Die Zahl der gemeldeten Hepatitis-C-Neudiagnosen bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), ist im letzten Jahr erneut stark gestiegen. Zugleich sind die Hepatitis-C-Neudiagnosen in Deutschland insgesamt weiterhin rückläufig. Das geht aus den Meldedaten für das Jahr 2008 hervor, die das Berliner Robert-Koch-Institut (RKI) heute in seinem Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht hat. Zugleich meldet das RKI dringenden Forschungsbedarf an.

Insgesamt 6.195 Hepatitis-C-Infektionen wurden dem RKI im Jahr 2008 gemeldet. Im Jahr 2007 waren es noch 6.868 Fälle. Die Zahlen sinken seit 2004, als bei 9.038 Menschen in Deutschland das Hepatitis-C-Virus HCV festgestellt wurde. Allerdings infizieren sich vermutlich jedes Jahr deutlich mehr Menschen als gemeldet werden. Anders lässt sich schwer erklären, warum in Deutschland bis zu einer halben Million Menschen mit HCV leben. Zudem weist das Meldesystem, das bei Hepatitis zur Anwendung kommt, bekanntermaßen Schwachstellen auf.

Am stärksten betroffen sind Drogengebraucher.

Die gemeldeten Neudiagnosen spiegeln ohnehin nur bedingt das aktuelle Infektionsgeschehen wieder, denn sie beinhalten auch chronische HCV-Infektionen, die 2008 erstmalig festgestellt worden sind. Auch die Aufschlüsselung nach betroffenen Gruppen wie Drogengebraucher und MSM ist mit Vorsicht zu betrachten, da nur für knapp 72 Prozent der gemeldeten Fälle Angaben zum Übertragungsweg vorliegen und die Daten stark vom Testverhalten der Gruppen abhängig sind.

Deutlich wird jedoch: Der größte Teil der HCV-Infektionen entfällt offenbar nach wie vor auf Menschen, die sich Drogen injizieren (36 Prozent der Fälle mit Angaben zum Infektionsweg), ein weiterer großer Teil kommt beim Sex zustande (31 Prozent).

Homosexuell aktive Männer machen 9,7 Prozent der Infektionen aus. 135 Fälle wurden dem RKI gemeldet – im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um rund 69 Prozent! Hinzu kommt, dass in dieser Gruppe die Erstdiagnosen schon seit 2004 gegen den allgemeinen Trend steigen. Der hohe Anstieg ist allerdings vermutlich auch der Tatsache geschuldet, dass sich heute deutlich mehr Männer auf HCV testen lassen als noch vor einigen Jahren.

Weitere Infektionswege waren operativ-diagnostische Eingriffe (23 Prozent) und der Erhalt von Blutprodukten (13 Prozent) – beides überwiegend vor längerer Zeit – sowie Tätowierungen (11 Prozent) und Injektionen unter unzureichenden hygienischen Bedingungen im Ausland (10 Prozent).

Besonders stark von Hepatitis C betroffen sind junge Männer, vor allem in der Altersgruppe zwischen 25 und 29. Bei den Anfang- bis Mitte-Zwanzigjährigen weist die Statistik einen sprunghaften Anstieg im Vergleich zur Altersgruppe der 15- bis 19-Jährigen aus. Frauen sind insgesamt deutlich weniger von Hepatitis C betroffen als Männer, das Alter spielt dabei nur eine geringe Rolle.

„Prävention muss höchste Priorität haben.“

Das Robert-Koch-Institut betont, es bestehe angesichts der Meldedaten „dringender Handlungsbedarf“ im Hinblick auf die epidemiologische Überwachung sowie ergänzende Studien. Nur so könne das Infektionsgeschehen richtig eingeschätzt werden. Höchste Priorität müsse zudem die Prävention „unter Jugendlichen allgemein und speziell unter i.v. Drogenkonsumenten“ genießen.

Auch bei der Hepatitis B sind die Zahlen insgesamt gesunken, von 2.204 im Jahr 2007 auf 1.850. Das RKI führt dies unter anderem auf vermehrte Impfungen zurück. Außerdem habe sich die Qualität der Daten verbessert, chronische Infektionen könnten nun bei der Erfassung besser ausgeschlossen werden als früher. Am häufigsten werde Hepatitis B in Deutschland auf sexuellem Wege übertragen.

Die Zahl der Hepatitis-C-Diagnosen ist in Europa in den letzten Jahren gestiegen, Hepatitis B hingegen zurückgegangen. Weltweit sterben jedes Jahr bis zu einer Million Menschen an Leberzirrhosen oder Leberkrebs infolge einer Infektion mit Hepatitis B oder C.

Um die Bedrohung durch Hepatitis stärker ins öffentliche Bewusstsein zu bringen, findet am 19. Mai der jährliche Welt-Hepatitis-Tag statt.

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Holger Wicht

Holger Wicht, Journalist und Moderator, ist seit 2011 Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe

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