenzen.
Sogar die einst ausgerottete Polio ist wieder da.
Verglichen mit Menschen, die weltweit mit HIV leben, ist das, was E. S. erlebt, sowohl universell – das Stigma war ein großes Hindernis für seine Gesundheit – als auch ortsspezifisch durch den andauernden Genozid in Gaza und die jahrzehntelange Besetzung Palästinas.
Etwa im November 2023 erhielt der Bruder des Arztes von E. S. Zugang zum Lager des Gesundheitsamtes für Infektionskrankheiten im Norden von Gaza und brachte die Medikamente, die E. S. benötigte, in sein eigenes Zuhause. „Er fürchtete, dass sie vernichtet würden, wenn er sie in der Klinik zurückließ“, sagte E. S. Er erhielt eine für drei Monate ausreichende Menge – genug, um ihm ein bisschen Zeit zu verschaffen.
Monatelang hatte es E. S. vermieden, öffentlich um Hilfe zu bitten, weil er sich seinen schwindenden Vorrat nicht eingestehen wollte, während das israelische Militär seine Nachbar*innen tötete. Es fühlte sich seltsam an, um Hilfe zu bitten, während andere hungerten oder zu Waisen wurden. Er mutmaßte auch, dass es eine gewisse Chance gäbe, dass der Bestand irgendwie aufgefüllt werden könnte.
Im März 2024 begann er jedoch mit der Kontaktaufnahme. (Er wandte sich an Afeef, einen der Mitverfasser dieser Geschichte, aufgrund von dessen Berichterstattung über queere arabische Geschichten auf seiner Instagram-Seite.) E. S. schrieb: „Ich habe noch für ungefähr zwei Monate HIV-Medikamente. Und ich suche auf jeden Fall nach Möglichkeiten, an meine Medikamente zu kommen.“
E. S.Es fühlt sich an wie nie endender Teufelskreis.
Im Juni hatte sich die Situation, in der E. S. lebte, drastisch verschlechtert. Die Grenzen waren seit über einem Monat geschlossen. Er schrieb, dass der nördliche Gazastreifen ausgehungert werde: „Uns fehlt jegliche humanitäre Hilfe.“ Und weiter: „Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann wir zum letzten Mal frisches Obst und Gemüse, Geflügel, Fleisch oder Milchprodukte hatten. Was auch immer an verarbeiteten Dosenlebensmitteln übrig geblieben ist, wird zu viel höheren Preisen verkauft.“ Den Menschen gehe das Geld aus, und es gebe keine Bankdienstleistungen mehr. „Es fühlt sich an wie ein nie endender Teufelskreis“, schrieb er in die Chatbox.
Darüber hinaus sah er, wie israelische Streitkräfte Quadrokopter einsetzten, um Zivilist*innen anzugreifen. „Einmal waren wir auf dem Markt, wo auf eine Gruppe von Menschen geschossen wurde und mindestens drei Menschen getötet wurden. Es ist, gelinde gesagt, grauenerregend.“
Im Juli bat E. S. seinen Bruder, eine Reise zu unternehmen, um mehr Medikamente aus dem Vorrat eines Geschwisters seines Arztes zu holen. Obwohl es ein großes Risiko bedeutete, kehrte er mit einer Menge davon zurück, die E. S. bis Oktober reichen würde. Es war eine Erleichterung, dass noch mehr Tabletten übrig waren, aber er schrieb: „Wenn die hier verbraucht sind, WERDE ICH UNBEDINGT einen anderen Weg finden müssen, um sie zu bekommen, weil es hier oben im Norden meines Wissens keine mehr gibt. Und ich weiß nicht, ob sie noch mehr davon in den Norden schicken können.“
E. S. entschied, dass es am besten wäre, seine Medikamente zu rationieren und Dosen auszulassen. „Das habe ich ein paar Tage lang gemacht. Aber mein Arzt sagte mir, dass ich das unter keinen Umständen tun darf. Es ist besser, von der Versorgung abgeschnitten zu sein, als sie zu rationieren/teilen oder die Dosis durcheinanderzubringen.“
Im Laufe der Monate wurde der Stress für E. S. zu groß. „Ich versuche durchzuhalten, vertraue auf meinen Glauben und tue mein Bestes, um einen Ausweg zu finden, auch wenn es für mich nie einfach war, unter Druck zu arbeiten. Ich habe mich an bestimmte Organisationen gewandt, um Medikamente nach Gaza zu bekommen, aber jede Tür, an die ich klopfe, wird geschlossen. Die einzige Tür, die sich nie schließt, ist die von Gott, und vielleicht kann ich endlich die Hilfe bekommen, die ich brauche, wenn ich meine Geschichte erzähle.“
Am 10. Juli schrieb E. S.: „Es war verrückt hier. Die gewaltsamen Zusammenstöße waren extrem nah. In den letzten Tagen ist alles wahnsinnig geworden. 🙁 “ Der tobende Konflikt machte es unmöglich, sich vorzustellen, wann sein schwindender Tablettenvorrat wieder aufgefüllt werden könnte.
Im August antwortete der ursprüngliche Arzt von E. S. nicht mehr. „Ich hoffe, ihm ist nichts zugestoßen“, schrieb er. Am 15. September schrieb E. S.: „In den letzten zehn Monaten hatte ich Glück. Ich hatte Zugang zu meinen HIV-Medikamenten, weil ich im Norden von Gaza geblieben war. Aber jetzt gehen sie mir aus. Ich habe die letzten Dosen genommen, die es im Norden gab“, und man habe ihm gesagt, „es kommen keine Lieferungen mehr an. Es gibt keine Medikamente mehr für mich.“
Zu diesem Zeitpunkt hatte Dr. Tarek Loubani, ein kanadischer Notarzt palästinensischer Herkunft, der eine medizinische Organisation namens Glia vertritt, die Geschichte von E. S. auf Instagram gesehen und Kontakt mit ihm aufgenommen, um zu helfen. Loubanihat seit 2011 an mehr als 20 medizinischen Einsätzen in Gaza teilgenommen und macht weiter, obwohl er 2018 angeschossen wurde, was er herunterspielt („es war der sauberste Schuss, der möglich war“).
Bei ihrer ersten planmäßigen Mission nach dem Angriff vom 7. Oktober brachte Loubanis Gruppe verschiedene Medikamente mit, um Engpässen vorzubeugen, darunter 100.000 Einheiten Insulin. Aber als es um HIV-Medikamente ging, war das erste Problem, auf das Loubani stieß, dass E. S. „ein sehr, sehr, sehr spezielles Medikament einnimmt, das die meisten Menschen mit HIV nicht anwenden“.
Dennoch tat Glia alles, um die Medikamente zu beschaffen, wurde jedoch in mehreren Ländern ausgebremst. „Ich dachte, wir könnten sie einfach in Jordanien kaufen, aber in Jordanien war der Zugang zu den Medikamenten für alle, die keine Jordanier*innen waren, absolut verboten.“
„Ich habe keine tollen Neuigkeiten“, schrieb Loubani Anfang Oktober an E. S. zusammen mit einem Foto von drei Flaschen der dringend benötigten Lopinavar/Ritonavir-Tabletten, die in Kanada beschafft worden waren. „In Jordanien ist alles bereit für die Einreise, aber am Dienstag wurde dem gesamten Team die Einreise verweigert. Sie wurde auf den 22. Oktober verschoben. 🙁 🙁 Wenn Sie jemanden kennen, der noch hineingelassen wird, gebe ich sie gerne an diese Person weiter.“
Aber als Glia eine Lieferung von Medikamenten für drei Monate an die Grenze zu Gaza transportierte, wurde die Ladung beschlagnahmt. Dann wurde Glia zusammen mit einigen medizinischen Freiwilligen der Organisation die Einreise nach Gaza untersagt. Die Organisation glaubt, dass es eine Vergeltungsmaßnahme für ihren Beitrag zu einem Essay in der New York Times war, der am 9. Oktober unter der Überschrift „65 Doctors, Nurses and Paramedics: What We Saw in Gaza“ [65 Ärzt*innen, Pflegekräfte und Sanitäter*innen: Was wir in Gaza gesehen haben] veröffentlicht wurde.
Auf Anfrage antwortete die israelische Behörde für die Koordinierung der Regierungsaktivitäten in den Territorien COGAT, dass „Israel die Einfuhr von Medikamenten, einschließlich HIV-Medikamente, die ohne Mengenbeschränkungen eingeführt werden können, weder blockiert noch einschränkt“. Die COGAT ging nicht direkt auf eine Frage ein, ob Glia für den Aufsatz in der Times Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt worden sei, sondern bezeichnete lediglich einen Artikel über die Suspendierung als „veraltet“ und sagte: „Die Aktivitäten der Organisation wurden genehmigt.“
Loubani sagte, Israel habe die medizinischen Vorräte „im Grunde wie Waffenlager“ behandelt und warf dem Militär vor, es habe „viele der vorgefundenen Medikamentenlager niedergebrannt“. Loubani sagte, das israelische Militär würde „Scharfschützen vor einigen Depots stationieren“. Ein Apotheker „rannte los und versuchte an die Medikamente zu ekommen, wurde in den Hals geschossen und überlebte wie durch ein Wunder“, sagte Loubani.
Mitte Oktober wurde dann das Haus von E. S. von einer Rakete getroffen. Sein Bruder, seine Mutter und er kamen nur knapp mit dem Leben davon. In seinen Instagram-Stories teilte er ein Bild von einer beschädigten Wand. Sein Bruder habe daneben geschlafen, sagte E. S. Aber seine Katzen, die seine ständigen Gefährten waren, wurden tot unter Trümmern gefunden. In einem von E. S. geteilten Video sagt eine Notfallhelferin „Alhamdulillah, alhamdulillah“, als sie ihn aus seinem zerstörten Haus führt, während er sich an seinem Gehwagen festhält und die Tränen aus dem Gesicht wischt.
E. S. zog mit seiner Familie von seinem beschädigten Haus in das Haus einer befreundeten Person, das sie in einem anderen Teil von Gaza-Stadt mieten. „Ich konnte mich in letzter Zeit nicht ausruhen. Es sind schon 4 Tage vergangen, aber alles, was meine Psyche braucht, ist nach Hause zurückzukehren und sich auszuruhen, aber das kann ich nicht“, erklärte E. S.
Am 26. Oktober konnte E. S. endlich wieder mit seinem ursprünglichen Arzt aus dem Gesundheitsministerium im Süden in Kontakt treten, der gute Nachrichten hatte: Er konnte mehr von seinen Medikamenten besorgen. Eines der Medikamente ist für Kinder vorgesehen. „Also muss ich 2,5 Tabletten anstatt der einen Tablette nehmen, die ich früher genommen habe.“
Am 3. Dezember schrieb Loubani: „Gute Nachrichten: Lopinavir/Ritonavir für 3 Monate ist am Dienstag endlich eingetroffen. Jetzt müssen wir es nach Gaza-Stadt bringen.“ Viele Menschen auf der ganzen Welt haben dazu beigetragen, dies zu erreichen, weil, wie er es ausdrückte: „HIV-Medikamente sind für alle wichtig. Sie nehmen einen besonderen Platz in den Herzen der Menschen ein.“
E. S.HIV-Medikamente sind für alle wichtig. Sie nehmen einen besonderen Platz in den Herzen der Menschen ein.
Aktuell hat E. S. ein paar Monate Zeit, bevor er sich wieder Sorgen machen muss, und er sagt, dass sich seine psychische Gesundheit erheblich verbessert hat, hofft aber immer noch verzweifelt, dass er Gaza verlassen kann, bevor ihm wieder die Medikamente ausgehen.
„Egal wie unermüdlich Israel daran arbeitet, dass für uns, die wir in Palästina leiden, nichts funktioniert, die Magie und die Macht Gottes trotzen diesen Bemühungen“, so E. S. „Sie zeigen sich in diesen kleinen Gnadenakten – der Freundlichkeit von Fremden, die ihre Besorgnis zum Ausdruck gebracht und Hilfe angeboten haben, und der wundersamen Ankunft meiner Medikamente durch einen Plan, den ich niemals vorhersehen konnte. Diese Gnadenakte lassen uns in Gaza standhaft bleiben.“
By Afeef Nessouli und Steven W. Thrasher. Originally published on January 13, 2025. Translated from English and republished with permission from The Intercept, an award-winning nonprofit news organization dedicated to holding the powerful accountable through fearless, adversarial journalism. Sign up for The Intercept’s Newsletter.
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